Wähler unentschlossen
L'Avenir veröffentlicht das Ergebnis einer Meinungsumfrage über die Wahlabsichten. Das überraschendste Ergebnis ist, dass jeder zweite Belgier noch nicht weiß, welcher Partei er am Sonntag seine Stimme geben wird. Die Zahl der unentschlossenen Wähler war noch nie so groß.
In der Wallonie könnte die cdH am meisten von den Entscheidungen in letzter Minute profitieren, in Flandern die Sozialisten und die Christdemokraten. Die Umfrage bestätigt die bekannten Tendenzen, vor allem den voraussichtlichen Wahlsieg der flämischen Nationalisten im Norden des Landes.
Het Nieuwsblad schreibt: Wenn auch nur ein Teil der Meinungsumfragen sich bewahrheitet, ist das ein politischer Erdrutsch. Die Launen der Wähler machen den Politikern das Leben schwer. Sie müssen immer damit rechnen, bestraft zu werden. Sie sind heute ganz oben und morgen passé.
Man muss aus De Wever einen zweiten Hugo Schiltz machen
La Libre Belgique meint: Es ist logisch, dass De Wever bei der Bildung der nächsten Regierung und bei den Verhandlungen über die nächste Staatsreform eine wichtige Rolle spielen wird. Man darf nicht übersehen, dass er die Verärgerung der flämischen Bürger über die blockierten Institutionen verkörpert.
Man muss versuchen, aus De Wever einen zweiten Hugo Schiltz zu machen. Dieser historische Volksunie-Führer hat verschiedene Staatsreformen ausgehandelt. Es muss den Föderalisten gelingen, De Wever an Verhandlungen zu beteiligen, die sich im Rahmen des belgischen Staates abspielen. Die Mehrheit darf der Minderheit ihre Meinung nicht aufzwingen, aber die Minderheit darf auch nicht den Willen der Mehrheit blockieren.
Le Soir unterstreicht: Nach den Wahlen könnte man eine gewisse Zahl von Politikern am Verhandlungstisch sehen, die bereit sind, hart zu verhandeln, aber den föderalen Rahmen des Landes zu respektieren. In einem solchen Fall können die Frankophonen einer Reform zustimmen, die die Arbeitsweise der Institutionen gründlich ändert. Eine solche Koalition mutiger und kühner Politiker muss schnell handeln, ehe die Finanzmärkte zuschlagen. Wenn man scheitern sollte, ist die Zeit gekommen, dem Separatismus ohne Angst ins Auge zu sehen.
Wo bleibt die Beschäftigungspolitik?
De Morgen bedauert, dass die Wahlkampagne fast ausschließlich die Staatsreform und Sanierungen betraf. Die Beschäftigungspolitik zog nur wenig Aufmerksamkeit auf sich. Eine aktive Beschäftigungspolitik erfordert Koordination und kann nicht in einem Klima politischer Instabilität geführt werden.
In den letzten drei Jahren konnte man sehen, was geschieht, wenn steriles Palaver über die Staatsreform und Wirtschaftskrise zusammengehen. Das Resultat sind nur 1.900 neue Arbeitsplätze in drei Jahren.
Sparmaßnahmen im Anzug
Gazet Van Antwerpen stellt heraus: Niemand hat den Mut, den Bürgern zu sagen, dass in den kommenden Jahren schmerzhafte Sparmaßnahmen auf sie zukommen. Man redet nur von einem Kampf gegen die Steuerhinterziehung oder davon, dass der Staat den Gürtel enger schnallen muss. Darüber sind sich fast alle einig. Doch in der Vergangenheit hat man damit die Schulden nur auf dem Papier abtragen können.
Het Laatste Nieuws bemerkt: Europa wird es nie wieder zulassen, dass die Etats der Mitgliedsstaaten derart entgleisen. In Belgien werden alle Machtebenen sich an den Sparmaßnahmen beteiligen müssen. Ab Montag stehen der Abbau von 22 Milliarden Defizit, die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, die Staatsreform, die B.H.V-Problematik und die Absprache mit den Sozialpartnern über eine Verlängerung der Arbeitsdauer auf dem Programm.
Die Enttäuschung der N-VA
De Standaard berichtet: Die N-VA fühlt sich als Opfer eines koordinierten liberalen Angriffs, nachdem der Vize-Gouverneur der Nationalbank, Luc Coene, behauptet hat, dass die flämischen Nationalisten die finanzielle Stabilität des Landes bedrohen.
Zudem ist die Parteiführung enttäuscht, dass die ausländischen Medien, die massiv zur Pressekonferenz von Bart De Wever erschienen, nur bitter wenig darüber berichtet haben. Keine einzige große Europäische Zeitung brachte einen Artikel über die N-VA Show.
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