"Antwerpen setzt Blitzer außer Gefecht", titelt Het Laatste Nieuws. "Staatsanwaltschaft Antwerpen setzt alle Verfahren um Bußgeldbescheide aufgrund von Blitzerfotos aus", schreibt Gazet van Antwerpen. "Blitzer im Straßenverkehr: Keiner weiß, wie es weitergeht", heißt es sinngemäß auf Seite eins von De Morgen.
Vor allem flämische Zeitungen befassen sich mit den Urteilen des Kassationshofes. Der hatte festgestellt, dass Bußgelder, die lediglich auf Basis eines Fotos vom Autokennzeichen und ohne Aufnahme der Personalien des Fahrers erstellt wurden, gesetzeswidrig sind. Die Polizei habe nämlich nicht das Recht, nur aufgrund des Nummernschildes persönliche Daten des Fahrzeughalters bei der Zentralen Fahrzeugdatenbank zu ermitteln.
Auch der Staat muss sich an Gesetze halten
In ihren Kommentaren gehen die Zeitungen deshalb mit der Regierung hart ins Gericht. Het Laatste Nieuws meint dazu: In einem Rechtsstaat gelten Ordnung und Gesetz. Vergangene Woche erst hatte das NVA-Chef Bart De Wever betont, um damit das Recht des belgischen Staats zu verteidigen, einer syrischen Flüchtlingsfamilie kein Asylrecht zu gewähren.
Jetzt lernen wir, dass sich dieser belgische Staat selbst nicht an sein eigenes Recht hält. Seit 2010 sind über fünf Millionen Bußgeldbescheide illegal ausgestellt worden. Der Nummernschildskandal beweist zum soundsovielsten Mal, dass unsere Staatsbediensteten nicht die besten Schüler sind. Vielmehr sind sie arrogant und glauben, sich nicht an die Gesetze halten zu müssen, die sie selbst gemacht haben, schreibt Het Laatste Nieuws.
Het Nieuwsblad stellt fest: Es ist bemerkenswert, dass diese Rechtswidrigkeit jahrelang keinem aufgefallen ist. Dabei hätte man als Bürger mehr Achtsamkeit vom Staat erwarten dürfen. Denn immerhin geht es um den Schutz der Privatsphäre, und das Thema ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Die Politik legt sich deshalb sogar mit Wirtschaftsgrößen wie Facebook und Google an. Da kann man doch erwarten, dass sie auch selbst die Privatsphäre ihrer Bürger respektiert, findet Het Nieuwsblad.
Auch De Standaard meint: Das Urteil zeigt, wie nachlässig die Regierung mit dem Schutz der Privatsphäre umgegangen ist. Ziel muss es jetzt sein, die Rechtslücke, die die Richter aufgedeckt haben, schnell zu schließen. Denn Blitzer erfassen Verkehrssünder. Sie sind eine Gefahr für die Sicherheit auf den Straßen. Strafen sollten diese Verkehrssünder nicht entkommen, mahnt De Standaard.
Übernahme als Auszeichnung für Brussels Airlines
Die Wirtschaftszeitung L'Écho widmet ihren Leitartikel der Übernahme von Brussels Airlines durch Lufthansa und führt aus: Diese Übernahme sollten wir nicht bedauern, sondern eher als Auszeichnung sehen. Lufthansa hätte Brussels Airlines nicht vollständig übernommen, wenn die Belgier keine Erfolge gehabt hätten. Dass Brussels Airlines aber ein gut geführtes Unternehmen ist, das auch dazu fähig ist, Krisen zu meistern, hat die Fluggesellschaft in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen, ruft L'Écho in Erinnerung.
Auch La Libre Belgique will sentimentalen Gefühlen keinen Platz zugestehen: Die Zeiten in der Luftfahrt haben sich geändert. Heute bestimmen große Luftfahrtallianzen und Low-Cost-Anbieter das Geschäft. Brussels Airlines wäre, allein auf sich gestellt, langfristig damit überfordert gewesen. Die Übernahme durch Lufthansa bietet dagegen neue Möglichkeiten. Zum Beispiel: Das Geschäft in Afrika zu stärken und die alternde Flotte zu erneuern, schreibt La Libre Belgique.
Le Soir sieht auch nur Positives: Oft sucht man Beispiele dafür, wie sich Europa konkret realisiert. Der Zusammenschluss von Brussels Airlines und Lufthansa ist so ein Beispiel. Damit werden nationale Befindlichkeiten überwunden zugunsten einer größeren Dimension. Und solange dadurch keine Arbeitsplätze gefährdet sind und wir auch sonst keine Nachteile für Brussels Airlines sehen, ist das doch nur zu begrüßen, schlussfolgert Le Soir.
Berlusconi als warnendes Beispiel
L'Avenir befasst sich mit der Regierungsmannschaft, die der designierte US-Präsident Donald Trump um sich versammelt hat und schreibt: Sieben künftige Minister kommen direkt aus der Wirtschaft, sechs andere haben politische Erfahrung, zwei repräsentieren die Zivilgesellschaft. Anscheinend will Trump also die USA tatsächlich vor allem wie ein Wirtschaftsunternehmen führen.
Das ist natürlich problematisch und das Grundsätzlichste dabei ist: In der Wirtschaft ist es das Ziel von Unternehmensbossen, möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Ein Staatschef und seine Regierung müssen das Allgemeinwohl als Maxime sehen. Wohin es führt, wenn ein Wirtschaftsmensch ein Land im Stil wie ein Unternehmen regiert, haben wir in Italien gesehen. Der Medienmogul Silvio Berlusconi hat die Halbinsel in einen erbärmlichen Zustand gestürzt, findet L'Avenir.
Da kann man nur das Licht ausschalten
Zur Situation in Aleppo meint La Dernière Heure: Schon 2013 deutete sich an, dass man vom Westen in Syrien nichts mehr erwarten konnte. Damals ließ US-Präsident Obama Syriens Präsidenten al-Assad ungestraft rote Linien überschreiten, konnten sich EU und UNO nicht darauf einigen, in den Konflikt einzugreifen.
Jetzt bleiben nur noch Symbole: In Paris wurde der Eiffelturm zwei Nächte hintereinander nicht beleuchtet, gestern hat Brüssel auf seiner Grand Place das Licht ausgeschaltet. Leider ist das die Lehre aus dem Drama, das sich gerade in Aleppo abspielt: Es gibt fast nur noch diese Möglichkeit, nämlich: das Licht auszuschalten, bilanziert La Dernière Heure.
Kay Wagner - Illustrationsbild: Jonas Hamers/BELGA