"Schmerzhafte Erinnerungen", titelt Le Soir. "Ein Jahr nach den Anschlägen: Paris leckt seine Wunden, fängt aber wieder an zu hoffen", bemerkt L'Avenir. "Das Drama, das ganz Europa verändert hat", schreibt De Standaard auf Seite eins.
Morgen, am 13. November, jähren sich die mörderischen Anschläge von Paris zum ersten Mal. Die zehn Terroristen haben bei ihren Attacken am Stade de France, in der Innenstadt und im Konzertsaal Bataclan 130 Menschen getötet.
Doch die radikalen Islamisten, die an besagtem Freitagabend zuschlugen, waren nur die Spitze des Eisbergs. Um sie herum war ein viel größeres Netzwerk aktiv, das von Syrien aus gesteuert wurde und Unterschlupf in Belgien fand. Dieses Netzwerk hat nach Paris auch in Brüssel zugeschlagen, fasst De Standaard zusammen.
Terrorbedrohung noch immer da
La Libre Belgique meint: Ein Jahr danach hat sich nicht viel geändert. Die Terrorbedrohung ist weiterhin da, neue Anschläge wahrscheinlich. Umso mehr die Terrorgruppe IS in Syrien und im Irak an Boden verliert, umso größer wird die Gefahr, dass die Extremisten ihren Hass und ihre blinde Gewalt in den Westen exportieren.
Eine weitere Gefahr: fundamentalistische Strömungen innerhalb des Islams wie der Salafismus, der zum Nährboden für radikales Gedankengut werden kann, warnt der Leiter des Antiterror-Stabs OCAM, Paul Van Tigchelt, in Het Laatste Nieuws. Polizei und Justiz geben seit Monaten ihr Bestes, bekommen endlich mehr Mittel. Doch das wird nicht ausreichen, um das Terrorproblem aus der Welt zu schaffen.
Das sieht Le Soir genauso: Es wird nie genug Barrieren, Polizisten und Soldaten geben, um die terroristische Plage ein für alle Mal zu vernichten. Natürlich ist ein hartes und entschiedenes Auftreten der Sicherheitskräfte nötig, aber genau so viel Aufmerksamkeit sollten wir der Prävention schenken. Und da ist jeder von uns gefragt. Ob in der U-Bahn, in der Nachbarschaft, im Internet oder in der Schule: Wir sollten das Gespräch suchen, statt Menschen auszuschließen. Denn nur, wenn jeder eine faire Chance und einen Platz in der Gesellschaft sowie auf dem Arbeitsmarkt bekommt, können wir getrost in die Zukunft blicken.
De Standaard fügt hinzu: Nur wer an einem realen, sozialen Netzwerk teilhat, droht weniger schnell Hasspredigern zum Opfer zu fallen und in die terroristische Szene abzurutschen.
"Molenbeek noch nicht unter Kontrolle"
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen nach den Pariser Anschlägen ist der Name Molenbeek immer wieder gefallen. Unter anderem der Hauptverdächtige Salah Abdeslam war in der Brüsseler Problemgemeinde aufgewachsen. Im Gespräch mit L'Écho erklärt Innenminister Jan Jambon: "Molenbeek ist noch nicht unter Kontrolle". Man könne das, was dort über Jahrzehnte schiefgelaufen ist, nicht innerhalb weniger Monate wieder geradebiegen, so der N-VA-Politiker. Das harte Vorgehen der Behörden habe aber schon erste Früchte getragen. Die Kriminalität sei deutlich zurückgegangen. Das sei wichtig, denn hiesige Terroristen würden ihre "Laufbahn" oft als Kleinkriminelle starten.
Rätselraten geht weiter: Was hat Trump vor?
Die US-Wahl beherrscht weiterhin die Schlagzeilen. Het Belang van Limburg schreibt: Drei Tage nach seiner Wahl zum US-Präsidenten ist noch immer unklar, was Donald Trump vorhat. In den vergangenen Stunden hat er sowohl versöhnliche Töne angeschlagen als auch besorgniserregende. Deswegen fragt sich die Welt weiterhin: Was hat dieser Mann vor?
Mit Blick auf die Anti-Trump-Proteste und die beängstigenden Wünsche seiner Anhänger meint Het Nieuwsblad: Trump hat durch seinen harten Wahlkampf Kräfte entfesselt, die – selbst wollte er sie stoppen – er nicht mehr aufhalten kann. Europa sollte auf alles vorbereitet sein. Die Pläne für mehr Zusammenarbeit bei der Verteidigung und dem möglichen Aufbau einer EU-Armee sind keine Spinnereien, sondern eine Notwendigkeit, sollte Trump sich von Europa abwenden.
De Morgen befürchtet, dass durch die Trump-Wahl ein "Yes we can"-Moment für Europas Populisten entstanden ist. Gazet van Antwerpen hält fest: Hoffentlich wird der Wahlausgang in den USA in allen EU-Hauptstädten wie ein Weckruf verstanden. Das Brexit-Votum der Briten hatte diese Wirkung leider verfehlt.
Dabei müssen auch wir uns fragen, was wir wollen: Abschottung und die Rückkehr zu Nationalstaaten wie Le Pen, Wilders, Orban und die anderen Rechtspopulisten und Extremisten das vorhaben? Oder wollen wir uns endlich für ein Projekt einsetzen, das Europa handlungsfähig macht? Die Zeitung fügt hinzu: Für uns liegt die Entscheidung auf der Hand. Und was denken Sie?
AKn - Foto: François Guillot (afp)