"Jede Rettung ist jetzt ein Wunder", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Italien trauert um seine Kinder", titelt Het Laatste Nieuws. Und bei Het Belang van Limburg heißt es: "Italiener aus Limburg helfen Erdbebenopfern". Das Erdbeben in Italien und seine Folgen greifen die Zeitungen auch am Freitag noch auf ihren Titelseiten auf. Die Kommentare hingegen widmen sich anderen Themen.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo schaut auf das Ende der politischen Sommerpause und die Aufgaben, die auf die Föderalregierung warten. Es wird vor allem um drei Sachen gehen: Sicherheit, Steuern und Verkehr. Bei der Sicherheit ist schon viel getan worden. Jetzt gilt es zu vermeiden, dass wir in hysterische Debatten verfallen, wie es zurzeit in Frankreich mit dem Burkini passiert. Auch in der Steuerpolitik ist mit dem Tax-Shift schon einiges geschehen. Weitere Ideen, zum Beispiel für die Unternehmenssteuer, wurden bereits lanciert. Nur beim Verkehr hakt es noch. Das ist eine große Herausforderung. Hier muss sich die föderale Ebene mit den Regionen unbedingt verständigen. Jeder, wirklich jeder, hat ein Interesse daran, dass der Verkehr in Brüssel wieder funktioniert. Die Staus auf den Straßen sind schon seit langem unerträglich, meint L'Echo.
Auch für Le Soir ist der Verkehr einer der wichtigsten Punkte, mit denen sich die Föderalregierung jetzt beschäftigen sollte: Das wurde vor den Ferien versprochen, jetzt gilt es, den Worten Taten folgen zu lassen. Daneben ist die Reform der Unternehmenssteuer wichtig, und auch Perspektiven für eine nachhaltige Energiepolitik. Die Regierung sollte die Chance nutzen, die sich ihr jetzt bietet. Diese Rückkehr aus der Sommerpause ist die letzte, in der man noch vernünftige Politik betreiben kann, ohne auf Wahlen Rücksicht nehmen zu müssen. Schon nächstes Jahr wird das anders sein, schreibt Le Soir.
Wird die Regierung dem Lobbydruck standhalten?
Zu den Plänen für eine Reform der Unternehmenssteuer, bei der die Steuer von knapp 34 auf 20 Prozent gesenkt werden soll, meint De Standaard: Der Hohe Finanzrat hat bereits durchgerechnet, dass eine Pauschalsteuer von 20 Prozent eigentlich nicht gegenzufinanzieren ist. Auch nicht mit der Erhöhung anderer Steuern. Denn dafür müsste die Wirtschaft schon enorm wachsen. Und das wird sie wohl leider nicht tun. Unsere Politiker haben nämlich vergessen, dass sie nicht alleine in Europa sind. Auch andere Länder haben die Unternehmenssteuern gesenkt, und zwar noch stärker als Belgien - zum Beispiel Luxemburg, Irland und Großbritannien, so De Standaard.
De Morgen sieht eine andere Gefahr und schreibt: Die Ideen, auch zur Gegenfinanzierung der Steuersenkung, sind eigentlich ganz gut. Aber eines ist schon abzusehen: Wenn die Ideen konkretere Formen annehmen werden, wird jeder seinen Taschenrechner herausholen, große und kleine Betriebe, Besitzer großer und kleiner Vermögen. Jeder wird dann für seine Anliegen Druck auf die Regierung ausüben. Denn bei Steuersachen denkt in Belgien jeder zunächst an sich. Die große Frage wird dann sein, ob die Regierung diesem Lobbydruck standhalten wird, oder ob es letztlich nicht doch wieder zu einem der leidigen belgischen Kompromisse kommen wird, die viel Geld kosten und wenig Gerechtigkeit bringen, fragt sich De Morgen.
Die einen können nicht abgeschoben werden – andere schon
Mit der Zwangsausweisung eines 16-jährigen Mädchens in den Kosovo beschäftigt sich Het Nieuwsblad und schreibt: Es scheint einfacher, ein Algerier mit einem langen Strafregister in Belgien zu sein als eine Kosovarin mit glänzenden Zeugnissen und einem tadellosen Ruf. Der erste kann nicht abgeschoben werden, die zweite sehr wohl. Am ersten Fall kann Asylstaatssekretär Francken vielleicht wenig ändern, am zweiten mit ein wenig gutem Willen aber sehr wohl, meint Het Nieuwsblad.
Anders sieht das Het Laatste Nieuws: Ist diese Ausweisung schmerzlich? Natürlich. Ist sie bedauernswert? Ohne Frage. Das Mädchen ist hier voll integriert. Und trotzdem ist die Ausweisung richtig. Schuld daran tragen die Eltern. Die sind vor 13 Jahren nach Belgien gekommen und wussten genau, dass das illegal war. Acht Mal hatten die Eltern des Mädchens die Aufforderung erhalten, das Land zu verlassen, aber sie haben nicht reagiert. Wenn Theo Francken jetzt nachgibt und eine Ausnahme gewährt, öffnet das Tür und Tor für andere. Das ist hart - aber so sind nun mal die Regeln, schreibt Het Laatste Nieuws.
Burkini-Verbot kommt vor französischen Staatsrat
La Libre Belgique kommt auf die Burkini-Diskussion in Frankreich zurück: Grundsätzlich ist es schwierig, eine endgültige Entscheidung in dem Streit zu fällen. Doch genau das muss der französische Staatsrat heute tun. Er muss entscheiden, ob die Burkini-Verbote, die einige Gemeinden in Frankreich erlassen haben, legal sind. Ob die Entscheidung dazu beitragen wird, die Diskussion um den Ganzkörperbadeanzug für muslimische Frauen zu besänftigen? Das wäre wünschenswert, ist aber kaum zu erwarten, glaubt La Libre Belgique.
Kay Wagner - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA