"Belgische Ceta-Einigung in Reichweite", titeln Le Soir, Het Laatste Nieuws und L'Avenir. "Unterschrift bald möglich", meint auch De Morgen auf Seite eins. De Standaard bemerkt: "Benoît Lutgen boykottiert Abkommen auf der Zielgeraden".
Nach langen Sitzungen gehen die innerbelgischen Verhandlungen zwischen Föderalregierung und Teilstaaten am Donnerstag möglicherweise in die letzte und entscheidende Phase. Offenbar sollen die bis zuletzt auf der Bremse stehenden Regionen Wallonie, Brüssel und Ostbelgien kurz davor stehen, dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada doch noch zuzustimmen.
Nach Angaben von Le Soir und De Standaard soll die CDH am späten Mittwochabend um eine erneute Verhandlungspause gebeten haben. Parteivorsitzender Benoît Lutgen will das Kapitel Landwirtschaft noch einmal unter die Lupe nehmen. Föderalstaat und Regionen sollen sich auf besondere Anwendungsbestimmungen für Ceta geeinigt haben, darunter ein besserer Schutz hiesiger Bauern, eine Ausstiegsmöglichkeit aus dem Vertrag sowie Forderungen zur Unabhängigkeit der Schiedsgerichte.
Allerdings müssen die 27 anderen EU-Staaten die Ceta-Zusatzerklärung nach einem innerbelgischen Kompromiss noch absegnen. Und: Paul Magnette will das Dokument dem wallonischen Regionalparlament vorlegen. Erst danach kann Belgien grünes Licht geben und seine Unterschrift unter das Ceta-Vertragswerk setzen.
Der "wallonische Winnetou" auf den Spuren von Alexis Tsipras
Het Laatste Nieuws meint: Ganz umsonst war der Kampf des wallonischen Ministerpräsidenten nicht. Wenn es Verbesserungen an Ceta gibt, umso besser. Allerdings glaubt die Zeitung, dass Ceta für Paul Magnette nur Mittel zum Zweck ist. Der wallonische Winnetou, der Che Guevara aus Charleroi, benutzt die Kanadier, inklusive Premierminister Justin Trudeau, in erster Linie, um seine strukturschwache Region, seine schwächelnde Partei und vor allem sich selbst aus der Versenkung zu hieven und in Szene zu setzen.
Seit Alexis Tsipras hat in Europa niemand mehr so ein Theater veranstaltet wie zurzeit Paul Magnette. Für L'Avenir wird die Zukunft zeigen, ob die kleine Wallonie tatsächlich etwas erreichen konnte oder sich gnadenlos überschätzt hat.
Augenwischerei im Dschungel
Unter anderem Le Soir befasst sich mit der Räumung des illegalen Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais. Wegen starker Brände, die afghanische Flüchtlinge aus Protest legten, haben auch die letzten Bewohner den sogenannten "Dschungel" verlassen. Dazu schreibt De Standaard: So lange der Traum von einem besseren Leben in Großbritannien bestehen bleibt, wird Calais nichts von seiner Anziehungskraft für verzweifelte Flüchtlinge verlieren. Werden die Fluchtursachen aus Afrika und dem Nahen Osten nicht gelöst, bleibt die Räumung illegaler Camps nur Augenwischerei.
Die Flüchtlingsproblematik wird für uns weniger sichtbar. Genau wie beim Deal zwischen Europa und der Türkei, der zwar die Anzahl von Toten im östlichen Mittelmeer verringert hat, aber dafür die Migranten zwingt, die längere und gefährlichere Route über Ägypten zu nehmen.
Don Quijote reitet gegen die Schwarzgeld-Schummler
"Fiskus lässt 36 Milliarden Euro-Bombe platzen", titelt De Morgen. Laut der Steuerfahndung sollen die Angaben von Steuerhinterziehern in mindestens 60.000 Fällen nicht vollständig gewesen sein. Im Rahmen der sogenannten fiskalen Regularisierung kann Schwarzgeld gegen die Zahlung einer Strafe nach Belgien zurückgeführt werden. In zahlreichen Fällen haben die Betroffenen nur ihre Zinserträge aus dem im Ausland versteckten Geld nachversteuert, nicht aber das eigentliche Kapital. Dem Leiter der Steuerfahndung zufolge sollen dem Staat dadurch Einnahmen in Höhe von 36 Milliarden Euro entgangen sein.
Karel Anthonissen hat Strafanzeige gegen Tausende Verdächtige erstattet. Die Justiz wird diese Fälle niemals aufrollen können, das weiß Anthonissen auch, schreibt Het Nieuwsblad. Nicht umsonst trägt er den Beinamen Don Quijote, der ja auch gegen Windmühlen kämpfte. Sein Ziel: Nachahmer abschrecken.
De Morgen fügt hinzu: Leider ist es so, aber reuige Steuerhinterzieher haben auch ein Recht auf Rechtssicherheit. Den Hut müssen sich die Verhofstadt-Regierung und alle ihre Nachfolger anziehen, die das Ganze überhaupt erst möglich gemacht haben. Einziges Ziel war die schnelle Beschaffung von Geld zur Stopfung von Haushaltslöchern.
Gazet van Antwerpen findet: Alle Energie jetzt in eine aussichtslose Hexenjagd zu stecken, macht wenig Sinn. Stattdessen sollte die Politik lieber an einem transparenteren und gerechteren Steuersystem arbeiten - inklusive der Einführung einer wie auch immer gearteten Vermögenssteuer. Leider fehlt dazu bislang der politische Wille. Und so ist es weiter der kleine Mann, der zur Kasse gebeten wird, um den Staat am Laufen zu halten.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA