"Ich habe mir nichts vorzuwerfen", titelt L'Echo und zitiert dabei Armand De Decker. Der MR-Politiker gibt dem Blatt exklusiv sein erstes Interview zur Kasachgate-Affäre. De Decker steht im Verdacht, in seiner Eigenschaft als föderaler Parlamentarier mit dafür gesorgt zu haben, dass ein Gesetz verabschiedet wurde, das außergerichtliche Einigungen möglich macht. Dies angeblich im Auftrag seines Mandanten, des belgo-kasachischen Milliardärs Patokh Chodiew, den De Decker als Anwalt vertritt. "Ich habe in keiner Weise in den gesetzgeberischen Prozess eingegriffen", bekräftigt De Decker jetzt im Gespräch mit L'Echo. Und er sei es leid, im Zusammenhang mit seiner Person die tollsten Ammenmärchen lesen zu müssen, sagt De Decker.
Auch Le Soir beschäftigt sich mit der Geschichte, die mehr und mehr die Züge einer Staatsaffäre annimmt. Die Zeitung stellt fest, dass ein Trio kasachischer Geschäftsleute um Patokh Chodiew in den letzten 20 Jahren immer wieder auf die Unterstützung insbesondere frankophoner Politiker zählen konnte. Neben Armand De Decker hatte sich auch der frühere MR-Bürgermeister von Waterloo, Serge Kubla, für die Gruppe eingesetzt.
La Libre Belgique bringt ihrerseits einen Hintergrundbericht zur Kasachgate-Affäre. Das Blatt geht der Frage nach, "wie der Malteserorden in die Geschichte hineingezogen wurde". Im Raum steht ja der Verdacht, dass belgische Politiker in dieser Affäre eigentlich im Sinne der damaligen französischen Regierung agierten. Und nach dem derzeitigen Informationsstand sollen einige Kontakte zwischen Franzosen und Belgiern über den Malteserorden zustande gekommen sein.
In der Kasachgate-Affäre weiß man nach wie vor nicht, was man glauben soll, meint L'Echo in seinem Leitartikel. Eine Version erinnert an die Handlung eines James Bond-Films: ein Agententhriller, in den Minister, Parlamentarier und Staatschefs vom Elysée-Palast bis in die Rue de la Loi verstrickt sind. Die andere Version handelt lediglich von einem Parlamentarier, der nebenher als Anwalt einen belgo-kasachischen Milliardär vertreten und dabei 700.000 Euro eingesackt hat. Welche dieser Geschichten stimmt, das weiß man nicht. Sicher ist allerdings jetzt schon, dass Armand De Decker gegen ethische Grundregeln verstoßen hat.
Es wird höchste Zeit, dass diese belgo-kasachische Connection untersucht wird, fordert Le Soir. Längst ist klar, dass insbesondere frankophone Politiker und auch Geschäftsleute in ihren Beziehungen mit ihren kasachischen Partnern allgemein gängige ethische Normen unterlaufen haben. Und machen wir uns nichts weis: Es gibt Politiker in diesem Land, die nicht das geringste Interesse daran haben, dass eine schlagkräftige Justiz dieser Angelegenheit mal auf den Grund geht.
Flagrante Brandschutzmängel in AKWs
Beängstigende Schlagzeile auf Seite eins von De Standaard: "Das Risiko einer Kernschmelze durch einen Brand stellt sich statistisch einmal alle zehn Jahre", schreibt das Blatt und zitiert aus einem Gutachten des Stromherstellers Electrabel. Eine interne Untersuchung hatte flagrante Mängel im Zusammenhang mit dem Brandschutz in den Atomanlagen ans Licht gebracht. Die Verantwortlichen von Engie-Electrabel fegten den Bericht aber vom Tisch.
Die föderale Atomaufsichtsbehörde Fank hat ihrerseits dem Betreiber der Atomkraftwerke auch schon mehrmals wegen teilweiser grober Missachtungen der Sicherheitsvorschriften auf die Finger gehauen. Und die Fank sei jetzt "mit ihrer Geduld am Ende", so De Standaard.
Die Samstagsinterviews: Goblet, De Wever, De Block, Francken
"Ich habe nicht mehr die Kraft, meine Schlachten zu schlagen". Das sagt FGTB-Generalsekretär Marc Goblet auf Seite eins von Le Soir. Im Interview mit der Zeitung kündigt er an, dass er zum kommenden 30. Juni aufhört und sein Amt zur Verfügung stellt. Vor einigen Wochen war Goblet schon einmal ausgefallen, und zwar aus gesundheitlichen Gründen. Und wohl auch deshalb hört er jetzt ganz auf.
Het Laatste Nieuws bringt seinerseits am Samstag ein Interview mit N-VA-Chef Bart De Wever, der mal wieder eine Bombe platzen lässt: "Eine Steuer auf Börsenmehrwerte, die wird es nicht geben". Hierbei handelt es sich ja um ein Kernanliegen der flämischen Christdemokraten CD&V. Bei den letzten Haushaltsberatungen hatte der CD&V-Vizepremier Kris Peeters eine Einigung eben davon abhängig gemacht, dass eine solche Steuer auf Börsenmehrwerte auf den Weg gebracht wird. De Wever erteilt dieser Idee nun also eine Absage. Ähnlich äußert sich übrigens auch die OpenVLD-Gesundheitsministerin Maggie De Block in L'Echo: "Eine Abgabe auf Aktiengewinne wäre ungerecht", sagt De Block.
Dass Bart De Wever jetzt ein CD&V-Steckenpferd abschießt, ist kein Zufall, meint Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Hier werfen wohl auch schon die Kommunalwahlen 2018 ihren Schatten voraus. Nicht vergessen: Kris Peeters will in "De Wevers Stadt" Antwerpen als Spitzenkandidat für seine Partei ins Rennen gehen.
Apropos Kommunalwahlen, apropos N-VA: "Wird Theo Francken den Cordon sanitaire durchbrechen", fragt sich De Morgen. Tatsache ist, dass der N-VA-Staatssekretär nicht mehr ausschließen will, dass die N-VA mit dem Vlaams Belang Koalitionen bilden könnte, zumindest auf kommunaler Ebene.
"Sex ohne Einverständnis ist und bleibt Vergewaltigung"
Einige flämische Zeitungen kommen zurück auf die Ergebnisse einer Studie, die am Freitag für Aufsehen gesorgt hatte. Demnach sehen vier von zehn Belgiern Sex ohne Einverständnis als nicht problematisch an. Das ist und bleibt eine Vergewaltigung, macht demgegenüber Gazet van Antwerpen noch einmal eindeutig klar.
De Morgen versucht seinerseits zu nuancieren: Das Strafgesetz könnte sich hier an Tötungsdelikten orientieren. Hier unterscheidet man ja zwischen Mord und Totschlag, entscheidend ist hierbei die Frage der Absicht. Damit würde man jedenfalls Licht in eine Grauzone bringen und es der Justiz ermöglichen, auch Vergewaltigungsdelikte zu ahnden, die bislang de facto straffrei blieben.
Roger Pint - Bild: Thierry Roge/BELGA