"Übermäßige Gewalt durch Polizei", titelt De Morgen. "Im Antiterror-Kampf ist nicht alles erlaubt", bemerkt La Libre Belgique.
Die amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisiert in ihrem jüngsten Belgien-Bericht das Vorgehen der Behörden und warnt vor Übertreibungen. So sei das Maßnahmen-Paket zur Terrorbekämpfung zu schwammig und lasse Missbrauch zu. Außerdem hat die Vereinigung 26 Fälle von Polizeigewalt bei der Festnahme von Terrorverdächtigen in Belgien unter die Lupe genommen. Es ist die Rede von Beleidigungen und Schlägen durch Beamte. Angesichts der Häufigkeit könne man nicht von Einzelfällen sprechen. Human Rights Watch kritisiert ebenfalls die Isolationshaft für mutmaßliche Terroristen. Die völlige Abschottung sei menschenverachtend, so die Organisation in ihrem Bericht. Innenminister Jan Jambon und Justizminister Koen Geens weisen die Vorwürfe zurück. Hierzulande würden die Menschenrechte sehr wohl beachtet. Die Polizei sei aber nicht unfehlbar. Jedem Missbrauchsverdacht werde nachgegangen.
Balance zwischen Sicherheit und Freiheit
Dazu schreibt La Libre Belgique: Die Terroranschläge von Paris, Brüssel und Nizza haben unsere Gesellschaft grundlegend verändert. Wir brauchen ein neues Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Schutz unserer Freiheiten. Es ist gut, dass Human Rights Watch den Finger in die Wunde legt und die Öffentlichkeit auf Missstände aufmerksam macht. Etwa auf die vermeintlichen Cowboy-Methoden einiger Polizisten oder die Gefahren und Grauzonen neuer Gesetze. Wir sollten nicht in die Falle der Terroristen tappen und eine ganze Gemeinschaft unter Generalverdacht stellen. Ansonsten laufen wir Gefahr, eine neue Generation von Extremisten zu schaffen, warnt die Zeitung.
De Morgen schlägt in dieselbe Kerbe: Schon der amerikanische Patriot-Act sollte uns gelehrt haben, dass man aufgrund einer traumatisierenden Notlage die Grundrechte der Bürger nicht allzu sehr einschränken sollte. Die Terroristen haben unseren Rechtsstaat porös gemacht. Es ist wichtig, genug Sicherheiten in unsere Gesetze einzubauen. Machtmissbrauch ist derzeit kein Thema, aber man weiß ja nie, wer eines Tages an die Macht kommt, gibt De Morgen zu bedenken.
"Gefährliche Wende bei der Rente"
In Le Soir und De Standaard äußern sich die Mitglieder des Akademischen Rats für Rentenfragen besonders kritisch über die Reformpläne des zuständigen Ministers Daniel Bacquelaine. Nicht die schrittweise Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre wird als problematisch angesehen, sondern die Pläne zur Schaffung einer privaten Rentenversicherung. Neben der gesetzlichen Rente sieht Bacquelaine in der zweiten Säule ähnlich wie die Betriebsrente auch die Möglichkeit zur individuellen Altersvorsorge vor. "Das ist die riskanteste Entscheidung dieser Regierung", wettert Rentenexperte Frank Vandenbroucke. Denn der Arbeitnehmer trage ein großes Risiko. Außerdem sei das System ungerecht, weil die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen wird. Le Soir sieht das genauso: Wer ein gutes Gehalt hat und damit ohnehin eine bessere Rente, der bekommt künftig noch mehr. Wer hingegen nicht vorsorgen kann, bleibt auf der Strecke. Ohnehin hält das Blatt die notwendige Reform des Rentensystems wie sie Minister Bacquelaine durchführt für zu buchhalterisch. Der MR-Politiker hat vergessen, die Gesellschaft in diese wichtige Diskussion miteinzubeziehen.
"Arroganter EU-Kommissar"
L'Avenir greift die Entschuldigung des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger nach seiner umstrittenen "Schlitzaugen"-Rede auf. Fast eine Woche nach seinen Beleidigungen gegen Chinesen, Wallonen, Homosexuelle und Frauen, steigt dieser arrogante Kommissar mit losem Mundwerk endlich von seinem hohen Ross herunter. Nicht etwa wegen des wallonischen Protests, wohl aber weil die Wirtschaftsmacht China über Oettingers Überheblichkeit sehr verärgert war und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die geplante Beförderung des deutschen Politikers zum mächtigen EU-Haushaltskommissar noch stoppen könnte.
Auch wegen des Übergangsgeldes, das die Europäische Kommission an 16 ehemalige Mitglieder zahlt, sorgt die Institution für negative Schlagzeilen. Belgiens Ex-Kommissar Karel De Gucht, der seit zwei Jahren anderen Tätigkeiten nachgeht, erhält weiterhin eine jährliche Entschädigung von rund 100.000 Euro. Fürs Image der EU ist das tödlich, urteilen Gazet van Antwerpen und Het Nieuwsblad.
Belgisches Wunderkind und belgische Tore
Het Laatste Nieuws berichtet über ein "belgisches Wunderkind". Laurent Simons ist nur sechs Jahre alt, besucht aber schon die Sekundarschule. Der Junge aus Ostende mit einem IQ von 145 will später Herzchirurg und Astronaut werden. "Wenn das so weitergeht, besucht mein Sohn nächstes Jahr die Uni", erklärt der stolze Vater, 34 Jahre alt und Zahnarzt, in der Zeitung.
Fast alle Zeitungen berichten auch über die Europa League-Begegnung vom Vorabend. Der RSC Anderlecht hat den FSV Mainz mit sage und schreibe 6:1-Toren geschlagen.