"Au revoir", titelt Le Soir. "C'est fini", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Schluss für den unpopulärsten Präsidenten aller Zeiten", fügt das Blatt hinzu. "Hollande wirft das Handtuch", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Der französische Präsident François Hollande sorgte Freitagabend für einen Paukenschlag: In einer zehnminütigen Fernsehansprache verkündete er, und La Libre Belgique zitiert, "Ich habe beschlossen, nicht mehr zu kandidieren". Es ist das erste Mal seit 1958, dass ein amtierender Präsident nicht zur Wiederwahl steht.
"Hollande entscheidet sich für den ehrenvollen Abschied", so die Schlagzeile von De Standaard. "Lieber Ruhestand als Demütigung", so formuliert es L'Avenir. Denn es ist wohl so: Hollande ist so unpopulär, dass er womöglich nicht einmal die Vorwahlen bei den Sozialisten überstanden hätte.
Die linksliberale flämische Zeitung De Morgen kann seiner Entscheidung denn auch Positives abgewinnen: "Der Schritt von François Hollande gibt dem linken Lager neue Hoffnung", meint das Blatt auf Seite eins. Jetzt jedenfalls haben die Sozialisten in Frankreich die Möglichkeit, einen wirklichen Neuanfang zu wagen.
Großreinemachen in Frankreich
Die Ankündigung von François Hollande, nicht mehr anzutreten, hat die Wirkung eines Tsunamis in der französischen Politiklandschaft, meint L'Avenir in seinem Kommentar. Seine Entscheidung ist aber eigentlich nur konsequent.
Der Sozialist ist an seinen eigenen Ansprüchen, genauer gesagt an seinen Wahlversprechen, gescheitert. Und weil er so unpopulär ist wie keiner seiner Vorgänger in der Fünften Republik, blieb ihm eigentlich nur die Flucht nach vorn.
Mit seinem angekündigten Abgang hat Hollande nichtsdestotrotz die komplette Pariser Presse auf dem falschen Fuß erwischt, meint Le Soir. Trotz aller Misserfolge und Fettnäpfchen: Niemand hat mit dieser Entscheidung gerechnet. Und das ist definitiv kein Ruhmesblatt für die französischen Kollegen.
Fakt ist jedenfalls, dass mit Sarkozy, Juppé und jetzt Hollande innerhalb kürzester Zeit drei Dinosaurier von der Politbühne abgetreten sind. Das ist ein beispielloses Großreinemachen.
Betonstopp
In Flandern indes gibt es für die Leitartikler nur ein Thema, nämlich den sogenannten "Betonstopp", den die flämische Regierung am Donnerstag offiziell besiegelt hat. Quintessenz: Ab 2040 darf kein neues Bauland in Flandern mehr erschlossen werden. Hintergrund: Flandern ist im wahrsten Sinne des Wortes voll.
Mit dem "Betonstopp" sollen nicht nur Grünflächen bewahrt werden, sondern will man auch Überschwemmungen vorbeugen. Die Besitzer von Bauland sollen aber nach Inkrafttreten des "Betonstopps" entschädigt werden. "Flandern wird bis zu 1,5 Milliarden Euro brauchen, um Bauland aufzukaufen", rechnet Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite vor.
Wer aus dem Ausland nach Flandern hinein fährt, der kann den Betonstopp wohl nachvollziehen, meint Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Während man in den Nachbarländern von Stadtkern zu Stadtkern durchs Grüne fährt, geht in Flandern eine Ortschaft in die andere über; man weiß nicht mehr, wo die eine Gemeinde endet und die nächste beginnt. So kann es also nicht weitergehen. Allerdings müssen das die Bürger jetzt auch noch einsehen.
"Es lebe der Betonstopp!", jubelt derweil De Morgen. Die flämische Regierung trifft hier eine ebenso nötige wie mutige Entscheidung. Und ja, es ist auch das absehbare Ende eines Traums – des Traums von einer opulenten Villa auf dem Land, für viele Flamen immer noch ein individuelles Wohlstandsideal. Dieser Traum ist ausgeträumt. Bleibt nur zu hoffen, dass die künftigen flämischen Regierungen standhaft bleiben.
Denn bislang ist der Betonstopp erst einmal nur ein Stück Papier, gibt Het Laatste Nieuws zu bedenken, eine noble Absichtserklärung. Viel wird davon abhängen, inwieweit sich die 308 flämischen Gemeinden in Zukunft mit der Entscheidung abfinden werden, und ob der Bürger tatsächlich umdenken wird. Ein paar steuerliche Anreize werden da wohl nicht reichen.
Man wird es erst glauben, wenn man es sieht, meint auch Het Nieuwsblad. Bislang hat die flämische Regierung hier allenfalls die theoretische Prüfung bestanden; die praktische steht noch aus. Und erst dann ist ein gehöriges Maß von politischem Mut und Durchhaltevermögen gefragt.
Körperschaftssteuer, Ämterhäufung, Vollgas
"Vor 2018 wird es keine Reform der Körperschaftssteuer geben", titelt derweil L'Echo. Die N-VA hatte die Senkung der Unternehmenssteuer schon für nächstes Jahr versprochen. Premier Charles Michel will aber anscheinend nicht überstürzt handeln; und deshalb werde die Reform wohl erst Anfang 2017 verabschiedet; in Kraft tritt sie dann also 2018.
La Libre Belgique bringt heute die Ergebnisse einer Umfrage, bei der die Meinung über die Problematik der Ämterhäufung abgefragt wurde. Resultat: Eine deutliche Mehrheit der Bürger ist der Ansicht, dass Politiker sich allein auf ihr Amt konzentrieren sollten und aufgrund dessen eben keinen Nebenjobs nachgehen dürften.
Inwieweit die Kasachgate-Affäre da eine Rolle gespielt hat, bei der ja die Doppelfunktion Armand De Deckers als Anwalt und Parlamentarier im Mittelpunkt steht, lässt La Libre offen.
Die Affäre hat jedenfalls gezeigt, wie gefährlich einem Politiker seine Nebentätigkeit werden kann, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Interessenkonflikte sind manchmal nur schwerlich zu vermeiden. Hier wird der Staat am Ende wohl Regeln erlassen müssen; sich allein auf die Selbstregulierung der Politik verlassen zu wollen, das wäre wahrscheinlich naiv.
Ganz andere Geschichte auf Seite eins von Het Nieuwsblad: "Pro Tag werden 9.277 Belgier geblitzt", schreibt das Blatt. In den ersten sechs Monaten des Jahres fuhren 1,7 Millionen Verkehrsteilnehmer in eine Radarfalle. Das ist beinahe Rekord.
Das Fazit der Zeitung: Wenn wir nicht gerade im Stau stehen, dann geben wir offensichtlich "Vollgas".
rop - Bild: Michal Cizek (afp)