"Politische Abrechnung bei Ethias", titelt Le Soir. "Versicherer hat nicht nur finanzielle Probleme", meint De Morgen. "Viele Fragen nach Rauswurf von Direktor Bernard Thiry", bemerkt L'Avenir.
Wegen des nicht bestandenen europäischen Stresstests sorgt die Versicherungsgesellschaft Ethias für Schlagzeilen. Seit gestern steht eine Übernahme des angeschlagenen Versicherers durch die Belfius-Bank im Raum. Außerdem hat sich das Unternehmen überraschend von seinem Direktor Bernard Thiry getrennt. Wegen der so genannten Wintergarten-Affäre rund um den Lütticher Unternehmer und PS-Politiker Stéphane Moreau hat Thiry Ärger mit der Justiz.
Das ist aber nicht der Grund für den Rauswurf, meint Le Soir. Seit Jahren toben in der Ethias-Chefetage Grabenkämpfe zwischen Anhängern verschiedener Lager der sozialistischen Partei. Ex-Direktor Thiry soll PS-Präsident Elio Di Rupo nahe stehen, während die restlichen Führungskräfte Weggefährten des wallonischen Wirtschaftsministers Jean-Claude Marcourt sein sollen.
Politische Spielchen in der Ethias-Chefetage?
Die Zeitung schreibt weiter: Nicht nur finanzielle Sorgen wegen der derzeitigen Niedrigzinsen plagen das Unternehmen also, die Chefetage ist politisch besetzt und der Betrieb wird schlecht geführt. Das Blatt wirft dem Versicherer eine zu große und undurchsichtige Nähe zum Lütticher Konzern Nethys vor. Wie hat der Aufsichtsrat diesem offensichtlichen Interessenkonflikt so lange zusehen können?
De Morgen warnt unterdessen vor einer Übernahme von Ethias durch die Staatsbank Belfius: Wenn das schief läuft und das Unternehmen weiter ins Wanken gerät, dürfen am Ende wieder wir, also die Steuerzahler, dafür geradestehen. Wegen der politischen Verstrickungen in der Chefetage hielte es die Zeitung ohnehin für die bessere Lösung, wenn ausländische Investoren dem angeschlagenen Versicherer unter die Arme greifen. Es würde endlich zur längst überfälligen Sanierung und Professionalisierung der Unternehmensführung kommen, hofft De Morgen.
Auch L'Écho bedauert, dass wirtschaftliche Argumente bei Ethias schon lange keine Rolle mehr spielen, stattdessen stehen politische Machtspielchen im Vordergrund.
Unüberwindbarer Konflikt in Hasselt
"Das Reich von Hilde Claes ist am Ende", titelt Het Belang van Limburg. Im Rathaus von Hasselt brodelt es seit Tagen gewaltig. Hintergrund sind heftige Spannungen zwischen Bürgermeisterin Hilde Claes und ihren Parteikollegen. Claes wirft ihnen vor, dass sie lügen und betrügen. Die SP.A-Kollegen bezichtigen die Bürgermeisterin der limburgischen Stadt stattdessen des Amtsmissbrauchs. Die Tochter des ehemaligen Nato-Generalsekretärs Willy Claes soll unter anderem Werbeaufträge an Bekannte vergeben haben. Der Streit ist inzwischen derart eskaliert, dass die Koalitionspartner Groen und CD&V die Mehrheit im Hasselter Stadtrat haben platzen lassen. Inzwischen muss sogar der Parteivorsitzende der flämischen Sozialisten, John Crombez, in dem Konflikt vermitteln.
Het Nieuwsblad hält fest: Nach dem Debakel um Bürgermeister Daniel Termont in Gent droht jetzt ein Fiasko in einer weiteren Hochburg der SP.A. Knapp zwei Jahren vor den Gemeinderatswahlen ist das kein gutes Omen für die Partei, die in Flandern die Oppositionsbank drückt, und wieder Regierungsverantwortung übernehmen will.
Schächtungen sorgen wieder für Unmut
Vier Tage vor dem muslimischen Opferfest ist die Debatte über das Schächten wieder entbrannt. La Libre Belgique befürchtet, dass strenggläubige Moslems wegen des Verbots von Schlachtungen ohne Betäubung in Brüssel wieder vermehrt in den eigenen vier Wänden Schafe schlachten könnten. "Konservative Muslime verhindern Kompromiss", so die Schlagzeile von De Standaard.
Gazet van Antwerpen fügt hinzu: Während sich die Muslime in vielen Ländern Europas moderner aufstellen, halten sie in Belgien an den rituellen Schächtungen fest. Religionsfreiheit ist wichtig, das Wohl der Tiere aber auch, findet die Zeitung.
"Soldaten retten Baby aus heißem Auto", titelt Het Laatste Nieuws. In Verviers haben Armeeangehörige gestern ein schreiendes Kind aus einem überhitzten Auto befreit. Die Mutter hatte das Baby trotz brühender Hitze allein in ihrem Wagen gelassen, während sie ihre Stempelkarte bei der Gewerkschaft ausfüllen ließ. Die Frau wurde anschließend von der Polizei verhört.
Armee-Chef: "Brauchen Soldaten im Irak, nicht in Brüssel"
La Libre Belgique bringt ein Interview mit dem neuen Armee-Chef Marc Compernol. Der Oberbefehlshaber der belgischen Streitkräfte warnt vor zu heftigen Einschnitten im Verteidigungshaushalt. "Die Welt war schon lange nicht mehr so unsicher wie derzeit", so der General. Um Kosten zu sparen, will er Armeeaufgaben wie die Sicherung von Kasernen und die Zubereitung von Mahlzeiten an private Firmen vergeben. Außerdem fordert er, dass weniger Soldaten in den belgischen Städten eingesetzt werden. Wörtlich fügt Compernol hinzu: "Unsere Männer werden im Irak gebraucht, nicht in Brüssel".
Alain Kniebs - Bild: Virginie Lefour/Belga