Heute vor 20 Jahren wurde der Kindermörder Marc Dutroux festgenommen. Vor allem die frankophonen Zeitungen beschäftigen sich ausführlich mit der Dutroux-Affäre, ohne dem Thema jedoch große Schlagzeilen auf den Titelseiten zu widmen. Nur La Libre Belgique zeigt ein Bild von Dutroux, wie er am 16. August 1996 in Neufchateau an der Seite eines Polizisten in Handschellen aus einem Auto steigt. "Die Dutroux-Affäre erzählt von Staatsanwalt Bourlet", titelt die Zeitung. Bourlet hatte damals die Ermittlungen im Fall Dutroux geleitet.
La Dernière Heure kommentiert: Vor 20 Jahren haben wir ein Wechselbad der Gefühle erlebt. Zuerst Freude und Erleichterung, als wir von der Festnahme Dutrouxs erfuhren und zwei verschwundene Mädchen gefunden wurden. Doch dann der Horror, als die ganze schreckliche Wahrheit ans Licht kam. 20 Jahre später sitzt Dutroux immer noch im Gefängnis. Durch ihn ist ein ganzes System zusammengebrochen, in dessen Folge die Gendarmerie abgeschafft und die Justiz reformiert wurde, aber auch eine gewisse Form der Unschuld in Belgien verloren gegangen ist. Und wir sind uns bewusst, dass einer unserer Landsleute es geschafft hat, sich in die Reihe der schlimmsten Serienmörder der Geschichte einzureihen, so La Dernière Heure.
La Libre Belgique meint: In der beklemmenden Atmosphäre, die sich nach der Festnahme von Dutroux in Belgien ausbreitete, haben uns die Eltern der Opfer eine unglaubliche Lektion in Sachen Mut, Leben und Weisheit gegeben. Ihnen wollen wir an diesem Jahrestag unseren Respekt erweisen. Gleich, welchen Weg sie eingeschlagen haben, diese Eltern haben immer ein vorbildliches Verhalten gezeigt, sich stets zurückhaltend geäußert. Im Gegensatz zu den verbalen Entgleisungen anderer der letzten Tage. Diese Eltern sind keine Ikonen, sie haben nie das Rampenlicht gesucht. Sie haben lediglich versucht, weiter zu leben – mit ihrer Geschichte, ihren Erinnerungen und ihrer Zukunft, schreibt La Libre Belgique.
Le Soir zieht eine bittere Bilanz: Das damals so populäre "Nie wieder" hat nichts gelöst. Auch heute werden Kinder noch sexuell missbraucht, und Pädophile haben sogar mehr Möglichkeiten als früher. Im Internet sind heutzutage Sachen möglich, die es vor 20 Jahren noch nicht waren. Und in Belgien kann ein Pädophiler während seiner Haft nicht dazu gezwungen werden, sich behandeln zu lassen. Er kann jahrelang seine Neigung unterdrücken, um sie dann wieder vollkommen und womöglich noch viel stärker auszuleben, wenn er wieder freigelassen wird. Einen Zwang zur Behandlung einzuführen wäre ein begrüßenswerter Schritt, findet Le Soir.
Die Gehälter der Bürgermeister
Das GrenzEcho berichtet auf seiner Titelseite, dass Eupens Bürgermeister Karl-Heinz Klinkenberg "Top-Verdiener in der DG" ist. Das Blatt hat für die Deutschsprachige Gemeinschaft die Statistik ausgewertet, die das Internetportal Cumuleo zu den Gehältern von Belgiens Bürgermeistern veröffentlicht hat. Klinkenberg verdient demnach 63.172 Euro brutto im Jahr.
Auch die Wirtschaftszeitung L'Echo widmet sich dieser Statistik und kommentiert: Das ist ein prima Thema für angeregte Gespräche beim Aperitif. Viele werden die Gehälter als enorm empfinden, die ein Bart De Wever in Antwerpen, ein Yvan Mayeur in Brüssel oder auch ein Willy Demeyer in Lüttich verdienen. Aber sind die Gehälter tatsächlich übertrieben? Nein. Denn erstens spiegeln sie die Verantwortung wider, die das Verwalten solcher Städte mit sich bringt. Und zweitens sind sie durch das Gesetz festgelegt, so L'Echo.
Het Nieuwsblad meint dazu: Bürgermeister verdienen nicht zu wenig. Aber es gibt zu viele von ihnen. Um es klar auszudrücken: Fusionen sind die einzige Lösung. Eine Gemeinde mit weniger als 50.000 Einwohnern, die das ganze Programm einer Verwaltung stemmt, von Sicherheit bis zur Bildung, ist nicht zu verantworten. Das Zusammenlegen von Gemeinden, wenn es gut vorbereitet ist, sollte niemand fürchten. Für Flandern scheint das elementar. Um die Verwaltung finanziell weiter stemmen zu können, sollten Gemeindefusionen auch zwangsweise angeordnet werden können, findet Het Nieuwsblad.
Was für ein Fiasko!
L'Avenir kommentiert die Entscheidung des Staatsrats, die Wettbewerbsprüfung der frankophonen Medizinstudenten zu kippen: Was für ein Fiasko! Wie soll man die aktuelle Situation jetzt beurteilen? Sicher ist auf jeden Fall, dass der zuständige Minister Marcourt, die Universitäten und die frankophonen Medizinstudenten sich in einer schönen Sackgasse befinden. Das ist ein Albtraum.
Warum sind die Verantwortlichen nicht in der Lage, sich auf ein System zu einigen, das sowohl vom rechtlichen Standpunkt, als auch von menschlicher Seite akzeptabel ist? Und man darf sich auch fragen: Warum wollte Minister Marcourt unbedingt ein eigenes System auf den Weg bringen, wo es doch in Flandern schon seit Jahren ein gutes System gibt, das prächtig funktioniert?, fragt L'Avenir.
Putin droht mit Krieg, um Monster-Abkommen zu erpressen
De Morgen beschäftigt sich mit dem Säbelrasseln an der Krim: Die russischen Truppenmanöver der vergangenen Tage lassen nichts Gutes erahnen. Es scheint deutlich, dass Putin mit Krieg droht. Gleichzeitig macht Putin aber auch deutlich, dass er die Verhandlungen nicht aussetzen will. Er droht einen Krieg an, um einen Deal zu schließen. Ein Monster-Abkommen zu den Konfliktherden Ukraine und Syrien, durch den gleichzeitig die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden. Sollte es nicht dazu kommen, dann hat Putin noch mal russische Stärke demonstriert. Eine etwas undurchschaubare Politik ist das, aber sie ist typisch russisch, wie schon Winston Churchill vor 77 Jahren festgestellt hat, so De Morgen.
Kay Wagner - Foto: David Martin/BELGA