"Aleppo, Ende der Belagerung", titelt La Libre Belgique. "Aleppo nach dem Horror", schreibt Het Nieuwsblad. Und bei Gazet van Antwerpen heißt es: "Aleppo - großer Exodus nach Massaker von 80 Zivilisten".
Das Ende der Schlacht um die syrische Stadt Aleppo ist das Aufmacherthema für die meisten Zeitungen. Auf ihren Titelseiten drucken sie zumeist große Bilder von Zivilisten, die mit Sack und Pack oder einem Kind auf dem Arm durch die zerbombte Stadt laufen. Auch viele Kommentare widmen sich diesem Thema.
De Morgen warnt: Wir dürfen nicht denken, dass jetzt der Bürgerkrieg in Syrien zu Ende ist. Der Fall von Aleppo bedeutet nicht, dass die Millionen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können. Viele haben dort kein Haus mehr. Anderen droht Gefangenschaft, Tod oder Deportation - so hat es Diktator Assad bislang immer gemacht. Unterdessen können Russland und Iran ihre Einflusssphäre ungehindert ausbreiten, Europa schaut tatenlos zu. Der Fall von Aleppo ist nur eine weitere Episode in einer neuen Ära von beunruhigender Unsicherheit, meint De Morgen.
Düstere Zukunft
Ähnlich urteilt Le Soir: Die Zukunft ist düster. Die Sieger werden sich rächen. Die Besiegten werden bezahlen. Donald Trump wird bald neuer Präsident der USA. Er hat sich schon bereit erklärt, mit Wladimir Putin zusammenzuarbeiten, er bewundert ihn. Der Horror für die Syrer ist noch längst nicht zu Ende, glaubt Le Soir.
L'Avenir findet, dass man den Bürgerkrieg in Syrien vor internationalen Gerichten aufarbeiten sollte: Dabei muss auch eine unangenehme Frage gestellt werden, die bereits seit drei Jahren im Raum steht: Warum haben die USA nicht in den Konflikt eingegriffen, als Baschar-al-Assad die Rote Linie überschritten hatte, die von Präsident Obama gezogen worden war?
La Libre Belgique schaut positiver: Die erfreulichste Nachricht von Dienstag ist, dass die Zivilisten endlich aufatmen können. Für die wenigen Tausende, die nach vier Jahren Kampf, Bombenhagel, Belagerung, Angst und Hunger immer noch in den Trümmern der Stadt verblieben waren, ist diese Leidenszeit jetzt vorbei, freut sich La Libre Belgique.
Kein zweites Srebrenica
Auch De Standaard hebt eine positive Seite hervor und schreibt: Gut, dass sich Russland und die Türkei noch kurz vor den Fall von Aleppo auf den Abzug der Rebellen und der Zivilisten einigen konnten. Wahrscheinlich ist Putin zur Einsicht gekommen, dass ein Massaker nach dem Vorbild von Srebrenica seiner Sache nicht dient. Damals 1995 waren in der bosnischen Stadt quasi vor den Augen von Blauhelm-Soldaten mehr als 7.000 Männer und Jungen ermordet worden. Putin hat wohl erkannt, dass ein ähnliches Szenario in Aleppo ihm Schaden könnte - auch oder besonders in den Augen des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Der stellt ja eine Annäherung zu Moskau in Aussicht, Putin will sich diese Perspektive wohl nicht unnötig vermasseln, glaubt De Standaard.
Trump bleibt nebulös
Zu den ersten politischen Entscheidungen des designierten US-Präsidenten Trump schreibt die Wirtschaftszeitung L'Écho: Trump bleibt dabei, nebulös zu sein und unvorhersehbar zu handeln. Die Besetzung seiner Ministerposten ist ein Beispiel dafür. Die Aktion, mit der Präsidentin von Taiwan zu telefonieren und damit China zu brüskieren, ein anderes. Intellektuell kann man diese Entscheidung durchaus nachvollziehen. Taiwan ist wirtschaftlich bedeutend. Das Land als Realität anzuerkennen, ist nicht idiotisch. Aber die Diplomatie hat ihre eigenen Regeln. Und diese Regeln einfach umzustoßen, ist riskant, glaubt L'Écho.
Kuhhandel um neuen Bahnchef
Het Laatste Nieuws kommentiert die bislang vergebliche Suche nach einem neuen Chef für die SNCB und schreibt: Bei ihrer Suche nach einem neuen Bahnchef hat die Regierung Michel eine Frage noch nie gestellt, nämlich: Wer ist der Geeignetste für diesen Job? Vielmehr sind wir Zeuge eines Kuhhandels, bei dem es um Folgendes geht: Wenn der neue Bahnboss ein CD&V-Parteibuch hat, dann hätte jemand von der MR Anspruch auf Posten X, verlangt die N-VA den Posten Y und reserviert OpenVLD die Funktion Z für sich. Das wird dem Posten des Bahnchefs alles andere als gerecht, kritisiert Het Laatste Nieuws.
Steigender Drogenkonsum trotz neuer Armut
La Dernière Heure berichtet, dass jeder Siebte, der in Belgien bei Verkehrsunfällen schwerverletzt wird, unter Einfluss von Alkohol oder Drogen steht. Kommentierend meint dazu das Blatt: Wenn man zynisch sein wollte, könnte man es geradezu bedauern, dass Drogen illegal sind. Ansonsten hätte der Staat eine hervorragende Quelle, um sein Defizit zu verringern. Er könnte Drogen mit hohen Steuern belasten. Denn obwohl man zurzeit von Krise und neue Armut redet, werden aktuell so viel Drogen konsumiert wie nie zuvor. Und so eine Droge kostet deutlich mehr als eine Dose Cara Pils, so La Dernière Heure.
Kay Wagner - Bild: Karam Al-Masri/AFP