"Theo Francken bekommt die volle Landung", titelt Het Belang van Limburg. "Protest in Charleroi", bemerkt L'Avenir. "Staatssekretär mit Schuhen beworfen", heißt es bei Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Rund 100 Demonstranten haben am Montagabend bei einem Vortrag von Asylstaatssekretär Theo Francken in Gosselies bei Charleroi ihrem Unmut Luft gemacht. Sie kritisieren die Migrationspolitik des flämischen Nationalisten - vor allem seine Entscheidung, einer syrischen Familie trotz Gerichtsentscheids weiter kein humanitäres Visum auszustellen.
Het Belang van Limburg meint: Der Konflikt ist inzwischen zu einem Stellungskrieg ausgeartet. Francken bleibt bei seiner harten Verweigerungshaltung, weil er einen Präzedenzfall befürchtet. Tausende Syrer könnten dem Beispiel folgen und ein humanitäres Visum bei belgischen Botschaften und Konsulaten im Nahen Osten beantragen, so die Befürchtung des N-VA-Politikers und der vier Regierungsparteien. Die Anwältin der Familie aus Aleppo bleibt ebenfalls hart und weist den Gegenvorschlag der Föderalregierung ab, Schutz für die Familie im Libanon zu beantragen. Ihr geht es inzwischen in erster Linie um ihren persönlichen Erfolg als Anwältin, kritisiert die Zeitung. Leider bleibt die vierköpfige Familie aus Aleppo bei dem Dauerstreit zwischen der Regierung und den Rechtsbeiständen auf der Strecke.
Stellungskrieg zwischen Staat und Anwälten
Auch Het Laatste Nieuws spricht von einem "dreckigen Krieg" zwischen Anwälten und dem Staat, gibt aber zu bedenken: Der Einzige, der Profit aus dieser Sache schlagen wird, ist Theo Francken. Wenn am Dienstagnachmittag ein Gerichtsvollzieher im Büro des Staatssekretärs vorstellig wird und womöglich Möbel oder Kunstwerke beschlagnahmt, wird Franckens politischer Marktwert steigen. Frei nach dem Motto: Der Staatssekretär bleibt hart und lässt sich nicht erpressen. Und was ist schon ein Zwangsgeld von 4.000 Euro am Tag, für ein Land dessen Staatsschuld täglich um 40 Millionen Euro zunimmt, fragt das Blatt ironisch.
De Morgen hingegen ist überhaupt nicht zum Lachen zumute. In Aleppo tobt ein brutaler Krieg. Der syrische Machthaber Assad versucht mit Hilfe Russlands die Kontrolle über das Gebiet zurück zu gewinnen - koste es, was es wolle. Der moralisch oft so überlegene Westen mit seinen vielen Friedensnobelpreisträgern verschließt die Augen vor der syrischen Katastrophe. Am liebsten würden wir das Tor zu Syrien schließen und den Schlüssel wegwerfen, so das Blatt. Die belgische Visum-Affäre ist nur ein Beispiel für den "zynischen Zirkus" des Westens. Unser Motto: Es ist zwar bald Weihnachten, aber unsere Herbergen sind voll, sucht doch im Libanon nach einer Unterkunft.
Migrationspolitik: N-VA und MR auf einer Wellenlänge
La Libre Belgique kommt auf den gestrigen Besuch von Staatssekretär Francken bei der MR in der Provinz Hennegau zurück. Was verbindet die flämischen Nationalisten und die frankophonen Liberalen, fragt sich die Zeitung. In Sachen Migrationspolitik sind beide Parteien auf derselben Wellenlänge. Sie verbindet aber auch eine strategische Partnerschaft. Premierminister Charles Michel kann Francken zurzeit nicht entlassen, das würde die Regierungskoalition gefährden.
Apropos Föderalregierung: Het Nieuwsblad fragt sich, wie lange dieses Kabinett noch bestehen bleibt. Die vier Mehrheitsparteien lassen keine Gelegenheit aus, sich gegenseitig in die Parade zu fahren. Obwohl es noch mehr als zwei Jahre bis zur nächsten Wahl sind, befinden sich NVA, CD&V, OpenVLD und MR im Dauerwahlkampfmodus, wollen sich ständig profilieren, sind Parteiinteressen stets wichtiger als das Allgemeinwohl und fehlt es an einer starken Führungskraft. Wir stehen vor großen Herausforderungen, trotzdem finden unsere Politiker es wichtiger, sich gegenseitig die Butter vom Brot zu nehmen, bedauert die Zeitung.
Überforderte Eltern, BOB in Gefahr und fehlerhafte Flugtickets
Le Soir macht mit einer Studie des Bunds der Familien auf. Demnach sind knapp ein Fünftel der Eltern in der Wallonie und Brüssel mit ihren Kindern überfordert. Besonders Frauen sehen sich aufgrund der hohen Anforderungen in der Familie und am Arbeitsplatz als Burn-out-gefährdet.
Nach Angaben von Het Nieuwsblad droht die Autobahn-Polizei mit einem Boykott der BOB-Kontrollen. Hintergrund sind fehlende Mittel für Personal und Dienstfahrzeuge. Weil die Verhandlungen mit Innenminister Jan Jambon bislang erfolglos geblieben sind, droht die Polizeigewerkschaft SNPS jetzt damit, die geplanten Alkoholkontrollen während der Feiertage zu bestreiken. Die föderale Autobahnpolizei wollte 50.000 der insgesamt 250.000 Alkoholtests rund um den Jahreswechsel in Belgien durchführen.
Unachtsamkeiten beim Buchen von Flugtickets kosten die Belgier jährlich elf Millionen Euro, berichtet Het Laatste Nieuws. In den meisten Fällen geht es um fehlerhaft ausgefüllte Namensfelder. Statt des Vornamens, der im Personalausweis steht, wird oft nur der Rufname angegeben. Eine Fluggesellschaft darf einem Passagier aber den Zutritt zum Flugzeug verwehren, wenn der Name auf dem Ticket nicht dem auf dem Ausweis entspricht.
Alain Kniebs - Bild: Virginie Lefour/BELGA