Die Wahlen vom kommenden Sonntag und der heutige Start der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika prägen heute die Schlagzeilen und Kommentare der Inlandspresse.
Frankophone sollten ihre Blockadehaltung aufgeben
Bei den Wahlen wird in Flandern höchstwahrscheinlich die nationalistische N-VA die stärkste Partei. In diesem Fall, so heißt es im Leitartikel des Grenz-Echo, bleibt den Frankophonen nichts anders übrig, als den Wählerwillen zu respektieren. 26% der Flamen, oder wie viele es auch immer sein werden, müssen von Milquet und Co ernst genommen werden. Die Frankophonen sind gut beraten, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Seit 2007 sind sämtliche Versuche, die institutionellen Probleme des Landes zu lösen, am Veto der Frankophonen gescheitert. Die Folge ist eine Radikalisierung des flämischen Wählerverhaltens. Sollten am Sonntag die Sozialisten zur stärksten politischen Kraft des Landes aufsteigen, könnte ihr Präsident Di Rupo neuer Premierminister werden. Nach Ansicht der Zeitung ist er durchaus in der Lage, die politischen Scherben zu kitten.
Die Rupo Premierminister?
La Libre Belgique ist sich da nicht so sicher. Die Zeitung führte ein ausführliches Interview mit einem namhaften Politologen, nach dessen Ansicht es nicht einfach sein wird, die flämische Zustimmung zu einem frankophonen Premierminister zu finden. Weiter fragt sich La Libre Belgique, ob die Frankophonen bereit sein werden, mit der N-VA von Bart De Wever zu verhandeln. Vieles dürfte vom Resultat der PS abhängen. Sollten sich die Prognosen bestätigen, würde sie mit Abstand die stärkste Partei im frankophonen Belgien und ihr Präsident Di Rupo der einzige starke Mann im Süden des Landes.
Auch Gazet Van Antwerpen befasst sich mit den ab Montag anstehenden Gesprächen über eine Regierungsbildung. Dazu heißt es unter anderem: Vor allem anderen gilt es, ein Abkommen über den Wahlbezirk Brüssel-Halle-Vilvoorde und die Staatsreform auszuhandeln. Dies ist der einzige Weg, um anschließend wichtige Entscheidungen in anderen Bereichen zu ermöglichen. Ob es zu einem Abkommen über BHV und die Staatsreform kommen wird, dürfte weitgehend von der N-VA abhängen. Sollte sie unnachgiebig auf ihren Standpunkten scharren, ist das so gut wie unmöglich. Dann wird es höchstwahrscheinlich eine Regierung ohne die flämischen Nationalisten geben, so schlussfolgert Gazet Van Antwerpen.
Appell des reichsten Belgiers zur Einheit des Landes
Le Soir lässt auf seiner Titelseite den reichsten Belgier - Albert Frère, Hauptaktionär bei Total und GDF Suez - zu Wort kommen, der seine Sorge über eine mögliche Spaltung des Landes zum Ausdruck bringt. Das Ende Belgiens würde uns seines Erachtens in eine unmögliche Situation bringen, in eine Sackgasse ohne Aussicht auf einen Ausweg. Deshalb sein Appell an die Politik, endlich Vernunft anzunehmen und sich für den Fortbestand des Landes einzusetzen.
Daran anschließend ist in La Derniere Heure nachzulesen, dass zwei Drittel der Franzosen bei einer Spaltung Belgiens bereit sind, die Wallonie in Frankreich aufzunehmen. Im Übrigen unterstreicht die Zeitung im Hinblick auf das Wahlergebnis, dass fast die Hälfte aller Wähler noch unentschlossen ist, so dass man den Meinungsumfragen keine all zu große Bedeutung beimessen sollte. Am Sonntag könnte es, nach Ansicht der Zeitung, durchaus noch faustdicke Überraschungen geben.
VLD und CD&V zittern vor Wählerurteil
Zu den erwarteten Wahlergebnissen der flämischen Parteien heben Het Laatste Nieuws und De Standaard auf ihrer Titelseite die Hilfe des liberalen Wahlsiegers in den Niederlanden für die flämischen Liberalen hervor. Gestern Abend nahm der liberale Mark Rutte nach seinem Wahlsieg in Holland am Abschlussmeeting der VLD in Gent teil. Kommentar von Het Laatste Nieuws: Diesen Schulterschluss kann die Partei von Alexander De Croo mehr als gut gebrauchen, denn in den jüngsten Umfragen schafft sie es nicht mal auf 14%.
Angst vor dem Wählerurteil herrscht hinter den Kulissen auch bei den flämischen Christlich-Sozialen, so heißt es in Het Nieuwsblad auf Seite 1. Zwar hat man dort den Spitzenkandidaten Leterme gegen Marianne Thyssen ausgetauscht, doch wurstelt die Partei immer noch mit dem Erbe Letermes, das für Sonntag nichts Gutes verheißt. Um das Ruder dennoch rumzuwerfen, hat Marianne Thyssen per SMS sämtliche Kandidaten für heute und morgen auf die Straßen Flanderns beordert.
Der total verrückte Fußball-Monat
Abschließend noch ein Wort zum zweiten Schwerpunkthema der Inlandspresse, zum heutigen Start der Fußball-WM. La Derniere Heure spricht diesbezüglich von einem total verrückten Monat, während La Libre Belgique die unermessliche Freude und Begeisterung im Veranstalter-Land Südafrika hervorhebt. Dahinter steht eigentlich der ganze afrikanische Kontinent, so dass man nur hoffen kann, dass dieses in der ganzen Welt verfolgte Sportereignis dem Frieden und der Brüderlichkeit auf dem schwarzen Kontinent zugutekommt.
Bild: belga