"Die Versicherungsgesellschaft P&V baut einen von sechs Arbeitsplätzen ab", schreibt L'Écho auf Seite eins. "300 gestrichene Jobs bei P&V und auch bei der ING-Bank steht eine Umstrukturierung bevor", so die düstere Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Auch bei den Banken werden in absehbarer Zeit viele Arbeitsplätze verschwinden", titelt La Libre Belgique.
Alarm im Finanzsektor – Zeichen der Zeit
Im Finanzsektor mehren sich die Alarmsignale. Die Banken und auch die Versicherungsgesellschaften leiden vor allem unter den derzeitigen Niedrigzinsen. "Die niedrigen Zinsen haben schon jetzt 1.000 Jobs gekostet", stellt denn auch De Standaard fest. Die Zahl betrifft allein die angekündigten Umstrukturierungen bei Axa und P&V. "Und das ist nur der Anfang", orakelt das Blatt. Für La Libre Belgique sind weitere Umstrukturierungen im Finanzsektor "unvermeidbar".
"Das sind Zeichen der Zeit", meint Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Nicht nur die Banken und Versicherungen müssen sich neu aufstellen. Heute sind die Schlagworte: Kundenfreundlichkeit und Digitalisierung. Und auch für diejenigen, die nicht vor die Tür gesetzt werden, sind die Umstrukturierungspläne wohl eine schlechte Neuigkeit. Die verbleibenden Mitarbeiter werden wohl in Zukunft noch flexibler und noch leistungsfähiger werden müssen. Für junge Menschen ist das quasi Normalität. Leute ab 40 sind aber noch in einer anderen Zeit groß geworden; ihnen droht ein veritabler Kulturschock.
Rotstift im Gesundheitswesen
Dazu passt fast schon die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws: "Mehr Kontrollen von Langzeitkranken", schreibt das Blatt auf Seite eins. Am 1. Oktober tritt ein Plan der föderalen Gesundheitsministerin Maggie De Block in Kraft. Der sieht unter anderem vor, dass Langzeitkranke künftig besser begleitet werden sollen, damit sie schneller wieder ins Arbeitsleben zurückfinden. Le Soir versieht dasselbe Thema mit einer bissigen Schlagzeile: "Die Regierung setzt bei der Krankenversicherung den Hobel an", schreibt das Blatt. Sinn und Zweck des Planes von Maggie De Block sei demnach allein, Einsparungen vorzunehmen.
Man muss feststellen, dass die Zahl der Arbeitnehmer und Selbständigen, die für mindestens ein Jahr krankgeschrieben waren, sprunghaft zugenommen hat, hält Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel fest. Ein Plus von sage und schreibe 64 Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre. Ursache ist vor allem die wachsende Zahl der psychischen Probleme: Depression, Burnout, psychosomatische Erkrankungen. Deswegen könnte der Plan der Gesundheitsministerin zu kurz greifen. Es gibt bestimmt Profiteure, die von Arzt zu Arzt wandern, um immer wieder neue Krankschreibungen zu bekommen. Wer Faktoren wie Stress oder Arbeitsdruck außer Acht lässt, der wird das Problem aber langfristig nicht lösen.
Ein Kind ist ein Kind?
Vor allem die frankophonen Zeitungen berichten heute über eine neue Studie, die die finanziellen Auswirkungen der Sechsten Staatsreform untersucht hat. Dies im Auftrag der Partie Défi, der früheren frankophonen Sprachenpartei FDF. Das Fazit von L'Avenir: "Bonus Flandern, Malus Wallonie". Demnach ist es unterm Strich so, dass der frankophone Landesteil auf Dauer finanzielle Einbußen hinnehmen muss. Die Verluste bewegen sich immerhin im dreistelligen Millionenbereich.
Das heißt aber nicht, dass die Sechste Staatsreform dafür von Grund auf schlecht ist, meint L'Avenir in seinem Kommentar. Sich wie Défi darauf zu beschränken, alle flämischen Forderungen mit "Nein" zu beantworten, war keine Option. Die Partei von Olivier Maingain sollte vielmehr zur Kenntnis nehmen, dass die Wallonie und auch Brüssel dabei sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Diese Staatsreform ist auch eine Chance für die Frankophonen.
L'Avenir hebt übrigens auch die jüngste Entscheidung der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in puncto Kindergeld hervor: Die dafür vom Föderalstaat zur Verfügung gestellten Mittel waren niedriger als der bisherige Bedarf angesetzt. Die DG legte daraufhin 1,2 Millionen Euro drauf, um das Gesamtbudget für das Kindergeld auf seinem bisherigen Niveau zu belassen.
"Werden Kinder in diesem Land noch gleich behandelt?", fragt sich in diesem Zusammenhang La Libre Belgique. In Flandern bekommen Eltern ab 2019 160 Euro pro Kind, in der DG werden es 151 Euro sein. Doch wo sind die Zahlen für Brüssel und die Wallonie? Nicht zuletzt, weil sie die Sechste Staatsreform schlecht ausgehandelt haben, stehen die Frankophonen vor schwierigen Entscheidungen. Wohl auch deswegen wurde bislang das künftige Niveau des Kindergelds noch nicht festgelegt. Also nochmal die Frage: Gilt in diesem Land noch das Prinzip: "Ein Kind ist ein Kind"?
Von Sicherheitsplänen
Beängstigende Schlagzeile auf Seite eins von Het Belang van Limburg: "Neue Angst vor Terroranschlag durch einen harten Kern von Syrienkämpfern", schreibt das Blatt. Die Grundfeststellung ist die: Die Terrororganisation IS steht in ihrem Kernland, also in Syrien und im Irak, ziemlich unter Druck. Deswegen befürchten Experten, dass jetzt viele Syrienkämpfer in ihre jeweilige Heimat zurückkehren, um dort zuzuschlagen; und aus Belgien kamen bekanntermaßen doch ziemlich viele junge Männer, die sich in den letzten Jahren IS angeschlossen haben.
"Jetzt hat auch die CD&V ihren Sicherheitsplan", titelt De Morgen. Die N-VA hatte ja den ganzen Sommer über quasi eine Idee nach der anderen lanciert, alle zum Thema Innere Sicherheit; und jetzt ziehen die Christdemokraten also nach. Sie verzichten dabei aber auf Kriegsrhetorik, lehnen unter anderem Notstandsgesetze ab. "Die CD&V will offensichtlich das Gegenmodell zur N-VA darstellen", analysiert auch Het Laatste Nieuws.
Diverse Erbsenzähler werden jetzt natürlich beide Pläne auf die Goldwaage legen und sie "en détail" vergleichen, frotzelt De Morgen in seinem Leitartikel. Es ist fast schon rührend, wie viel Energie die Parteien in die Ausarbeitung ihrer jeweiligen Sicherheitspläne investiert haben. Dabei haben sie aber das größte Problem in unserer Gesellschaft wieder einmal ignoriert: die immer weiter um sich greifende Armut. Die unbequeme Wahrheit ist die folgende: Nicht Religion, auch nicht die Integrationsthematik sind die größte Gefahr für den sozialen Zusammenhalt. Es ist die Tatsache, dass einer von sechs Menschen in diesem Land unter der Armutsgrenze lebt.
RoP - Bild: Jonas Hamers/BELGA