"Gepokert und verloren", titelt De Standaard. "Orbans Anti-EU-Referendum gescheitert", bemerkt Le Soir. "Warum die europäische Flüchtlingsquote trotzdem gestorben ist", analysiert De Morgen auf Seite eins.
Nur 40 Prozent Wahlbeteiligung – damit ist das Flüchtlingsreferendum von Ungarns Regierungschef Viktor Orban ungültig. Gestern Abend sprach er dennoch von einem "großartigen Ergebnis", weil fast alle abgegebenen Stimmen in seinem Sinne ausfielen. Trotzdem meint L'Avenir: Die Ungarn sind in einem demokratischen Aufbäumen dem Boykott-Aufruf der Opposition gefolgt, statt dem Orbanschen Gebrüll Folge zu leisten.
Auch Le Soir findet: Die gescheiterte Volksabstimmung ist umso spektakulärer, wenn man bedenkt, wie kräftig Orban und seine Regierung die Propagandatrommel gegen die EU und gegen die Flüchtlinge gerührt haben. Wir sollten uns aber nicht zu früh freuen, gibt das Blatt zu bedenken. Zwar hat Orban technisch gesehen verloren, er hat es aber geschafft, seine dunklen Ideen vom Ausländerhass und der "EU-Fremdherrschaft" fest in Ungarn zu verankern.
Trotz ungültigem Referendum: Orban hat längst gewonnen
De Standaard schreibt dazu: Das gescheiterte Referendum sollte den Populisten in ganz Europa zu denken geben. Das bei ihnen so beliebte Experiment kann auch mal in die Hose gehen. Trotzdem sollten wir uns nichts vormachen. Viele Europäer stehen eher hinter Orbans Abschottungspolitik als hinter Angela Merkels inzwischen schon abgeschwächtem "Wir schaffen das". In Wahrheit ist es Orban und seiner Visegrad-Clique schon längst gelungen, die europäische Flüchtlingsdebatte in eine andere Richtung zu lenken.
Sie haben damit den europäischen Verteilungsplan, die sogenannte Flüchtlingsquote, mit zu Grabe getragen, wie De Morgen hinzufügt. In Anbetracht der Tatsache, dass nicht weit entfernt Orbans nationalpopulistischer Bruder im Geiste in Polen, Jaroslaw Kaczynski, ein absolutes Abtreibungsverbot einführen will, wird es Le Soir angst und bange. Aufklärungsfeindlichkeit und Rückwärtsgewandtheit: Der gesellschaftliche Fortschritt ist offensichtlich doch nicht so unumkehrbar und gesichert, wie bislang angenommen.
ING-Kahlschlag: Ein weiterer schwarzer Tag für Belgien
"Die Stunde der Wahrheit für ING", titelt La Libre Belgique. La Dernière Heure präzisiert: "Massiver Stellenabbau geplant". Für Gazet van Antwerpen lautet die Frage nur noch: "Wie heftig schlägt das Hackbeil zu?"
Bereits heute früh findet bei ING ein außerordentlicher Betriebsrat statt. Die niederländische Bankengruppe plant einen Konzernumbau – mit heftigen Auswirkungen in Belgien. Gewerkschaftsquellen zufolge sollen rund 3.500 Jobs sowie 600 Filialen hierzulande wegfallen. Für La Libre Belgique steht damit fest: Heute wird ein weiterer schwarzer Tag für unser Land. Die optimistische Botschaft der Föderalregierung in Sachen Arbeitsplätze wird durch diesen erneuten Kahlschlag vollkommen übertönt.
Gazet van Antwerpen hält fest: Das soziale Blutbad im Bankenwesen ist unvermeidlich. Nach der Finanzkrise mussten die Banken aus Sicherheitsgründen höhere Rücklagen bilden. Durch die anhaltenden Niedrigzinsen gehen die Gewinne zudem deutlich zurück. Dazu kommt, dass immer mehr Menschen ihre Bankgeschäfte online abwickeln, wodurch viele Schalter und ein dichtes Zweigstellennetz überflüssig werden. Die Zeitung befürchtet: Heute ist ING an der Reihe, morgen werden es vermutlich BNP Paribas Fortis, Belfius und KBC sein.
Wie Le Soir berichtet, sind im belgischen Bankenwesen in den letzten zehn Jahren 13.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, das ist jeder fünfte Job in der Branche. Einziger, wenn auch schwacher Trost für Gazet van Antwerpen: Diese Entwicklung beschränkt sich nicht auf Belgien. In Deutschland will die Commerzbank fast 10.000 Stellen streichen. Und die Deutsche Bank hat neben all ihren anderen Problemen eine Rekordstrafe von 14 Milliarden Dollar in den USA an der Backe.
Sozialistische Viertagewoche und ein zu hilfsbereiter Radfahrer
"Die PS zwischen Hammer und Sichel", titelt Le Soir. Die sozialistische Partei ist auf der Suche nach sich selbst und nach neuem Elan, berichtet die Zeitung. Zu schaffen machen ihr sowohl die auf föderaler Ebene regierenden Mitte-Rechts-Parteien, als auch die immer stärker werdende linksextreme PTB. Bei ihrem Parteitag in Soignies hat die PS gestern ihre neue Idee der Viertagewoche vorgestellt. Die soll sowohl die Arbeitnehmer entlasten, als auch die Arbeitslosigkeit verringern.
Het Laatste Nieuws schließlich bringt die Geschichte eines zu hilfsbereiten Radfahrers. In der Nacht zum Sonntag hat dieser in Antwerpen Autofahrer mit Handzeichen vor einer Polizeikontrolle gewarnt. Die Beamten fanden die Aktion wohl nicht so lustig und unterzogen den Radler selbst einer Kontrolle. Dabei stellte sich heraus: Der Mann hatte zu tief ins Glas geschaut und muss nun mit einem Bußgeldverfahren rechnen.
Alain Kniebs - Bild: Ferenc Isza/AFP