"Italien betritt unbekannten Boden", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Gewettet, verloren, aber was jetzt?", so fasst De Standaard die Lage zusammen.
Das politische Italien wirkt derzeit planlos. Matteo Renzi hatte ein Referendum über eine tiefgreifende Verfassungsreform organisiert, hatte dann sein politisches Schicksal davon abhängig gemacht - und nachdem die Bürger die Reform mit großer Mehrheit abgelehnt haben, bleibt ihm jetzt nur der Rücktritt. Staatspräsident Mattarella hat ihn jetzt aber gebeten, noch ein paar Tage zu bleiben, bis der Haushalt unter Dach und Fach ist. Wie es weitergehen soll, das weiß derzeit also niemand.
Populistische Schockwelle bringt EU in Gefahr
Matteo Renzi ist in dieselbe Falle getappt wie David Cameron, meint L'Écho in seinem Leitartikel. Beide haben geglaubt, ihre Macht festigen zu können, indem sie ein Referendum über eine Gretchenfrage organisieren. Und beide bezahlten am Ende mit ihrem Amt. Es gibt aber noch eine weitere Parallele, eine beängstigende allerdings: Das Brexit-Votum und die italienische Volksbefragung haben letztlich nur Populisten und Rechtsradikalen weiter Auftrieb gegeben. Und inzwischen ist die EU dermaßen geschwächt, dass sie riskiert, von dieser populistischen Welle weggespült zu werden.
Die spektakuläre Niederlage von Matteo Renzi und die Aussicht auf einen baldigen Sieg der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung bei den nächsten Wahlen in Italien haben wieder alte Dämonen heraufbeschworen, meint auch Gazet van Antwerpen. Plötzlich geistert wieder das Gespenst einer Euro-Krise herum, steht etwa die Gefahr im Raum, dass die angeschlagenen italienischen Banken die ganze Euro-Zone ins Verderben stürzen könnten. Altpremier Guy Verhofstadt hat nichts umsonst eine deutliche Warnung ausgesprochen: Wir sind noch eine oder zwei Wahlen von der totalen Auflösung der EU entfernt.
Auch für La Libre Belgique ist Matteo Renzi das dritte Opfer der demagogischen Schockwelle, die über die westlichen Demokratien rollt. Jetzt hat sich auch der selbsternannte "Verschrotter" die Zähne ausgebissen; Renzi scheiterte an den eigenen Ansprüchen. David Cameron, Hillary Clinton, und jetzt eben Matteo Renzi: Zum Glück geht dieser unselige Jahr endlich zu Ende.
Die Grenzen des Populismus
Het Nieuwsblad ist nicht ganz so pessimistisch. Der Brexit oder auch die Wahl von Donald Trump gehen durchaus schon jetzt als Warnung durch. Denn beide Episoden zeigen: Je populistischer die Versprechen sind, desto schneller kommen sie wie ein Bumerang wieder zurück. Der Brexit und Donald Trump bringen den Einen oder Anderen wohl zum Nachdenken. Österreich mag dafür ein Indiz sein.
De Standaard warnt seinerseits vor allzu simplen Erklärungsversuchen und Interpretationen. Beispiel Österreich: Wenn ein rechtspopulistischer Kandidat immer noch knapp die Hälfte der Stimmen bekommt, dann kann man auch nach dem Sieg von Alexander Van der Bellen nicht allen Ernstes schlussfolgern, dass die Gefahr gebannt ist. Beispiel Italien: Matteo Renzi hat seinen Untergang in erster Linie sich selbst zuzuschreiben; hier eine Vorwegnahme der Wahlen in den Niederlanden oder in Frankreich zu sehen, wäre auch verwegen. Kurz und knapp: Demokratie ist durchaus komplexer als man denken könnte.
De Morgen geht auf seiner Titelseite der Frage nach, wer denn jetzt am Ende den Populisten seine Stimme gibt. Die Antwort in Form einer Schlagzeile: "Es sind die Machos, die Demagogen wählen". Genauer gesagt: Die Wahlresultate in den USA und in Österreich weisen darauf hin, dass Populisten wie Donald Trump oder Norbert Hofer insbesondere weiße Männer ansprechen; die sind besonders empfänglich für Slogans, die eine nostalgische Rückkehr in die gute alte Zeit versprechen, die ja - zwischen Klammern gesagt - auch die Zeit war, in der sie noch die Hosen anhatten.
De Morgen kann im Übrigen auch nur feststellen, dass das befürchtete Erdbeben an den Finanzmärkten als Folge der innenpolitischen Krise in Italien ausgeblieben ist. Das ist nicht das erste Mal, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Auch der Brexit oder die Wahl von Donald Trump sorgten nur für leichte Erschütterungen an den Börsen. Selbst wenn ein gefährlicher Spinner ins Weiße Haus gewählt wird, scheint das in der Finanzwelt niemanden wirklich zu beunruhigen. Da sieht man mal, wie zynisch die Märkte inzwischen sind, vollkommen abgekoppelt von der realen Welt.
Valls und die Neuerfindung der Linken
Neben Matteo Renzi tritt ja auch der französische Premierminister zurück. Bei Manuel Valls hat das allerdings persönliche Gründe. Valls hat am Montag angekündigt, bei der Präsidentschaftswahl zu kandidieren. "Valls muss sich aber erstmal im eigenen Lager durchsetzen", schreibt La Libre Belgique. Denn in der Tat: Der linke Flügel der Sozialisten steht im Moment so gar nicht hinter Manuel Valls.
Die Linke in ganz Europa steckt in der Sinnkrise, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Bei vielen sozialistischen Parteien wird der Graben zwischen dem linken und dem realpolitischen Flügel immer tiefer. Die Grundfrage lautet: Was heißt das eigentlich heute noch, "links" zu sein? Manuel Valls hat jetzt die Gelegenheit, die Linke neu zu erfinden. Ganz Europa schaut dabei interessiert zu.
Peinliche Haushaltspolitik
Zur Innenpolitik: "Der Rechnungshof glaubt nicht mehr an ein Haushaltsgleichgewicht im Jahr 2018", titelt Het Belang van Limburg. In einem neuen Gutachten geht die Behörde mit der Haushaltspolitik der Regierung Michel hart ins Gericht, wie es auch De Morgen auf seiner Titelseite formuliert. Für den Rechnungshof arbeitet die Regierung mit zu vielen Unbekannten. "Das gilt vor allem für die Soziale Sicherheit", bemerkt Le Soir. Demnach kann der Rechnungshof nicht erkennen, wo die Regierung die angepeilten 1,2 Milliarden Euro einsparen will.
Hier steht ein zentrales Versprechen der Regierung Michel auf dem Spiel, meint Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Ein Haushaltsgleichgewicht im Jahr 2018, das war der wichtigste Punkt im Koalitionsvertrag. So wie es aussieht, kann sich die Koalition das also abschminken. Das ist umso peinlicher für eine Regierung, die eigentlich beweisen wollte, dass ohne die Sozialisten alles besser geht.
"Rote Teufel baden in Millionen"
"Die Verträge der belgischen Spitzenfußballer sind durchgesickert", schreiben Het Laatste Nieuws und Le Soir auf Seite eins. Die Zeitungen veröffentlichen also die Gehälter von Hazard, De Bruyne, Vermaelen und Co. Daneben gibt's auch einen Überblick über die verschiedenen Prämien. Das alles bettet sich ein in die Recherchen in der Football-Leaks-Affäre. "Und die Zahlen sind schwindelerregend", wie Het Nieuwsblad schreibt.
Kevin De Bruyne z.B. bekommt ein Grundgehalt von 7,2 Millionen Euro pro Jahr; sollte er den Ballon d'Or bekommen - und De Bruyne ist ja nominiert -, dann bekäme er mal eben eine Prämie von 240.000 Euro. Das Fazit von Het Belang van Limburg: "Die Roten Teufel baden ein Millionen".
Roger Pint - Bild: Andreas Solaro/AFP