"Die N-VA unter Beschuss nach Angriff auf die Justiz", titeln Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad. Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht der N-VA-Asylstaatssekretär Theo Francken. Der weigert sich beharrlich, ein Gerichtsurteil umzusetzen. In zweiter Instanz hatte ein Brüsseler Berufungsgericht den belgischen Staat dazu angehalten, einer syrischen Familie ein Visum zu gewähren. Für jeden Tag, an dem die Regierung dem Urteil nicht Folge leistet, droht ein Zwangsgeld von 4.000 Euro.
Francken sieht hier aber einen möglichen gefährlichen Präzedenzfall und will sich nicht beugen. Seine Partei steht hinter ihm: Die N-VA kritisierte im sozialen Netzwerk Twitter die "weltfremde Justiz". Damit entfesselte sie einen Sturm der Entrüstung: "Wer ist denn hier weltfremd?", gibt De Standaard den allgemeinen Tenor bei der Justiz wieder. Ein Richter tue doch nichts anderes, als geltende Gesetze anzuwenden, die vom Parlament verabschiedet wurden, gibt ein Magistrat zu bedenken. Einige Regierungsparteien schließen sich der Kritik an: "Die N-VA missachtet den Rechtsstaat", heißt es gleichermaßen bei CD&V und OpenVLD. De Morgen bringt die Lage auf den Punkt: "Die N-VA rügt die Justiz, die Koalitionspartner rügen die N-VA".
Theo Francken stellt sich über das Gesetz, kritisiert Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Wenn ein Berufungsgericht ein Urteil fällt, dann ist das eben so. Und wenn ein Staatssekretär sich dem Entscheid nicht beugt, dann gibt er da ein denkbar schlechtes Beispiel. Denn wie will man Neuankömmlingen erklären, dass die Gewaltentrennung ein Grundprinzip unserer Demokratie ist, wenn man sich selber nicht daran hält.
Was hier passiert, ist schlichtweg unfassbar, wettert Het Nieuwsblad. Erst recht, wenn man bedenkt, dass mal eben die größte Partei des Landes hier eine Kampagne gegen die Justiz führt. Das eigentlich Schlimme ist allerdings, dass die N-VA damit auch noch punkten könnte. Das Prinzip des Rechtsstaats ist für viele Mitbürger ziemlich abstrakt, sorgt bei vielen bestimmt nicht für schlaflose Nächte. Entsprechend wird so mancher dem Staatssekretär auch noch zustimmen.
Francken pokert hoch, meint seinerseits De Standaard. Und mit ihm seine Partei. Wie würde man nach einer solchen Kampagne denn dastehen, wenn man am Ende doch vor Gericht verliert? Oder wollen die Nationalisten dann die Botschaft verbreiten, dass Kassationshof und Staatsrat auch "weltfremd" sind? Francken muss aufpassen, dass er bei einem solchen Einsatz nicht am Ende selbst über die Klinge springt.
Kopfwäsche für verbitterten Prinzen
Auch ein anderer steht derzeit einmal mehr unter Druck: "Premierminister Charles Michel will Prinz Laurent erneut zur Ordnung rufen", titelt Le Soir. Der jüngere Bruder des Königs hatte in den Zeitungen der Sudpresse-Gruppe einen regelrechten Wutanfall bekommen. Unter anderem beklagte Laurent, dass er sich zu Tode langweile, dass man ihm keine Freiräume lasse und dass er trotz allem für alles und nichts kritisiert werde. Laurent nahm dabei das Wort "emmerder" in den Mund. Michel nannte die Aussage denn auch "unangemessen". Der Premier will jedenfalls mit Prinz Laurent ein "persönliches Gespräch" führen.
Der Missmut und die Verbitterung des Prinzen sind nachvollziehbar, meint Het Belang van Limburg. Beinahe alles, was Laurent tut oder nicht tut, wird gleich kritisiert. Das allerdings hat er sich häufig auch selbst zuzuschreiben. Und davon abgesehen: Als er eine staatliche Dotation akzeptierte, hat er zugleich die daran geknüpften Bedingungen mitakzeptiert. Und dazu gehört eben, dass er sich weder politisch noch geschäftlich engagiert. Irgendwann wird Laurent sich entscheiden müssen.
Le Soir schlägt in dieselbe Kerbe. Wenn man die Biografie des Prinzen kennt, dann weiß man, dass er allen Grund hat, frustriert zu sein. Das heißt aber immer noch nicht, dass er dafür Narrenfreiheit genießt. Seit 22 Jahren bekommt er vom Staat 25.000 Euro pro Monat. Da kann man doch nicht hingehen und behaupten, man werde schlecht behandelt. Es wird also Zeit, dass Michel Prinz Laurent noch einmal den Kopf wäscht. Wenn der Prinz weiterhin uneinsichtig bleibt, dann muss er sich nicht wundern, wenn er sich eines Tages darüber beschweren muss, dass er kein Geld mehr bekommt.
Keine Investitionen bei der Bahn – Pendler fast zwei Tage im Stau
"Keine neuen Investitionen in die Bahn in den nächsten fünf Jahren", so die Aufmachergeschichte von L'Echo. Hintergrund sind die Sparmaßnahmen der Regierung. Heißt also: Jetzt werden keine neuen Projekte angeschoben.
"Game over", meint L'Echo frustriert in seinem Leitartikel. Seit Jahrzehnten warten wir in diesem Land auf wirklich schlagkräftige öffentliche Verkehrsmittel. Und jetzt das! Infrabel legt seine Investitionen in das Schienennetz auf Eis. Und das in einem Moment, wo die Zugverspätungen einen neuen Höhepunkt erreicht haben. Transportminister François Bellot ist zwar die weitaus bessere Wahl als seine glücklose Vorgängerin Jacqueline Galant, er bleibt aber im Moment auch zu blass.
Dazu passt die Schlagzeile von L'Avenir: "Pendler verlieren jährlich 44 Stunden im Stau", schreibt das Blatt. 44 Stunden - das ist lediglich ein Durchschnittswert. Im schlimmsten Fall können Berufspendler bis zu 100 Stunden pro Jahr im Stau stecken.
Front National gegen Schulunterricht für Migrantenkinder
De Morgen schließlich beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit einem Vorstoß der Präsidentin der französischen Rechtsradikalen, der FN-Vorsitzenden Marine Le Pen. Die spricht Migrantenkindern das Recht auf kostenlosen Schulunterricht ab.
So fängt es an, meint die linksliberale Zeitung in ihrem Leitartikel. Das wird mal eben ein demokratisches Grundprinzip über den Haufen geworfen, das da lautet, dass alle Kinder vor dem Gesetz gleich sind. Dieser Vorstoß erinnert uns schmerzlich daran, dass im kommenden Jahr in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland gleich drei Schicksalswahlen anstehen. Der Front National überschreitet jetzt also schon mal munter rote Linien. Stellt sich die bange Frage, wer der erste Demokrat sein wird, der zu Protokoll gibt, dass Frau Le Pen ja eigentlich gar nicht so Unrecht hat.
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA