"Nach Caterpillar, jetzt Axa", titelt L'Avenir. "Und die nächste Hiobsbotschaft", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. Nach der Ankündigung der Schließung von Caterpillar-Gosselies am vergangenen Freitag, droht schon ein neues Sozialdrama: Der Versicherer Axa will 650 Arbeitsplätze abbauen. "650 Jobs gestrichen wegen der derzeitigen Niedrigzinsen", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. La Libre Belgique bringt auf Seite eins eine andere Erklärung: "650 Arbeitsplätze, der Preis für die digitale Revolution".
Beide Erklärungen gelten aber im Wesentlichen für die gesamte Branche. "Es wird nicht bei den 650 Jobs bleiben", orakelt denn auch Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Bei den Versicherungsgesellschaften sind wohl noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr", glaubt auch De Morgen. Und einige Zeitungen wagen eine düstere Prognose: "Im gesamten Finanzsektor stehen noch Tausende Entlassungen bevor", schreiben etwa Het Nieuwsblad und Het Belang van Limburg.
"Hier sind die Roboter"
Die digitale Revolution hat auch ihre Schattenseiten, meint dazu La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Computer-Apps fressen Jobs, gerade im Finanzsektor. Und wir, die wir so gerne auf unseren Tablets herumklimpern, wir helfen den Unternehmen noch beim Drücken ihrer Kosten. Aber das sind wohl Zeichen der Zeit.
"Hier sind sie doch, die Roboter", konstatiert seinerseits De Morgen. Viele glauben ja immer noch, dass das reine Science-Fiction ist. Bei Axa wird es so sein, dass Computer künftig noch verstärkt repetitive Arbeiten übernehmen werden. Die ersten Opfer sind ältere Arbeitnehmer. Sehr schnell wird sich der Arbeitsmarkt aber grundlegend verändern. Und hier werden viele am Straßenrand zurückbleiben, und nicht nur Niedrigqualifizierte.
Parallelen zwischen Axa und Caterpillar
Axa ist nicht Caterpillar, meint ihrerseits La Libre Belgique. Die Gründe für den Arbeitsplatzabbau bei Axa sind nachvollziehbarer. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die derzeitigen Niedrigzinsen ihren Tribut verlangen würden. Einige Finanzprodukte werfen nun mal im Moment so gut wie keine Rendite mehr ab. Da kann man es einem Versicherer nicht vorwerfen, wenn er sein Geschäft neu ausrichtet.
Het Nieuwsblad hingegen sieht Parallelen zwischen beiden Sozialdramen. Beide, Axa und auch Caterpillar, kämpfen mit widrigen Marktumständen. Und beide haben insbesondere auch ein Problem mit den hohen Lohnkosten in Belgien. Wenn die Regierung also zwischendurch mal aufhören will sich zu streiten, gäbe es eine ganze Latte von Problemen, die schnellstens gelöst werden müssten.
"Erst der Profit, dann der Mensch"
L'Écho sieht in den drohenden Sozialdrama bei Axa ein Zeichen an der Wand. Man kann nur feststellen, dass Axa Belgien in den letzten zehn Jahren 2,6 Milliarden Euro an das französische Mutterhaus überwiesen hat, und zwar in Form von Dividenden. Wie so oft wurde hier eine belgische Niederlassung wie eine Milchkuh betrachtet, nach dem Motto: "Du arbeitest, du bringst Geld ein und du schweigst". Wenn das Geld dann plötzlich nicht mehr fließt, dann gibt es schnell ein Problem. Was Axa Belgien hier gerade widerfährt, das ist ein Warnschuss.
L'Avenir zieht nach den Hiobsbotschaften der letzten Tage ein düsteres Fazit: Es gibt keinen Wirtschaftszweig mehr, in dem der Mensch noch eine wichtigere Stelle einnimmt als der Profit. Es gilt die Maxime: Rentabilität oder Auslöschung. Und weil die Märkte inzwischen so volatil sind, sind die Folgen für die Arbeitnehmer nur noch unvorhersehbarer geworden.
Silberstreif am düsteren Horizont?
"Flandern sieht keine Zukunft mehr für Charleroi", notiert indes La Libre Belgique. Das Blatt kann nur feststellen, dass die flämischen Medien nach der Schließungsankündigung bei Caterpillar ein düsteres Bild der Provinz Hennegau malen, nach dem Motto: "Das war's dann wohl endgültig".
Le Soir zieht jedenfalls eine düstere Zwischenbilanz des laufenden Jahres: "2016 wurden schon 7.400 Arbeitsplätze abgebaut", so die Schlagzeile auf Seite eins. Beispiele sind eben Axa, Caterpillar, oder -wie gestern bekannt wurde - auch die Firma CP Bourg in Ottignies-Louvain-la-Neuve, wo auch wieder knapp 100 Jobs gestrichen werden sollen. 7.400 Jobs auf der Kippe: Das sind die schlechtesten Zahlen seit 2014.
In seinem Leitartikel sieht Le Soir aber einen Silberstreif am Horizont. Viele Staaten und auch die EU-Kommission sind inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass die derzeit erzwungenen strikten Sparkurse nicht die Lösung sein können. Das zumindest wurde beim G20-Gipfel in China deutlich. Es reift die Einsicht, dass die Staaten daneben auch Investitionsprogramme auflegen sollen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Allerdings: Einige stehen weiter auf der Bremse, allen voran Deutschland. Es bedarf nur noch einiger weniger Minuten politischen Muts, damit die Staaten endlich das Heft wieder selbst in die Hand nehmen können.
"Wir brauchen keine Notstandsgesetze"
"Die Geheimarmee der Terrororganisation IS", so derweil die Aufmachergeschichte von De Standaard. Dabei geht es um einen Terrorverdächtigen, den Belgien unlängst an Österreich ausgeliefert hat. Der Mann gilt als mutmaßliche Schlüsselfigur. Er sollte wohl zusammen mit zwei Gesinnungsgenossen, die er in Österreich aufgesucht hatte, eine neue Terrorzelle bilden. Der amerikanische Nachrichtensender CNN hat die Geschichte dieser Gruppe anhand von tausenden Geheimdokumenten rekonstruieren können.
Und hier zeigt sich, wie schwer es für die Behörden ist, gegen diese terroristische Bedrohung effizient vorzugehen, analysiert De Standaard in seinem Leitartikel. Die verschiedenen Mitglieder einer Terrorzelle kennen nicht die Namen ihrer Mitstreiter, ihre Mission erfahren sie auch erst kurz vor Beginn. Sie kommunizieren über verschlüsselte Internetkanäle. Da hilft nur klassische Polizei- und Geheimdienstarbeit, etwa auch der Einsatz von V-Männern. Notstandsgesetze, wie sie zum Beispiel die N-VA fordert, würden da überhaupt keinen Mehrwert bringen.
Roger Pint - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA