Fast alle Tageszeitungen beschäftigen sich heute mit Kris Peeters. Der CD&V-Politiker, Vizepremier und Arbeitsminister zieht von seiner Heimatstadt Puurs nach Antwerpen. Dort will er bei den Kommunalwahlen 2018 als Spitzenkandidat der CD&V gegen Bürgermeister und N-VA-Chef Bart De Wever antreten.
Dazu meint Het Laatste Nieuws: Wer den Mann ein wenig kennt, weiß: Kris Peeters kommt nicht nach Antwerpen, um dort 2018 den Oskar für die beste männliche Nebenrolle zu gewinnen. Peeters will die Hauptrolle spielen, immer und überall. Seine Mission lautet: Bart De Wever als Bürgermeister entthronen. Und falls es möglich ist, sich selbst die Schärpe umhängen, prophezeit Het Laatste Nieuws.
Antwerpen wird wieder zum wichtigsten Schlachtfeld
Gazet van Antwerpen sieht jede Menge Arbeit auf Kris Peeters zukommen. Er muss sich nicht nur an die schwierigsten Wähler Flanderns heranschmeißen, sondern auch seine Partei neuerfinden. Baut er dabei auf seine alte Liebe Unizo, den rechten Flügel oder auf den linken Flügel von Beweging.net? Sucht er die Annäherung an die N-VA mit seinem Erzrivalen Bart De Wever oder sticht er mit Groen und der SP.A in See? Wie dem auch sein, Antwerpen wird wieder einmal zum wichtigsten Schlachtfeld.
Wenn De Wever hier eine Niederlage erleidet, dann ist das wahrscheinlich auch sein Anfang vom Ende auf höherem Niveau, meint Gazet van Antwerpen. Auch Le Soir sieht die Kommunalwahlen 2018 nicht nur vor einem lokalen Hintergrund, sondern auch gleich auf drei Ebenen. Erstens: für die CD&V. Sie beweist damit, dass sie keine Angst mehr hat, Flanderns aktuelle Nummer 1 Bart De Wever offen anzugreifen.
Zweitens: für die Föderalregierung. Ein CD&V-Vizepremier, der den Präsidenten der größten Partei des Landes herausfordert, wirft Fragen auf. Welche Folgen hat das für die Koalition, die bereits jetzt unter den ständigen Streitereien zwischen N-VA und CD&V leidet? Das kann die Spannungen nur noch erhöhen, das Klima belasten und den Teamgeist gefährden.
Drittens: für die Wahlen. Peeters und die CD&V zeigen, wie wichtig die Kommunalwahlen für die wenigen Monate später stattfindenden regionalen und föderalen Wahlen sind. Der Sieger 2018 kann sich 2019 den Wählern als solcher präsentieren. Es zeigt aber auch, wie die föderale Politik davon bestimmt wird, was in einigen Großstädten passiert, so Le Soir.
Ähnlich sieht es auch L'Écho: Die Konfrontation wird die Arbeit der Föderalregierung stören. Die Spannungen zwischen N-VA und CD&V mit Charles Michel als Schiedsrichter werden angestachelt und könnten sogar den Zusammenbruch der Regierung provozieren. Der Premier sollte beide Parteien zur Zurückhaltung ermahnen, um dieses Szenario zu vermeiden. So wichtige Themen wie die Reform der Unternehmens- oder der Kapitalertragssteuer verdienen mehr als wahltaktische Wortgefechte. Die Zeitung fragt sich auch, ob in einer Regierung deren Mantra Jobs, Jobs, Jobs ist, der zuständige Arbeits- und Wirtschaftsminister nicht besser seine Zeit dafür opfert, als in den Wahlkampf zu ziehen.
De Morgen schreibt: Politik ist ein Tanz auf mehreren Hochzeiten. Auf föderaler Ebene ist Peeters immer noch Partner der N-VA. Sollten ihn allerdings die flämischen Nationalisten weiterhin isolieren, dann kann das für die CD&V ein Argument sein, um De Wever in Antwerpen zu stürzen. Die Schwedische Koalition wurde 2012 in Antwerpen geboren. Ob sie dort auch zu Grabe getragen wird oder doch noch mal die zweite Luft bekommt, sehen wir dann nach dem 14. Oktober 2018, meint De Morgen.
Demonstrationen sind türkischem Präsidenten egal
L'Avenir beschäftigt sich mit dem Verhältnis Belgiens und der Türkei. In Brüssel hatten am Donnerstag mehr als 2.000 Kurden, Jesiden und Alewiten gegen Erdogans Verhaftungs- und Säuberungswelle in der Türkei protestiert. Dazu meint die Zeitung: Die Demonstration wird weder Sultan Erdogan beschwichtigen noch die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Belgien und der Türkei wiederherstellen. Dem türkischen Präsidenten wird sie sicherlich egal sein. In diesem Stadium des autokratischen Deliriums zählt nicht mehr der Verfolgungswahn, sondern was man daraus macht, um die Repressionen zu rechtfertigen. Man könnte also geneigt sein zu schreiben, dass für den türkischen Staatschef alles zum Besten läuft, so L'Avenir.
Ära des Postfaktischen
La Libre Belgique blickt noch einmal auf die Sieg Donald Trumps zurück. Wie kann es sein, dass ein Kandidat, der so oft die Unwahrheit gesagt hat, von 60,8 Millionen Amerikaner gewählt wurde? Seit dem Brexit wiederholen viele Beobachter: Wir sind in der Ära des Postfaktischen angekommen. Das Wort wurde vom Oxford Dictionary zum Wort des Jahres gewählt. Fakten zählen nicht mehr, Gerüchte, Lügen und Emotionen bestimmen die öffentliche Meinung. Möglich wurde das durch den Einfluss der sozialen Medien. In den USA ist Facebook bei sechs von zehn Erwachsenen Informationsquelle Nummer eins. Genau wie Twitter setzt das Netzwerk alle Meldungen auf ein Niveau, egal wie wahr sie sind. Bislang konnten sich die Verantwortlichen die Hände in Unschuld waschen, indem sie behaupteten, nicht Schiedsrichter der Wahrheit zu sein. Wenn sie aber behaupten, Akteure der Information und der digitalen Demokratie zu sein, dann müssen sie die gleiche Verantwortung übernehmen wie die traditionellen Medien: Pluralismus fördern, zur Überprüfung von Quellen verpflichten und Verleumdung und Hassrede verbieten.
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