"Die Zeit des Spielens ist vorbei", titelt Gazet van Antwerpen. "1,2 Millionen Kinder und Jugendliche müssen in Flandern jetzt wieder zur Schule", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Heute beginnt für die meisten Schüler wieder der Ernst des Lebens: Schulanfang - und das in den drei Gemeinschaften des Landes. "Uff!", meint dazu Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Die Ferien in diesem Land sind immer noch viel zu lang. Das ist gerade heute, wo in den meisten Haushalten beide Elternteile arbeiten, nicht mehr zeitgemäß. Die "Großen Ferien" sind für viele Familien ein logistischer Albtraum, wenn es darum geht, die Kinder acht Wochen lang sinnvoll zu beschäftigen beziehungsweise unterzubringen.
Vor allem im frankophonen Landesteil wartet derweil alle Welt auf die lange angekündigte Reform des Unterrichtswesens. Das Projekt, das von der ehemaligen Unterrichtsministerin Joëlle Milquet auf den Weg gebracht wurde, trägt den ehrgeizigen Namen "Exzellenz-Pakt". Auf Seite eins von Le Soir macht der Ministerpräsident der Französischen Gemeinschaft, Rudy Demotte, klar: "Die Gelder für den Exzellenz-Pakt sind freigemacht."
"Lasst uns doch mal träumen!", meint Le Soir in seinem Leitartikel. In einer idealen Welt raufen sich die Politiker zusammen, vergessen parteipolitisches Kalkül und arbeiten gemeinsam an der Schule von morgen. Hier geht es nämlich um eine entscheidende, fundamentale, wesentliche Herausforderung für die Zukunft. Im Grunde reicht hier kein Superlativ aus.
Einen ähnlichen Appell äußert auch La Libre Belgique: Die nicht unerheblichen Geldmittel, die ins frankophone Unterrichtswesen fließen, müssen effizienter eingesetzt werden. Und dabei muss man immer die Schüler vor Augen haben.
"Kabbelkabinett, dritte Staffel"
"Streit auf allen Ebenen", titelt derweil De Standaard. Vor allem CD&V und N-VA machen im Grunde genau da weiter, wo sie vor der Sommerpause aufgehört hatten. "Kabbelkabinett, dritte Staffel", frotzelt schon Het Laatste Nieuws. Die Streitthemen sind vielfältig: Die N-VA will weiter die Möglichkeit schaffen, im Ernstfall einen "Ausnahmezustand" verhängen zu können. Nach dem Willen der flämischen Nationalisten soll es dann auch möglich sein, Terrorverdächtige präventiv festzusetzen, also ohne dass sie bereits eine Straftat begangen hätten. Die CD&V ist strikt dagegen. Und die flämischen Christdemokraten bekommen dabei Rückendeckung von Premierminister Charles Michel: "Ich will kein Guantanamo in Belgien!", sagt der Regierungschef in Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad.
Es waren also keine albernen Testballons, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Jetzt zeigt sich, dass die N-VA offensichtlich vieles von dem, was die Nationalisten im Sommerloch rausgehauen haben, tatsächlich ernst meinte. Die N-VA wollte damit offensichtlich den Boden bereiten für einen deutlich repressiveren Staat. Vorläufig soll der sich noch innerhalb der Grenzen des Rechtsstaates bewegen, naja vorläufig noch...
Zweites großes Streitthema ist die Reform der Körperschaftssteuer, die von N-VA-Finanzminister Johan Van Overtveldt ins Spiel gebracht worden war. In Le Soir und L'Echo präsentiert der Finanzminister einen bezifferten Fahrplan. Demnach soll die Unternehmenssteuer in mehreren Etappen gesenkt werden, und das schon ab dem kommenden Jahr. Ab 2019 soll dann ein Basissteuersatz von 20 Prozent gelten. Dabei ist Van Overtveldt offensichtlich davon überzeugt, dass das Ganze nichts kosten wird: Die zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze würden die Einbußen bei der Körperschaftsteuer ausgleichen; die Reform werde sich selbst tragen. Nach Informationen von L'Echo will Van Overtveldt da aber aktiv nachhelfen. Konkret: Betriebe, die in den Genuss des verminderten Steuersatzes kommen wollen, müssten als Gegenleistung nachweislich neue Jobs schaffen.
Bittere Wahrheiten und lange, steinige Wege
Der CD&V-Vizepremier Kris Peeters glaubt von all dem kein Wort. "Wer soll das bezahlen?", fragte er gestern schon lauthals in einem VRT-Interview. Und in seinem Leitartikel stimmt De Morgen ein: Johan Van Overtveldt scheint auf ein Wunder zu hoffen. Bei einem gläubigen Menschen kann man das ja noch akzeptieren, nicht aber bei einem Mann, der über das Staatssäckel zu wachen hat. Das alles passt aber zur bisherigen Arbeit dieser Koalition. Die bittere Wahrheit ist, dass diese Regierung zwar den Menschen mit Sparmaßnahmen weh getan hat, dass das aber netto kaum etwas für die Sanierung des Haushalts gebracht hat.
Het Laatste Nieuws zieht eine ähnlich vernichtende Bilanz zur Sicherheitspolitik der Regierung. Innenminister Jan Jambon erinnert an den früheren französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Der wollte mal "mit dem Hochdruckreiniger" durch die Pariser Vorstädte ziehen. Resultat: zéro, zéro, zéro. Jan Jambon hatte ebenfalls vollmundig angekündigt, in Molenbeek "aufräumen" zu wollen. Auf dem Terrain hat sich aber nichts, oder sagen wir nicht viel, verändert. Fazit: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegt oft ein langer, steiniger Weg.
Petz-Hotlines und Feuertaufen
"Schummelnde Ärzte - Die Jagd ist eröffnet", so derweil die Aufmachergeschichte von De Morgen. "Petz-Hotline für schummelnde Ärzte", schreiben auch Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad. Patienten sollen bald die Möglichkeit bekommen, ihren Arzt zu "verpfeifen": Wenn sie Zeuge werden von betrügerischen Machenschaften, soll man das an "Meldepunkten" anzeigen können.
Einige Zeitungen schließlich blicken schon auf das Fußball-Freundschaftsspiel heute Abend zwischen Belgien und Spanien. "Feuertaufe für Roberto Martinez", schreibt etwa Het Belang van Limburg. Martinez ist ja der neue Nationaltrainer und muss gleich im ersten Spiel schon gegen sein Heimatland ran. "Die Roten Teufel müssen die Herzen der Fans zurückgewinnen", stellt Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite fest. La Dernière Heure geht noch weiter: "Werdet endlich wieder zu richtigen Teufeln!"
Roger Pint - Bild: Patrick Kovarik/AFP