"Ausgepfiffen", titeln Het Belang van Limburg und Het Nieuwsblad. "Die Roten Teufel haben einen Tiefpunkt erreicht", so die gnadenlose Schlagzeile von La Libre Belgique. "Ihr wart lächerlich", wettert La Dernière Heure auf Seite eins.
Die Fußballnationalmannschaft hat am Abend ihr Freundschaftsspiel gegen Spanien mit 0:2 verloren.
Es war das erste Spiel unter dem neuen Nationaltrainer Roberto Martinez. "Die Premiere von Martinez wurde zum Fiasko", schreibt denn auch L'Avenir; Le Soir spricht von einem "Flop", De Standaard und das GrenzEcho von einem "Fehlstart". "Gleich schon Buhrufe für Roberto Martinez", notiert Het Laatste Nieuws. Die Spanier waren in allen Belangen überlegen. "Herr Martinez, es gibt viel zu tun", meint denn auch La Dernière Heure.
Dunkle Wolken
"Caterpillar bangt um seine Zukunft", so indes die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. "Schwarze Wolke über Caterpillar", schreibt auch Le Soir. Die Direktion des Baumaschinenherstellers hat in einer Reihe von europäischen Niederlassungen außerordentliche Betriebsratssitzungen anberaumt. Darunter ist auch der Produktionsstandort in Gosselies bei Charleroi. Und das alles kann eigentlich kein gutes Zeichen sein. Die Gewerkschaften befürchten, dass eine neue Rosskur auf die Mitarbeiter zukommen könnte.
Bei Caterpillar in Gosselies sind 2.200 Mitarbeiter beschäftigt. Erst 2013 hatte die Direktion dort einen Umstrukturierungsplan umgesetzt. Damals hatten über 1.300 Menschen ihren Job verloren.
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute mit der anhaltenden Kritik der Justiz an der Sparpolitik der Regierung. In ihren Eröffnungsreden zum Beginn des neuen Sitzungsjahres hatten viel Magistrate gestern erneut den jämmerlichen Zustand der Justiz angeprangert. Fast überall sei der Mangel an personellen und materiellen Mitteln flagrant, hieß es etwa sinngemäß in einem offenen Brief der Ersten Vorsitzenden der zehn Appelationshöfe des Landes.
Institutionelle Dreifaltigkeit und Steuergerechtigkeit
Wenn die Justiz seine Kernaufgaben nicht mehr korrekt wahrnehmen kann, dann sind ganz klar Grenzen erreicht, meint Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Und in manchen Bereichen ist die Kritik der Justiz auch objektiv nachvollziehbar. Beispiel: Bei der Informatisierung der Justiz belegt Belgien in Europa den 25. Platz. In anderen Bereichen fällt es schwerer, sich eine Meinung zu bilden. Da muss man erst die Untersuchung abwarten, die den effektiven Arbeitsdruck in den Justizpalästen ermitteln soll. Erst dann wissen wird, ob die Justiz wirklich personell unterbesetzt ist.
Für Gazet van Antwerpen ist so oder so das institutionelle Gleichgewicht in Gefahr. Exekutive, Legislative, Justiz: Diese Dreifaltigkeit muss dafür sorgen, dass sich die rechtsstaatliche Demokratie in gesunden Bahnen bewegt. Wie ist es möglich, dass ein so wohlhabendes Land wie Belgien so wenig Geld für seine Justiz zur Verfügung stellt? Das Schlimme ist: Ein Geldsegen ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Das Ganze erinnert irgendwie an das "Warten auf Godot".
Le Soir greift seinerseits die Argumentation auf, die der Erste Generalanwalt am Kassationshof, der Ostbelgier André Henkes, im Rahmen seiner Eröffnungsrede zum Ausdruck gebracht hatte. Es ist in der Tat paradox: Auf der einen Seite ist die Justiz Matthäus am Letzten. Auf der anderen Seite gehen dem Staat jährlich astronomische Summen durch die Lappen, und das aufgrund von Steuerbetrug beziehungsweise Steuervermeidung. Nicht umsonst plädieren Magistrate schon seit Jahren für die Schaffung einer spezialisierten Finanzstaatsanwaltschaft, die dieses soziale Krebsgeschwür effizient bekämpfen könnte. Das Unvermögen des Staates, die Steuer effizient einzutreiben, schürt nur das Misstrauen des Bürgers in seine Justiz.
N-VA-Bekenntnisse
"Es geht langsamer als erwartet", schreibt derweil Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Und das ist ein Zitat von Bart De Wever. Im Interview mit der Zeitung gibt er zu, dass die Veränderung, die seine Partei versprochen hatte, ein bisschen Sand im Getriebe hat. De Wever ruft also die Regierung auf, Dampf zu machen und ehrgeiziger zu sein.
Das ist doch mal bemerkenswert, meint Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Bart De Wever gibt als einer der wenigen Politiker offen zu, dass er einige seiner Versprechen bisher noch nicht einhalten konnte. Das gilt zum Beispiel in Bezug auf das Haushaltsgleichgewicht. Kaum jemand glaubt noch daran, dass Belgien 2018 tatsächlich eine Schwarze Null schreiben wird. Das Bekenntnis von De Wever ist ein Zeichen von Ohnmacht. Zugleich gewinnt er dadurch aber an Glaubwürdigkeit.
Auch De Morgen veröffentlicht heute ein Interview mit dem N-VA-Chef. Darin bleibt De Wever bei seiner Forderung nach einem Notstandsgesetz. Demnach soll der Staat die Möglichkeit bekommen, im Ernstfall den Ausnahmezustand zu verhängen. Und das soll unter anderem beinhalten, dass Terrorverdächtige auch präventiv festgesetzt werden können.
"Ich will keinen Polizeistaat", sagt aber der N-VA-Kollege und flämische Ministerpräsident Geert Bourgeois auf Seite eins von De Standaard. Er sei jedenfalls nicht bereit, den Rechtsstaat über Bord zu werfen. Und damit, so bemerkt die Zeitung, damit widerspricht Bourgeois eigentlich seinem Parteichef.
Jordy
In Flandern sorgt schließlich das tragische Schicksal des 19-Jährigen Jordy für Bestürzung. Der etwas zurückgebliebene Junge hatte einen Großteil seiner Jugend in Kinderheimen verbracht. Als er 18 wurde, war plötzlich keine Jugendschutzeinrichtung mehr zuständig für ihn. "Er wurde 18 und war plötzlich allein", so resümiert es De Morgen. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Jordy am Wochenende in einem Genter Park tot aufgefunden worden. Möglicherweise ist er verhungert. "Wie konnte Jordy mutterseelenallein mitten in Gent einfach so sterben?", fragt sich anklagend Het Nieuwsblad.
Objektiv betrachtet kann man keiner Behörde hier einen Vorwurf machen, konstatiert De Morgen. Niemand hat hier aus bürokratischer Sicht einen Fehler gemacht. Diese Feststellung darf uns aber nicht beruhigen. Im Gegenteil: Hier hat ganz offensichtlich die Gesellschaft versagt.
Roger Pint - Bild: Virginie Lefour/BELGA