Mehr als 8.000 Armeeangehörige und Sympathisanten hatten am Dienstag in Brüssel gegen die Erhöhung ihres Pensionsalters demonstriert. Die Polizei musste die Demonstrierenden mit Wasserwerfern daran hindern, ins Kabinett von Verteidigungsminister Steven Vandeput vorzudringen. Bislang können die Armeemitarbeiter mit 56 Jahren in den Ruhestand gehen. Bis 2030 soll das Alter auf 63 Jahre erhöht werden.
Dazu meint Het Belang van Limburg: Die Entscheidung der Regierung, das Pensionsalter zu erhöhen, ist eine schwere Hypothek für die Reformpläne von Verteidigungsminister Vandeput. Der will hin zu einer kleineren und jüngeren Armee mit 25.000 Soldaten. Das schafft finanzielle Spielräume für Investitionen ins leistungsfähigeres Material.
Ein belgisches Problem
Wenn Soldaten länger arbeiten müssen, wird es auch länger dauern, die Armee zu verkleinern und zu verjüngen. Das hat auch zur Folge, dass die Personalkosten hoch bleiben, da ältere Soldaten nun einmal mehr kosten. Das heißt, weniger Geld für neue Ausrüstung. Kurzum: Minister Vandeputs Traum von einer multifunktionalen und schnell einsetzbaren Armee ist nicht für morgen. Die Zeitung begreift es nicht. Erst wird ein Reformplan verabschiedet, der kurz darauf mit dem neuen Pensionsplan über Bord geworfen wird. Das scheint das belgische Problem zu sein. Viele kurzfristige ad hoc-Beschlüsse, ohne in Betracht zu ziehen, was die langfristigen Konsequenzen sind, meint Het Belang van Limburg.
Zum selben Thema meint Gazet van Antwerpen: Es gibt bei der Armee sicherlich Aufgaben, die für Männer und Frauen ab 57 zu schwer sind. Aber nicht alle Soldaten kämpfen in Afghanistan oder nehmen an schweren Manövern teil. Ältere Arbeitnehmer sollten Aufgaben übernehmen können, die besser für sie geeignet sind. Das ältere Personal in die Verwaltung oder in körperlich weniger schwere Funktionen zu lotsen, scheint ziemlich schwierig zu sein. Mit diesem Problem kämpft die Armee schon seit vielen Jahren, hat es vor sich hergeschoben und schafft es jetzt nicht, es zu lösen, so Gazet van Antwerpen.
Medien sollen auch vor der eigenen Türe kehren
Andere belgische Tageszeitungen beschäftigen sich mit der Rolle der Medien im US-Wahlkampf. Facebook steht derzeit in der Kritik, offensichtliche Falschmeldungen, die so genannten "Fake news" obskurer Webseiten verbreitet zu haben und damit den Wahlausgang beeinflusst zu haben.
Dazu meint Het Nieuwsblad: Die Frage ist, ob soziale Medien wie Facebook, die zum großen Teil von Nachrichten anderer zehren, nicht die gleiche Verantwortung haben wie klassische Medien, dem Unsinn Einhalt zu gebieten. Einfach ist das nicht. Das Problem ist nicht, dass Facebook nicht sagen kann, was stimmt und was ausgedacht ist, sondern dass das unglaublich viel Arbeit und viel Zeit benötigt.
Die klassischen Medien wissen das, wir müssen uns nur dieses Problems bewusst sein. Als Nachrichtenmedium und als kritischer Leser. Ein Zusammenleben ohne vertrauenswürdige Quellen, in dem niemandem mehr geglaubt wird und alles wahr sein kann, ist keines mehr. Denn dann suchen die Menschen nur noch Bestätigungen für das, was sie sowieso denken, kommentiert Het Nieuwsblad.
Ähnlich sieht das auch De Morgen: Die Verbreitung von falschen, ungeprüften Meldungen über verborgene Webseiten, die via Google oder Facebook geteilt werden, sind ein reelles Problem. Gut, dass die Mediengiganten ihre Verantwortung wahrnehmen und versuchen, die Verbreitung solcher Artikel einzudämmen. Die Meinungsfreiheit gilt zwar auch für Verschwörungstheorien, aber niemand kann verpflichtet werden, deren Verbreitung zu unterstützen.
Die Zeitung bezweifelt, dass Google und Facebook Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten gemacht haben. Die Clinton-Wahlkämpfer sind dabei, die Schuld für die Niederlage bei allen anderen zu suchen, nur nicht bei sich selbst. Für die Zeitung sollten die Medien aber auch vor der eigenen Türe kehren. Die Fake news, die am meisten Aufmerksamkeit erhalten haben, waren die Meinungsumfragen. Sie haben eine falsche Wirklichkeit geschaffen. Auch hier in Belgien sollten die Redaktionen ihre Abhängigkeit von aufgeblasenen pseudo-Nachrichten über Meinungsumfragen überdenken, mahnt De Morgen.
Und auch De Standaard findet: Die Presse in Europa ist gewarnt. In der kommenden Woche ist es 25 Jahre her, dass der Vlaams Blok einen Durchbruch erzielte. Auch dieses Signal der schlecht ausgebildeten nachtragenden und sich bedroht fühlenden Bürger hatte niemand kommen sehen. Aus den endlosen Diskussionen darüber, wie Medien mit rassistischen Politikern umgehen sollen, haben wir behalten, dass Wähler nicht auf das zu reduzieren sind, für welche Partei sie stimmen. Wir müssen genau begreifen, was die Wähler antreibt, warnt De Standaard.
ie sozialen Medien sind zum unkontrollierten Instrument der Massenmanipulation geworden, meint L'Avenir. Die Verteufelung der Demagogen in den Medien hat die Meinungsumfragen verfälscht. Die einen wagten nicht zu sagen, für wen sie stimmen werden. Die anderen haben gleich darauf verzichtet, sich zur Wahlkabine zu begeben, da sie überzeugt waren, dass eh schon alles gelaufen sei oder weil einfach angewidert waren. Der Wahlkampf Trump-Clinton hatte sich von einer Debatte der Ideen entfernt und sich in die Niederungen des Voyeurismus, der Vereinfachung und der brutalen Attacken begeben.
Volker Krings - Foto;: Nicolas Maeterlinck/BELGA