"Putin und Erdogan versöhnen sich", titelt La Libre Belgique. "Tüfteln Russland und die Türkei an einer neuen Partnerschaft gegen den Westen?", fragt sich Het Belang van Limburg. "Erdogan zu Besuch bei seinem 'neuen Freund' Putin in St. Petersburg", so die Schlagzeile von De Standaard.
Nach Monaten der Eiszeit haben sich die Präsidenten Russlands und der Türkei gestern getroffen und die Differenzen zwischen beiden Ländern beigelegt. Das Gipfeltreffen sollte aber auch ein Zeichen an den Westen sein, bemerken die Zeitungen. Dazu schreibt L'Echo: Recep Tayyip Erdogan spielt mit dem Feuer und wendet sich von seinen Partnern im Westen ab. Die laizistische und demokratische Türkei ersetzt er durch ein Land mit Führerkult – und ignoriert dabei die Lehren der Vergangenheit.
"Willkommen in der Demokratur", schreibt La Libre Belgique unter einem Foto von Putin und Erdogan. Vielleicht sollte man dem "Zar und dem Sultan" mal erklären, dass Demokratie nicht nur darin besteht, einmal gewählt zu werden. Rechtsstaat und bürgerliche Freiheiten gehören ebenso dazu. Bis auf die unterschiedlichen Ansichten im Syrienkonflikt sind Ankara und Moskau nach neunmonatigen Turbulenzen und einem Flugzeugabschuss wieder auf der gleichen Wellenlänge.
Europa braucht die Türkei – umgekehrt gilt das aber viel mehr
Het Belang van Limburg sieht in der plötzlichen neuen Freundschaft eine deutliche Warnung an den Westen. Um die EU zu erpressen, richtet die Türkei ihren Blick gen Osten und droht damit, das Flüchtlingsabkommen aufzukündigen. Sollte das passieren, wird uns das teuer zu stehen kommen, befürchtet die Zeitung. Denn dann kann die Flüchtlingskrise sehr schnell in eine neue, gefährliche Phase übergehen.
De Morgen sieht das anders: Natürlich ist die Europäische Union in der Flüchtlingsfrage auf die Türkei angewiesen. Die Abhängigkeit ist umgekehrt aber viel stärker. Für die Türkei ist Europa schon allein aus wirtschaftlichen Gründen überlebenswichtig. Und eine funktionierende Wirtschaft ist das Fundament der Popularität Erdogans. Die finanziell angeschlagenen Russen sind da sicher keine Alternative. Wir müssen uns in dieser Richtung also im Moment noch nicht zu viele Sorgen machen und können Ankara weiter auf die Missstände im Land hinweisen. Zumindest so lange, wie wir Europäer mit einer Stimme sprechen, meint De Morgen.
Bürgermeister-Sheriffs im nuklearen Wilden Westen
"Die N-VA will Bürgermeister-Sheriffs", titelt Le Soir. Parteichef Bart De Wever fordert im Kampf gegen den Terror neue Maßnahmen und mehr Befugnisse für die Bürgermeister. Im Rahmen seines belgischen "Patriot Act" will er Stadtvätern wie sich selbst unter anderem erlauben, Telefonabhörungen anordnen zu können und vermeintliche Gefährder präventiv festsetzen zu lassen. Innenminister Jan Jambon, ebenfalls N-VA, lehnt den Vorstoß seines Parteivorsitzenden zwar nicht grundsätzlich ab, will aber zunächst die bestehenden Antiterror-Gesetze auf weitere Anwendungsmöglichkeiten prüfen. Die drei Koalitionspartner CD&V, OpenVLD und MR sind hingegen strikt gegen De Wevers Ideen.
Sorgen um die Sicherheit in Belgien macht man sich auch auf der anderen Seite des großen Teichs, wie Het Nieuwsblad berichtet. Ein amerikanischer Uniprofessor aus Texas hat jetzt eine Petition gestartet, um eine geplante Lieferung von 134 Kilogramm angereichertem Uran an das Atomforschungszentrum in Mol zu verhindern. Seine Argumentation: Das radioaktive Material sei hier nicht sicher und könnte in die Hände von IS-Terroristen gelangen. Ein Lieferstopp hätte zur Folge, dass Krankenhäuser weltweit nicht mehr mit den für den Betrieb medizinischer Geräte notwendigen Isotopen versorgt werden könnten, die zu einem großen Teil aus Mol stammen.
Bikinis, Callgirls und Handschellen
Die Zeitungen blicken auf die Olympischen Spiele in Rio. Het Nieuwsblad befasst sich mit dem total unterschiedlichen Bild der Frau in der Welt und illustriert das mit einem Beachvolleyball-Foto: auf der einen Seite des Netzes eine deutsche Spielerin im knappen Bikini-Outfit, auf der anderen eine Ägypterin mit Kopftuch und Ganzkörper-Burkini.
La Libre Belgique regt sich über die 4x200 Meter-Freistil-Staffel der belgischen Schwimmer auf, die zunächst nicht bei Olympia antreten wollte, um sich für die Einzelwettkämpfe zu schonen. Würde Dummheit weh tun, hätte es im belgischen Schwimmteam Tote gegeben, schimpft die Zeitung. Wer nicht bereit ist, an allen Wettkämpfen teilzunehmen und sein Bestes zu geben, hat bei den Olympischen Spielen nichts zu suchen. Die Schwimmerstaffel ging letztlich aufgrund des massiven öffentlichen Drucks doch an den Start – und erreichte sogar das Finale.
Während Goldmedaillengewinner Greg Van Avermaet gestern bei seiner Rückkehr in Belgien wie ein Held empfangen wurde, hat sich Bronze-Judoka Dirk Van Tichelt ein blaues Auge geholt. Wie Het Laatste Nieuws meldet, geschah dies während der Partynacht nach dem Sieg. Die genauen Umstände sind unklar, die Gerüchteküche brodelt aber. Angeblich waren ein Diebstahl, ein Callgirl und Handschellen im Spiel ...
Alain Kniebs - Bild: Alexander Nemenov/AFP