"Belgien gewinnt wieder zwei Medaillen", titelt Gazet van Antwerpen. "Es hört nicht auf: Jolien D'Hoore holt Bronze, Silber oder Gold für die Red Lions", jubelt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Was für ein toller Abend!", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Die Genter Radfahrerin Jolien D'Hoore holte gestern die fünfte Medaille für Belgien bei den Olympischen Spielen. Sie gewann Bronze im Omnium, einer Bahnraddisziplin. "Sie hat sich wie eine Verrückte auf Rio vorbereitet", sagt ihr Vater in De Morgen. "Und wenn sie einmal eine Startnummer auf den Rücken hat, dann verwandelt sie sich in einen wahren Killer", fügt der belgische Bahnrad-Coach in Het Nieuwsblad hinzu.
Später am Abend sorgten dann die belgische Hockey-Herren für einen weiteren Paukenschlag: Die Red Lions besiegten im Halbfinale des olympischen Turniers die Niederlande mit 3:1. "Belgien im Finale", jubelt denn auch L'Avenir auf Seite eins. Die Red Lions haben damit mindestens Silber in der Tasche. Morgen im Finale gegen Argentinien entscheidet sich, ob's am Ende sogar Gold wird. La Dernière Heure findet nur ein Adjektiv: "historisch".
Aus Nafissatou wird "Nafi"
Einige Zeitungen kommen auch noch einmal zurück auf die Goldmedaille von Nafissatou Thiam im Siebenkampf. "Oder sollten wir lieber 'Nafi' sagen, damit es belgischer klingt?", meint Het Laatste Nieuws in einem giftigen Leitartikel. Nicht nur in Belgien ist zu beobachten, dass Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere Muslime, quasi über Nacht als "Landsleute" akzeptiert werden, wenn sie denn eine Medaille holen.
Großbritannien etwa, das beim Brexit-Referendum noch unter anderem gegen die Migration gestimmt hat, feiert jetzt den Langstreckenläufer Mohamed Farah – Entschuldigung – "Mo", dessen somalische Wurzeln man plötzlich vergessen hat. Und was ist, wenn heute oder morgen die Brabançonne für den Taekwondo-Kämpfer Si Mohamed Ketbi erklingt. Werden Sie dann eine Träne vergießen? Oder müsste der Mann Janssens oder Peeters heißen?
Nafissatou Thiam dürfte jedenfalls dafür gesorgt haben, dass der eine oder andere Vlaams Belang-Aktivist am Sonntagmorgen aus dem Bett gefallen ist, glaubt auch La Dernière Heure. Ihr Vater ist Senegalese, ihre Schwester trägt den islamischen Schleier. Nafi steht in gewisser Weise stellvertretend für die multikulturelle Gesellschaft in Belgien. Und ob sie es will oder nicht: Sie kann als Musterbeispiel, als Vorbild durchgehen. Nach dem Motto: Wirklich alle Jugendlichen in diesem Land sollten nicht zögern, ihre Träume zu verwirklichen.
Carine Russo 20 Jahre nach Melissas Tod
Heute wird aber auch ein trauriger Jahrestag begangen. Vor genau 20 Jahren, am 17. August 1996, wurden im Garten eines Hauses von Marc Dutroux die Leichen von Julie und Mélissa entdeckt. Das war wohl der grausige Auftakt der Dutroux-Affäre.
"Ich habe meinen Frieden geschlossen", sagt Carine Russo, die Mutter der toten Mélissa auf Seite eins von Le Soir. Carine Russo veröffentlicht heute ein Buch, in dem sie die schreckliche Zeit der Ungewissheit nach der Entführung ihrer Tochter beschreibt. Der Titel: "Vierzehn Monate". Auch La Libre Belgique hat vorab einen Blick in das Buch werfen können, die Schlagzeile auf Seite eins: "Carine Russo mit offenem Herzen". In De Standaard wundert sich Carine Russo fast schon darüber, dass sie noch lebt. "Ich hätte nicht gedacht, dass man so etwas überlebt, komisch, aber wir sind noch da".
