"Bpost spielt 'alles oder nichts'", titelt De Standaard. "Bpost legt sein allerletztes Angebot vor", notiert auch Le Soir auf Seite eins.
Bpost lässt also nicht locker. Der Staatsbetrieb startet einen dritten Anlauf, um doch noch den niederländischen Konkurrenten PostNL zu übernehmen. Bislang hatten sich die Holländer mit Erfolg gewehrt. Bpost erhöht jetzt aber noch einmal seine Offerte und bietet 5,75 Euro pro Aktie, wie auch L'Echo auf seiner Titelseite hervorhebt.
Damit bekämen die Anteilseigner 25 Prozent mehr als die Aktie gestern bei Börsenschluss wert war. Sollte die Übernahme aber auch diesmal scheitern, wollen die Belgier die Gespräche definitiv beenden.
"In der Ära Michel wurden bereits 100.000 neue Jobs geschaffen", schreibt derweil L'Echo auch auf Seite eins. Das Blatt beruft sich auf jüngste Zahlen der Nationalbank. Auch De Standaard stellt fest: "Der Jobmotor dreht wieder auf vollen Touren".
Über die Deutung dieser Zahlen gibt es aber zum Teil erhebliche Meinungsverschiedenheiten. In De Standaard zeigt sich ein Experte davon überzeugt, dass die positive Entwicklung allein auf die gute Konjunktur zurückzuführen ist. L'Echo hingegen führt auch die Maßnahmen der Regierung zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen als Ursache an.
In einem Punkt sind sich aber alle einig: 100.000 neue Jobs, das ist gut, aber längst nicht gut genug. Die Beschäftigungsrate, also der Anteil der Erwerbstätigen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung im arbeitsfähigen Alter, ist nach wie vor im europäischen Vergleich viel zu niedrig.
Wenig Neues in Sachen Überflug von Brüssel
Viele Leitartikler beschäftigen sich heute mit der Mobilitätspolitik. Unmittelbarer Anlass ist der gestrige Auftritt von Transportminister François Bellot in der Kammer, der dort sein politisches Programm für die kommenden zwölf Monate vorstellte. Bellot blieb aber hinter den Erwartungen zurück, zumal wenn man bedenkt, welch explosive Dossiers in seine Zuständigkeit fallen.
Zur Problematik des Überflugs von Brüssel gab es von dem MR-Politiker lediglich ein paar grobe, allgemeine Bemerkungen. Dazu passt die Schlagzeile auf Seite eins von Le Soir: "Der Überflug von Brüssel ist seit 40 Jahren ein Fiasko", schreibt das Blatt und beruft sich dabei auf eine Studie der Freien Universität Brüssel ULB.
Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Politik in Bezug auf den Überflug der Hauptstadt und, damit verbunden, den Lärmschutz für die Bevölkerung, in den letzten 40 Jahren oft inkohärent und widersprüchlich war. Anders gesagt: Es fehlte jeglicher roter Faden.
Auf diesem Dossier lastet ein Fluch, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Und viele Bewohner der Hauptstadt beziehungsweise des Brüsseler Rands werden wohl noch lange auf eine Lösung des Problems warten müssen. Dass inzwischen mit François Bellot ein neuer Minister die Akte übernommen hat, der die glücklose Jacqueline Galant beerbt hat, ändert in der Praxis nichts.
Auch Bellot will das heiße Eisen offensichtlich nicht anpacken. Es ist zum Verzweifeln!
... wie auch in Sachen SNCB
Doch auch in Bezug auf die nationale Eisenbahngesellschaft SNCB vermissten viele Abgeordnete klare Ansagen vonseiten des neuen Mobilitätsministers. Angefangen bei der Nachfolge des scheidenden SNCB-Geschäftsführers Jo Cornu. In puncto Verspätungen jedenfalls steht die Regierung der SNCB in nichts nach, meint Le Soir.
Seit Monaten sucht man nach einem neuen Bahnchef, das entsprechende Auswahlverfahren ist eigentlich schon seit September geschlossen. Davon abgesehen gibt es aber auch nach wie vor keinen Investitionsplan und keine neuen strategischen Vorgaben. Die Folge ist, dass die SNCB führungslos herumdümpelt.
François Bellot vermittelt den Eindruck, dass er wieder bei Null anfängt, meint L'Avenir. Beispiel: Am Sonntag nahm er persönlich den Zug von Arlon nach Brüssel, um festzustellen, was ohnehin jeder weiß, nämlich, dass der Zug gnadenlos überfüllt ist.
Der Ansatz des Ministers wirkt zwar pragmatischer, es braucht aber viel mehr, um das komplexe Räderwerk der SNCB auf Vordermann zu bringen.
Nichts bewegt sich
Die flämische Presse beleuchtet einen anderen Aspekt der Mobilitätspolitik: Auch in der Stauproblematik bewegt sich buchstäblich nichts, beklagt De Standaard. Dabei hatten die Regierungsparteien doch eine einmalige Gelegenheit: fünf Jahre ohne Wahl. Und dennoch gibt es nach wie vor nicht den Hauch eines Masterplans.
Der flämische Mobilitätsminister Ben Weyts wiederholt allenfalls gebetmühlenartig, dass er ein Verfechter einer allgemeinen Kilometerabgabe auch für PKW ist. Das war's dann aber auch. Und in der Zwischenzeit werfen jetzt schon die Kommunalwahlen von 2018 ihre Schatten voraus.
"All diese verlorene Zeit", bedauert auch De Morgen. Der flämische Mobilitätsminister vertröstet die Bevölkerung allen Ernstes jetzt schon auf die nächste Legislaturperiode, dabei ist doch gerade erst Halbzeit. Und auch bei der Föderalregierung muss man den Eindruck haben, dass in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr viel passieren wird.
Die Mitte-Rechts-Regierungen auf föderaler und regionaler Ebene laufen Gefahr, in die Geschichte einzugehen für all die Dinge, die sie nicht getan haben.
In die Haare gekriegt
Zu allem Überfluss droht ein neuer Koalitionsstreit, wie einige Zeitungen hervorheben. "Die Christdemokraten sind derzeit alles andere als 'Theo-phil'", so bringt es De Standaard augenzwinkernd auf den Punkt.
Konkret: Die CD&V übte gestern im Parlament scharfe Kritik an einigen Vorschlägen des N-VA-Asylstaatssekretärs Theo Francken, der unter anderem wieder Familien mit Kindern in geschlossenen Abschiebezentren internieren will. Zwischenzeitlich bekamen sich die CD&V-Abgeordnete Nahima Lanjri und er buchstäblich in die Haare.
Der Vorfall ist fast schon beispiellos, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Einen so offenen Streit unter Koalitionspartnern hat man selten gesehen. Nicht vergessen: Erst vor einigen Tagen fegte N-VA-Chef Bart De Wever mal eben eine Steuer auf Börsenmehrwerte vom Tisch, ein Steckenpferd der CD&V. Es gibt Leute, die haben für deutlich weniger schon die Scheidung eingereicht.
rop - Bild: Siska Gremmelprez (BELGA)