"Belgien hat den Blues", titeln L'Écho und L'Avenir. "Toots ist tot", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Adieu Toots! Und danke für alles!", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Ausnahmslos alle Zeitungen erweisen heuten Toots Thielemans die Ehre. Der große Jazz-Musiker starb gestern im Alter von 94 Jahren. "Toots: 1922-2016", schreibt lapidar De Morgen. Zu sehen ist nur die Mundharmonika, die Toots Thielemans weltberühmt gemacht hat. "Jazz-Master", titelt Het Belang van Limburg.
Le Soir nennt ihn "die Legende". Denn in der Tat: Toots Thielemans hat quasi mit allen großen Jazzmusikern des 20. Jahrhunderts zusammengespielt. Er arbeitete auch mit Popmusikern, von Stevie Wonder über Sting bis hin zu Nick Cave. Viele Zeitungen bringen auf mehreren Sonderheiten Fotos, die die einzigartige Karriere des Musikers dokumentieren. Nicht umsonst nennt ihn Het Nieuwsblad den "Weltstar mit der Mundharmonika".
Ein Schwarzer aus den Marolles
Einige Zeitungen erinnern auch an seine Wurzeln: "Von den Marolles zum Pantheon des Jazz", titelt etwa La Libre Belgique. Toots Thielemans stammte aus dem populären Brüsseler Marolles-Viertel, behielt auch bis zum Schluss den typischen Brüsseler Akzent. Der Musiker Toots Thielemans war demgegenüber so international wie kaum ein anderer.
De Standaard bezeichnet ihn auf Seite eins als den "Afro-Amerikaner aus den Marolles". Dieses Prädikat hat Toots Thielemans eigentlich von amerikanischen Jazzern bekommen, die nicht glauben konnten, dass ein weißer Musiker das gleiche Feeling haben konnte wie schwarze Musiker. "Mann, du kannst nicht aus Brüssel stammen, du kommst aus Mississippi", zitiert De Morgen den großen Quincy Jones. "Ein ketje, das die ganze Welt zu Tränen rührte", so fasst es denn auch Het Nieuwsblad zusammen.
Neben dem Musiker Toots Thielemans gab es aber auch den Menschen. Und der galt als ungemein bescheiden und sympathisch. "Er hat geflachst und Musik gemacht bis zu seinem letzten Atemzug", schreibt denn auch Het Laatste Nieuws.
Ein Star in der Welt und in Belgien
Toots Thielemans verkörperte den Blues, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Er resümierte seine Musik mit dem Mol-Septimenakkord: nicht Dur, aber auch kein Selbstmord. Blues eben. Ein Gefühl, das nicht nur hierzulande viele Menschen nach dem Tod des Meisters erfasst hat sondern weltweit. Toots Thielemans ist der ketje, der ein Star geworden ist, ein Junge von hier mit einer amerikanischen Geschichte, der aber immer großzügig und bescheiden geblieben ist.
Toots Thielemans war der Inbegriff der Belgitude, notiert auch L'Avenir. Er war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, hat 60 Jahre lang mit den ganz Großen zusammengearbeitet. Mit seinem Talent, seiner Bescheidenheit, seinem Humor und seiner bis zuletzt kindlichen Neugierde war er in gewisser Weise eine Lektion fürs Leben.
Wirklich reich geworden ist er damit nicht, stellt Gazet van Antwerpen fest. Dieser Mann, der in einem Atemzug genannt werden kann mit Charlie Parker, Miles Davis oder Herbie Hancock, hat "nur" 2,5 Millionen Platten verkauft. Nur zum Vergleich: Bei Helmut Lotti sind es fünf Mal mehr. Vielleicht sollten wir jetzt den Plattenverkauf nochmal ankurbeln, sozusagen als posthume Ehrerbietung.
Toots Thielemans war nicht nur international ein Star, er war es auch in ganz Belgien, was mindestens genauso selten ist, konstatiert La Dernière Heure. Im Norden wie im Süden des Landes kannte ihn jeder. Belgischer geht kaum. "Mach's gut, du größer Künstler!".
Algerischer Wiederholungstäter – "Blamage" für Francken?
Neben dem Tod von Toots Thielemans gibt es aber auch andere Themen. "85 Straftaten, sieben Mal ausgewiesen, und doch immer noch auf freiem Fuß", so etwa die Aufmachergeschichte von Het Nieuwsblad. Die Rede ist hier von einem 47-jährigen Algerier, der sich schon seit 25 Jahren illegal in Belgien aufhält. Trotz seines inzwischen beeindruckenden Vorstrafenregisters ist er seit seiner letzten Haftentlassung wieder untergetaucht. Wie auch beim Attentäter von Charleroi gibt es hier vor allem das Problem, das es zwischen Belgien und Algerien kein Abschiebe-Abkommen gibt.
Diese Geschichte ist eine Blamage für den Asylstaatssekretar Theo Francken, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Hatte seine Partei, die N-VA, nicht vollmundig versprochen, straffällig gewordene Ausländer umgehend des Landes zu verweisen? Glaubwürdig sind die flämischen Nationalisten hier jedenfalls nicht. Es ist aber auch eine Blamage für die Europäische Union, die eigentlich für das Schließen solcher Rückführungsabkommen zuständig ist. Hier sollten künftig die Prioritäten anders gesetzt werden.
"Verlustbücher!"
"Ein Null-Zins für private Sparbücher wird wahrscheinlicher", so derweil die Schlagzeile von L'Écho. Die flämische Bank KBC wird die Zinsen auf Bankkonten für Betriebe und Einrichtungen in einigen Wochen auf null Prozent absenken. Beobachter sehen darin einen Testballon; die Sparkonten von Privatkunden könnten bald folgen. Bislang gilt ja noch ein gesetzlicher Mindestzinssatz von 0,11 Prozent. "Finanzminister Johan van Overtveldt will aber die Null-Zins-Politik der KBC untersuchen lassen", notiert unter anderem De Morgen.
Das klassische Sparbuch ist schon jetzt ein "Verlustbuch", kritisiert Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Nur zur Verdeutlichung: Wer heute 1.000 Euro auf einem Konto hat, der bekommt dafür 1,10 Euro an Zinsen. Demgegenüber haben die belgischen Banken im vergangenen Jahr einen Gewinn von insgesamt 5,8 Milliarden Euro verbucht. Da kann man nur hoffen, dass der Finanzminister insbesondere die KBC jetzt in ihre Schranken weist.
N-VA = PS?
Het Laatste Nieuws schließlich bedauert die Tatsache, dass nach MR und N-VA nun auch die CD&V die Hoffnung auf ein Haushaltsgleichgewicht im Jahr 2018 aufgegeben hat. Auch diese Regierung will also weiter Schulden auf dem Rücken unserer Kinder machen. Insbesondere die N-VA macht hier also exakt dasselbe wie die so gescholtene PS. Diese Regierung bricht ihr wichtigstes Versprechen. Und sie ist damit keinen Deut besser als ihre Vorgängerin.
Roger Pint - Foto: BRF