"Neuer Rückschlag für die Justiz", titelt La Libre Belgique. "Tausende Beweise gehen in Rauch auf", so die Schlagzeile von La Dernière Heure. "Beweise und Indizien verkohlen beim Brand des INCC", schreibt Le Soir auf Seite eins.
Unbekannte haben gestern Nacht im Institut für Kriminalistik und Kriminologie einen Brand gelegt. Sie hatten es offensichtlich auf den Labortrakt abgesehen. Die Einrichtung ist spezialisiert auf die Auswertung von Mikrospuren. Unter anderem werden dort genetische Fingerabdrücke erstellt. "Der Anschlag auf das Labor war das Werk von Profis", notiert Het Nieuwsblad auf Seite eins. Das Vorgehen der Täter erinnert an eine Kommandoaktion. Die offensichtlich drei Unbekannten trugen unter anderem auch schusssichere Westen. "Sie wussten genau, was sie taten", findet auch La Dernière Heure. Beide Zeitungen glauben jedenfalls, den Verlauf der Aktion und die Vorgehensweise rekonstruieren zu können.
Der Schaden ist jedenfalls beträchtlich. "Und eine Reihe von Strafakten könnte dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden", glaubt De Standaard. Viele Zeitungen üben denn auch Kritik an den mangelnden Sicherheitsvorkehrungen am Institut für Kriminalistik und Kriminologie: "Ein Labor randvoll mit Beweismaterial, aber kein einziger Wachmann", so die anklagende Schlagzeile im Innenteil von De Morgen.
Die Justiz lernt offensichtlich nicht dazu, meint auch La Libre Belgique. Es ist längst nicht das erste Mal, dass Gangster Beweismaterial oder Gerichtsakten ins Visier nehmen. In der Vergangenheit gab es auch schon diverse Einbrüche in Justizpaläste. Könnten nicht einige unserer Politiker, die doch von morgens bis abends über Sicherheit schwadronieren, auch mal über einen besseren Schutz der Justizgebäude nachdenken?, fragt sich La Libre Belgique.
Bart De Wever meldet sich zurück
Apropos: "Die N-VA will den Ausnahmezustand zum Thema machen", so die Aufmachergeschichte von De Standaard. Parteichef Bart De Wever will jedenfalls die Möglichkeit schaffen, Terrorverdächtige präventiv in Gewahrsam nehmen zu können, also bevor sie eine Straftat begehen. Dies eben im Rahmen eines "Notzustands", wie es De Wever formuliert. Und das wäre nur ein Aspekt eines belgischen "Patriot Acts", den der N-VA-Vorsitzende vor einigen Wochen ins Spiel gebracht hat.
"Im Gegenzug rückt die N-VA von einem Burkini-Verbot ab", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. Eine N-VA-Parlamentarierin hatte vor einigen Tagen ein Verbot des muslimischen Ganzkörper-Badeanzugs gefordert. Bart De Wever ruderte gestern aber zurück: "Ein Burkini-Verbot wäre wohl juristisch schwer umsetzbar", so De Wever.
Die Burkini-Debatte war vielleicht eine Folge der jüngsten Hitzewelle, frotzelt Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Einige haben das Thema wohl als Blitzableiter benutzt, um von den wirklich wichtigen Debatten abzulenken. Die N-VA jedenfalls hat hier einen jämmerlichen Schleuderkurs hingelegt. Hoffentlich können wir uns jetzt endlich den wahren Problemen zuwenden.
... und auch sein ewiger Gegenspieler lässt sich nicht lumpen
Der wallonische Gegenspieler von Bart De Wever hat sich derweil gestern ebenfalls zurückgemeldet: PS-Chef Elio Di Rupo plädierte für die Einführung einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. "Die Linke will weniger arbeiten", kann denn auch L'Echo auf Seite eins nur feststellen. In Het Laatste Nieuws fällen renommierte Ökonomen aber ein gnadenloses Urteil: "Die Viertagewoche funktioniert nicht".
Was lernen wir daraus?, fragt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Die Vorsitzenden der beiden größten Parteien des Landes haben offensichtlich beide die Pedale verloren. Sowohl Bart De Wever als auch Elio Di Rupo machen offensichtlich Politik nicht mehr mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch. Sie schmeicheln ihrer Wählerschaft, reden ihr nach dem Mund. Die N-VA buhlt um die Vlaams-Belang-Stimmen, Elio Di Rupo will beweisen, dass die PS mindestens genauso links ist wie die kommunistische PTB.
Elio Di Rupo baut Luftschlösser, meint auch sinngemäß L'Avenir. In Frankreich wurde schon vor Jahren die 35-Stunden-Woche eingeführt, und die Bilanz fällt doch ziemlich durchwachsen aus. Man kann sich an den fünf Fingern abzählen, dass die Unternehmen im Falle einer Einführung der Viertagewoche wohl nicht über Nacht ihr Personal um ein Fünftel aufstocken werden. Die Viertagewoche ist bestimmt nicht für morgen.
Flüchtlinge und Fußball
Ganz anderes Thema auf Seite eins von Le Soir: "Auf dem Meer verschwunden, von Europa ignoriert", schreibt das Blatt. In den letzten Monaten sind im Mittelmeer mindestens 6.800 Menschen ertrunken. Seit die Balkanroute zu ist, versuchen die Flüchtlinge wieder von Nordafrika aus nach Europa zu gelangen, also genauer gesagt nach Italien. Die Route ist noch gefährlicher als die über die Ägäis - aber Europa schaue bewusst weg, meint Le Soir.
Viele Zeitungen schließlich haben sich die erste Trainingseinheit der Roten Teufel unter dem neuen Nationaltrainer Roberto Martinez angeschaut. "Martinez will Tempo", kann Het Laatste Nieuws nur feststellen. Besonders viel Aufmerksamkeit bekam aber der zweite Assistenzcoach, der ehemalige französische Spitzenstürmer Thierry Henry. "Henry ist der neue Star unter den Roten Teufeln", meint L'Avenir. Het Belang van Limburg setzt noch einen drauf und schreibt: "Henry stellt Martinez in den Schatten".
Roger Pint - Bild: Thierry Roge/Belga