Carine Russo gibt uns Einblicke in den unendlichen Schmerz, den die Mutter von Melissa in diesen 14 Monaten empfunden hat, notiert Le Soir in seinem Leitartikel. Sie hat aber immer weiter gekämpft, nie aufgegeben. Von Anfang an hat uns diese Frau fasziniert. Etwa in dem Moment, als das Volk die Todesstrafe für Dutroux forderte und die Russos sich vehement dagegen widersetzten. Und immer noch träumt sie von einer besseren Welt. Wir auch.
Kulturkampf um Burkini
In Flandern gibt es derweil den Beginn einer neuen Polemik. Nach dem Vorbild einiger französischer Küstenorte fordert nun auch die N-VA, ein Burkini-Verbot für die belgische Küste. Hier handelt es sich ja um einen Ganzkörper-Badeanzug für muslimische Frauen. Der Vorstoß der N-VA-Abgeordneten Nadia Sminate stößt aber sogar schon in den Küstenorten auf ein gewisses Unverständnis. "Für die Küsten-Bürgermeister gab es bislang noch kein Burkini-Problem", bemerkt etwa De Standaard.
Mal wieder ein klassischer Fall von "Stichflammenpolitik, kritisiert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Gewisse Politiker in diesem Land können es nicht lassen! Bei jedem Problem, das plötzlich auftritt, präsentiert man postwendend irgendeinen unausgegorenen Gesetzestext und tut ganz nebenbei so, als würde besagtes Problem dadurch mit einem Mal gelöst. Die Besonderheit im vorliegenden Fall ist, dass es im Vorfeld eigentlich noch nicht einmal ein Problem gegeben hat. Und was soll das eigentlich? Früher bestand ein Bikini noch für so manchen aus zu wenig Stoff, und jetzt soll wohl eine maximale Textilnorm zu einem angeblich westlichen Wert verklärt werden.
Der Burkini ist offensichtlich die perfekte Islamdiskussion für das Sommerloch, beklagt De Standaard in seinem Kommentar. Da sieht man mal, wie giftig der derzeit wütende Kulturkampf geworden ist. Im Namen der Freiheit und der westlichen Werte wollen Menschen anderen Menschen vordiktieren, was sie am Strand zu tragen haben.
Mal abgesehen von Werten wie Religionsfreiheit vielleicht noch eine praktischer Frage: Muss dann nicht auch der Neopren-Anzug verboten werden, den schließlich auch weibliche Surferinnen tragen? Ein etwaiges Burkini-Verbot ist ein Zeichen von mangelndem Selbstvertrauen und ist eigentlich nicht mehr und nicht weniger als ein Angstkrampf.
3.000 Knöllchen pro Tag
"Drei Belgier waren bei der Gründung des Islamischen Staats anwesend", so die Aufmachergeschichte von De Morgen. Es waren wohl drei frühere Mitglieder der Islamistenorganisation Sharia4Belgium. Die waren im Frühjahr 2013 in einer Villa in der Nähe von Aleppo in Syrien. Und in eben dieser Villa hat der Anführer der Terrororganisation IS damals das Kalifat ausgerufen.
"Die Erde ist schon jetzt 1,3 Grad wärmer", titelt De Standaard. Das haben wohl neue Messungen der NASA ergeben. Und demnach wäre es also schon jetzt unmöglich, die Klimaschutzziele von Paris noch zu erreichen. Der letzte Monat, also Juli 2016, das war der wärmste Monat aller Zeiten.
"Jeden Tag werden in Frankreich 3.000 Belgier geblitzt", schreibt schließlich Het Nieuwsblad. Die Belgier sind dafür bekannt, dass sie in Frankreich immer wieder wegen überhöhter Geschwindigkeit auffallen. Das gilt übrigens auch umgekehrt. Jedenfalls kommen da insgesamt 100.000 Knöllchen zusammen, und das allein im Monat Juli - und das ist eine Steigerung um 30 Prozent.
Roger Pint - Foto: Dirk Waem/BELGA