"Schluss mit dem EU-Bashing", titelt De Standaard. "Staats- und Regierungschefs bereiten Zukunft zu 27 vor", bemerkt Le Soir auf Seite eins. "Bratislava-Fahrplan soll Europa retten", so die Schlagzeile von L'Echo.
Bei ihrem Sondergipfel haben die EU-Staaten am Freitag den "Geist der Zusammenarbeit" beschworen. Beim ersten Treffen ohne Großbritannien haben die 27 verbleibenden Mitglieder der Union rasche Fortschritte bei der Terrorbekämpfung, der Sicherung der Außengrenzen und der Schaffung von Wachstum beschlossen. Damit wollen sie das Vertrauen der Bürger in Europa zurückgewinnen.
De Standaard zitiert Ratspräsident Donald Tusk: "Die Mitgliedsstaaten müssen aufhören, die EU ständig schlecht zu reden. In gewissen Fällen sei das zwar berechtigt, oft aber nicht." Viele Regierungschefs täten das, um von eigenen Versäumnissen abzulenken. Auch die Zeitung fordert mehr Aufrichtigkeit von den Entscheidern in den Hauptstädten.
Le Soir meint: Bratislava war ein erster, sehr kleiner Schritt für einen Neustart der Europäischen Union. Die tiefen Gräben, etwa in der Flüchtlingskrise oder der Sparpolitik, sind noch lange nicht überwunden. Das Blatt hofft aber, genau wie Premierminister Charles Michel, dass allen Staats- und Regierungschefs ein Licht aufgegangen ist und die EU den Krisenmodus bald hinter sich lassen kann.
Stammtischparolen-Niveau
"Luk Van Biesen sagt 'Sorry'", titelt De Morgen und kommt auf den rassistischen Zwischenfall im Parlament zurück. Inzwischen haben sich die Betroffenen wieder versöhnt. Die Zeitung lobt in diesem Zusammenhang die Abgeordnete Meryame Kitir, die Van Biesens Entschuldigung angenommen hat. Das ist eine große Geste der SP.A-Politikerin, die noch einen Tag zuvor in der Kammer auf üble rassistische Weise angegangen worden war. Ein Geste, die Luk Van Biesen außerdem die Haut gerettet haben dürfte, wie Het Belang van Limburg bemerkt. Hätte Kitir weniger besonnen reagiert, hätte das das Ende von Van Biesens politischer Karriere bedeuten können.
"Geh doch zurück nach Marokko" - wenn so ein Satz inzwischen sogar schon im Parlament fällt, wie schlimm muss dann erst der Rassismus im Alltag von ganz gewöhnlichen Menschen mit Migrationshintergrund sein? Für L'Avenir hat Van Biesen von den flämischen Liberalen mit seiner ausfälligen Bemerkung auf Stammtischparolen-Niveau dem ohnehin schon schlechten Ansehen der Politik weiter geschadet.
Gazet van Antwerpen kann nicht verstehen, warum Van Biesen sich nicht bereits am Donnerstag bei Kitir entschuldigt hat, sondern erst noch versucht hatte, sich rauszureden. Het Nieuwsblad fügt hinzu: Glücklicherweise hat OpenVLD-Vorsitzende Gwendolyn Rutten aber die liberalen Ideale hochgehalten und Van Biesen dazu gezwungen, öffentlich Farbe zu bekennen.
Beunruhigte N-VA-Hardliner und ein stolzer Asylstaatssekretär
"Sollte die N-VA die Staatsreformpläne wieder auf Eis legen, dann sind wir weg", erklären die Abgeordneten Veerle Wouters und Hendrik Vuye in Het Laatste Nieuws. Außerdem warnen sie vor einem Aufstand innerhalb der Partei, sollten die flämischen Nationalisten tatsächlich erneut auf ihre gemeinschaftspolitischen Forderungen verzichten. Die flämischen Hardliner in der N-VA drohen, auf die Barrikaden zu gehen, weil Parteichef Bart De Wever durchblicken ließ, dass eine weitere Staatsreform 2019 für ihn kein absolutes Muss sei. Zumindest wenn die jetzige Koalition fortgeführt werden könne und die PS in der Opposition bleibe.
L'Echo bringt ein Interview mit dem für Asyl und Einwanderung zuständigen Staatssekretär Theo Francken von der N-VA. Er fordert anerkannte Flüchtlinge auf, so rasch wie möglich die Landessprachen zu erlernen. Sprache sei der wichtigste Faktor, um sich erfolgreich zu integrieren und einen Job zu finden. Arbeitsplätze für sie gebe es genug, wie ihm zahlreiche Firmenchefs versichert hätten. Man erwarte nur, dass die Flüchtlinge sich aufraffen und etwas dafür tun. Obwohl er ein flämischer Nationalist sei, erhält Francken nach eigener Aussage auch viel Zuspruch aus dem Süden des Landes - und das mache ihn stolz.
VW-Abgasskandal und "Fêtes de Wallonie"
Ein Jahr nach der Aufdeckung des Abgasskandals sind nur sechs Prozent der betroffenen Volkswagen in Belgien umgerüstet worden, wie Het Nieuwsblad berichtet. Lediglich 21.000 der mehr als 300.000 betroffenen Autos sind bislang in die Werkstätten zurückgerufen worden. Den Absatzzahlen von VW in Belgien hat das aber nicht geschadet: Seit Februar verkauft der deutsche Autohersteller hierzulande sogar noch mehr Fahrzeuge als vor dem Skandal.
Etwas überraschend kommt L'Avenir am Samstag daher. Die Titelseite der Zeitung ist komplett in wallonischem Dialekt verfasst. Anlass sind die "Fêtes de Wallonie", die an diesem Wochenende stattfinden.
Alain Kniebs - Bild: Joe Klamar/AFP