"Rekordstrafe für Apple", titelt La Libre Belgique. "Apple streitet Existenz von Sonderregeln ab", schreibt L'Echo auf Seite eins. Sowohl auf ihren Titelseiten als auch in ihren Kommentaren gehen die Zeitungen auf die Milliardenstrafe ein, die die EU-Kommission gestern gegen den US-Technologiekonzern Apple verhängt hat. 13 Milliarden Euro Steuern soll Apple an Irland nachzahlen. Die Steuerbegünstigungen, die Irland Apple gewährt hatte, seien illegal, so die Kommission. Zu dieser Entscheidung gibt es viel Applaus von den Zeitungen.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo schreibt dazu: Wenn man nur 0,005 Prozent Steuern im Jahr zahlt, ist es eine gute Idee, sich auf eine Korrektur des Steuerbescheids einzustellen. Die Nachforderung von 13 Milliarden Euro ist keine Strafe, sondern nur eine Richtigstellung. Da hilft es auch nichts, wenn Apple-Chef Tim Cook auf die Souveränität Irlands verweist. Denn genau hier liegt doch die Idee der Europäischen Union: Gegenüber weltweit agierenden Unternehmen wie Apple sind einzelne Staaten machtlos. Gefragt sind größere Strukturen wie die EU. Die EU-Kommission hat lediglich im Auftrag der Mitgliedsstaaten gehandelt. Und zwar richtig gehandelt. Auch, wenn Irland das gerade anders sieht, schreibt L'Echo.
Ähnlich urteilt De Standaard: Kleinere Länder sind Spielbälle für multinationale Unternehmen. Für genau diesen Fall, der jetzt in Irland vorliegt, wurde Europa ja ins Leben gerufen. Die EU-Kommission muss darauf achten, dass es im Binnenmarkt faire Regeln gibt. Das hat sie getan. Aber sie muss noch weiter gehen. Belgien ist gerade dabei, die Unternehmenssteuer zu reformieren. Die Idee ist: ein gleicher Steuersatz für alle - 20 Prozent. Keine Vorteile mehr. Das ist gut so. Aber: Andere Länder machen es ähnlich. Irland will 12,5 Prozent einführen. Auch hier muss die Kommission darauf achten, dass es keinen unfairen Wettbewerb gibt, meint De Standaard.
Ähnlich La Libre Belgique: Ziel muss es sein, die Unternehmensbesteuerung in Europa zu harmonisieren. Dabei sind auch die Mitgliedsstaaten gefragt, gerade die Mitgliedsstaaten. Denn sie haben sich bislang geweigert, sich auf eine einheitliche Steuerpolitik einzulassen, so La Libre Belgique.
De Morgen schreibt: Die Kritik an der EU ist oft gerechtfertigt, aber im Fall Apple hat sich der Mehrwert von Europa bewiesen. Es ist sehr zu begrüßen, dass die EU-Kommission den ungerechtfertigten Steuerbegünstigungen für sowieso schon überaus reiche Unternehmen einen Riegel vorgeschoben hat. Denn machen wir uns nichts vor: Es ist auch diese Steuerpolitik, die Reiche sehr oft verschont, die normalen Bürger aber gerne schröpft, die viele Menschen in die Arme von Populisten treibt. Die EU-Kommission hat gestern auch eine Entscheidung für die Demokratie getroffen, analysiert De Morgen.
Heute vor einem Jahr: "Wir schaffen das"
Le Soir blickt ein Jahr zurück: Es war genau am 31. August des vergangenen Jahres, als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt hat: "Wir schaffen das". Vor Kurzem hat sie diesen Satz wiederholt und gesagt, sie stehe weiter voll hinter ihm. Damit hat sich Merkel als moralische Leitfigur in Europa etabliert. Andere hätten das auch tun können, wie zum Beispiel ein François Hollande in Frankreich, der sich doch immer so gerne auf die Menschenrechte als Leitbild beruft. Andere europäische Führer waren offen gegen den Zustrom von Einwanderern und haben die europäischen Werte wie Asylrecht und Menschenwürde kurzerhand über Bord geworfen. Man will sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn in Deutschland vor einem Jahr solch ein populistischer Politiker Bundeskanzler gewesen wäre, gibt Le Soir zu bedenken.
Frankreich: Macron will neue Wählerschichten erreichen
L'Avenir kommentiert die wahrscheinliche Kandidatur des bisherigen französischen Wirtschaftsministers Emmanuel Macron bei der Präsidentschaftswahl: Jetzt hat Macron die Regierung also verlassen, um sich freizumachen für eine eventuelle Kandidatur. Wofür steht er? Das wissen wir nicht genau. Er sei kein Sozialist, hatte er schon gesagt. Er wolle neue Wählerschichten erreichen. Macron ist damit ein weiteres Beispiel für die Tendenz, die sich bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich abzeichnet: Es gibt viele Kandidaten, das klassische politische Parteienspektrum zersplittert mehr und mehr. Das ist vor allem ein Zeichen dafür, dass die Bürger sich in den etablierten Lagern nicht mehr wiederfinden. Eine Tendenz, die nicht nur in Frankreich festzustellen ist, so L'Avenir.
Schulbeginn und Verkehr
Het Nieuwsblad berichtet, dass die Stadt Kortrijk pünktlich zum Wiederanfang der Schule verboten hat, dass schwere LKW oder Baufahrzeuge eine Stunde vor und nach dem Unterricht in der Nähe von Schulen fahren dürfen. Die Zeitung wertet das als richtige Entscheidung für die Sicherheit der Kinder und wünscht sich eine Ausweitung dieser Maßnahme auf andere Städte.
Im Zusammenhang mit dem Schulbeginn kommt auch La Dernière Heure auf das Thema Verkehr zurück und schreibt: Chaos wird auf den Straßen herrschen, zumindest in Brüssel. Das liegt zum einen daran, dass kein Kind mehr zu Fuß zur Schule geht. Zum anderen an den vielen Baustellen. Es scheinen so viele wie noch nie zu sein. Unhaltbare Zustände!, schimpft La Dernière Heure.
Kay Wagner - Bild: Robyn Beck/AFP