"Kasachgate sorgt weiter für Aufregung", titelt De Morgen. "Das Freikaufgesetz pfeift aus dem letzten Loch", heißt es bei De Standaard auf Seite eins.
Beide Zeitungen machen heute mit der so genannten Kasachgate-Affäre um den ehemaligen Senatspräsidenten Armand De Decker auf. Er steht im Verdacht, in seiner Funktion als Anwalt Einfluss auf die belgische Gesetzgebung genommen zu haben. Dadurch war es seinem Mandanten, einem belgisch-kasachischen Geschäftsmann, möglich, sich von den gegen ihn laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft freizukaufen.
Affäre wirft Fragen zur Demokratie auf
Kommentierend meint dazu De Morgen: Allein schon das Gesetz ist ungerecht. Reiche Menschen können sich freikaufen, der normale Bürger kann das nicht. Jetzt soll dieses Gesetz noch auf dubiose Art zustande gekommen sein. Die Fragen, die das alles aufwirft, reichen weit über den Einzelfall hinaus.
Eine Konsequenz müsste sein, dass neue Gesetze nicht auf Verfahren anwendbar sein dürfen, die während der Gesetzgebung laufen. Denn sonst wird die Demokratie zum Spielball von Lobbyisten und Anwälten, die Gesetze fordern, die maßgeschneidert für ihre Anliegen und zum Vorteil ihrer Mandanten sind, glaubt De Morgen.
De Standaard wundert sich: Es ist erstaunlich, wie groß das Schweigen aller Politiker ist, die damals dieses Freikaufgesetz mit verabschiedet hatten. Sie müssten doch eigentlich verärgert sein, zu erkennen, dass sie nur Marionetten waren: Ein Kollege von ihnen hat gutes Geld an ihrer Entscheidung und einem schlechten Gesetz für die Gemeinschaft verdient.
Jetzt könnten sich diese Politiker rächen. Sie könnten Schluss machen mit der fatalen Gewohnheit, wichtige Neuerungen in großen und kaum verständlichen Gesetzespaketen zu verstecken. Das wäre auch gut für die Demokratie. Nur größere Transparenz kann verhindern, dass das Parlament zur Spielwiese für düstere Figuren wird, so De Standaard.
Schlossmord muss vor Geschworenengericht
Het Laatste Nieuws berichtet über Neuigkeiten zum Schlossmord von Wingene: "Die Beweislast gegen den Doktor Gyselbrecht wird immer schwerer", heißt es auf Seite eins. Doktor Gyselbrecht, der Schwiegervater des ermordeten Schlossherrn, soll den Mord in Auftrag gegeben haben. "Und das eventuell sogar zweimal", heißt es jetzt bei Het Laatste Nieuws.
Kommentierend schreibt dazu das Blatt: Trotz der Anschuldigungen gegen ihn hat Doktor Gyselbrecht viele Unterstützer. Sie sagen, der Doktor habe seinen Schwiegersohn umbringen lassen, um dessen Kinder vor weiterem Schaden durch den Vater zu schützen.
Vor einem Geschworenengericht könnte man solchen Dingen nachgehen. Bei einem normalen Strafprozess dagegen wird dafür kaum Platz sein. Doch genau das, nämlich einen Strafprozess, will die Staatsanwaltschaft und sie wird ihn auch wohl bekommen. In einem Strafprozess wird in wenigen Tagen die Sache erledigt werden. Damit werden auch andere Fragen nicht behandelt werden können, nämlich die mögliche Einflussnahme von Doktor Gyselbrecht auf die Justiz. So ein Mini-Prozess wird der ganzen Sache nicht gerecht. Und wird, sollte es so kommen, noch lange für Gesprächsstoff sorgen, bemerkt Het Laatste Nieuws.
Nur das Gesamtpaket wird Früchte tragen
Neue Ideen zur geplanten Schulreform in der Französischen Gemeinschaft liefern die Aufmachergeschichten für La Libre Belgique und Le Soir. So könnten in Zukunft die technischen und beruflichen Gymnasien zusammengelegt werden und die Sommerferien früher enden als bisher. Auch ihre Kommentare widmen beide Zeitungen der Schulreform.
Le Soir schreibt: "Bald soll der so genannte 'Pacte d'excellence' veröffentlicht werden. Doch alle, die auf eine rasche Umsetzung hoffen, werden enttäuscht werden. Es wird Jahre dauern, bis man etwas von den Neuerungen spüren wird. Denn es fehlt an Geld, die gesetzgeberische Arbeit benötigt Zeit und von ersten Reformen selbst wird man frühestens nach zwölf bis 15 Jahren etwas merken. Die Kinder, die von dem Pakt vollkommen profitieren werden, sind mit Sicherheit noch nicht geboren, glaubt Le Soir.
La Libre Belgique warnt: Weil die Umsetzung so lange dauern wird, besteht die Gefahr, dass man den Pakt nicht als ganzes Paket verwirklicht. Je nach politischer Lage oder finanziellen Möglichkeiten wird man sich einzelne Punkte herauspicken, die einem gerade passen. Das gilt es aber zu vermeiden. Denn die Stärke des Pakts liegt gerade darin, dass alle Reformen zusammenhängen, so La Libre Belgique.
Belgien muss jetzt endlich handeln
Die Wirtschaftszeitung L'Écho meint zur geplanten Senkung der Unternehmenssteuer: Es wird dringend Zeit, dass die Politiker aufhören zu streiten und die Sache ernsthaft angehen. Gerade erst hat Großbritannien seinen Steuersatz auf 18 Prozent gesenkt, zuvor hatten schon Italien, Spanien, Portugal, Finnland und Dänemark ihre Steuersätze herabgesetzt. Ergebnis: Der EU-Durchschnitt liegt jetzt bei 21 Prozent. Bei uns in Belgien sind es unverändert 34 Prozent. Es ist Zeit, die Reform anzupacken.
Und das muss mit Methode geschehen: mit einer offen geführten Debatte, gestützt auf Expertenberichte und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit. Nur so wird am Ende eine neue Vision entstehen können, die einen sicheren Rahmen für Investitoren bietet, so L'Écho.
Kay Wagner - Foto: David Stockman/BELGA