Der Doppelmord während einer Verhandlung in einem Brüsseler Friedensgericht ist heute das Aufmacher-Thema der gesamten belgischen Inlandspresse.
„Justiz mitten ins Herz getroffen“, titelt De Standaard. Der Doppelmord an einer Friedensrichterin und ihrem Mitarbeiter während einer Verhandlung gehe wie eine Schockwelle durch die belgische Justiz, meint die Zeitung. Diese Gewalttat an einem symbolischen Ort des Rechtsstaates, einem Friedensgericht nämlich, treffe auch unsere Demokratie ins Herz, zitiert De Standaard den scheidenden Premierminister Yves Leterme.
Im Leitartikel fragt das Blatt, ob denn kein Jahr vorbei gehen könne, ohne dass unsere Gesellschaft durch eine Tat unbegreiflicher Gewalt aufgeschreckt wird. Der Eindruck, dass diese Form von grundloser Gewalt bei uns und anderswo häufiger auftritt als früher, lasse sich schwerlich widerlegen. Verschärfte Kontrollen zur Feststellung wer in Gerichtsgebäuden ein- und ausgeht und um festzustellen ob Personen bewaffnet sind, seien längst überfällig, meint die Zeitung.
Het Nieuwsblad macht mit der Balkenüberschrift „Doppelmord im Friedensgericht“ auf. Im Leitartikel meint das Blatt, dass die Kaltblütigkeit mit der die beiden Morde im Gerichtssaal verübt wurden, im krassen Gegensatz zu jener Arbeit stünden, die an Friedensgerichten geleistet werde. Das Drama, das sich bei einer Verhandlung abgespielt habe, sei kaum in Worte zu fassen. Der Mord zeige, dass die Gewalt in unserer Gesellschaft außer Kontrolle zu geraten scheint. Gleichzeitig, so der Kommentar in Het Nieuwsblad, sorge die Tat dafür, dass die Diskussion über mehr Sicherheit erneut angefacht wird.
Für La Libre Belgique ist der Doppelmord gestern ein kriegerischer Akt gegen die Friedensgerichte. Auch diese Zeitung geht in ihrem Leitartikel heute auf die Thematik der Sicherheitsvorkehrungen in hiesigen Gerichtsgebäuden ein. Das Drama habe sich in einem Gerichtssaal abgespielt, der nicht weit von Brüssels größtem Gerichtsgebäude an der Place Poulard entfernt liegt und von dem man immer wieder hört und kritisiert, dass es an Sicherheitsmaßnahmen dort mangele. Die Feststellung, dass das Drama sich mitten in einer Umgebung abgespielt habe, in der häusliche Zwiste mit angemessenen Lösungen geschlichtet würden und die weit von den harten Sanktionen von Strafgerichten entfernt seien, mache sprachlos, kommentiert La Libre Belgique. Auch deshalb müsse sichergestellt werden, dass die beiden Opfer von gestern, die während der Ausübung ihrer noblen Pflicht getötet wurden, nicht für weitere ähnliche Taten den Weg frei machen.
L'Avenir sieht die Justiz im Land im Schockzustand. Die Juristen im Land seien konsterniert und würden fordern, dass vor Entscheidungen die aktuelle Situation erst einmal analysiert werde. Eine Bluttat, wie die von gestern, würde man eher in einem Strafgericht erwarten. Über Sicherheitsvorkehrungen in Friedensgerichten habe man bislang auch nicht nachgedacht, da Vorfälle wie die gestern dort noch nie vorgekommen sind.
Auch für Le Soir ist der Doppelmord von gestern mit der Tötung der Justiz aus nächster Nähe zu vergleichen. Im Leitartikel kommentiert die Brüsseler Tageszeitung den Doppelmord als etwas Unerträgliches. Der Mann, der kaltblütig zwei erfahrende Juristen erschossen habe, habe damit ein Symbol unseres Rechtsstaates angetastet. Richter ständen nicht über dem Gesetz, wie die Akte Fortis gezeigt habe. Dennoch könnten sie ihre Arbeit nur dann richtig machen, wenn sie von Beleidigungen, Bedrohungen und selbstverständlich physischer Gewalt, die hier sogar zum Tode führte, geschützt werden, meint Le Soir.
Für La Derniere Heure zeugt die Tat von der Geringschätzung eines Menschenlebens durch den Täter. Dennoch, so schreibt die Zeitung, beabsichtige Justizminister Stefan Declerck nicht Gerichtsgebäude in Banken oder Tresorräume zu verwandeln.
Auch das Grenz-Echo hat das Blutbad in dem Brüsseler Justizgebäude auf der Titelseite und meint, dass die Tat wohl ein Racheakt für ein Urteil im Rechtsstreit um das Sorgerecht der Kinder des Täters war.
Het Laatste Nieuws spricht dann auch von einer doppelten Exekution. Die Morde seien äußerst kaltblütig geschehen. Der Todesschütze habe die beiden Opfer aus nächster Nähe mit Kopfschüssen hingerichtet. Bis es dazu kam, habe der Mann zwei Stunden lang im Gerichtssaal ausgeharrt, um dann zuzuschlagen.
De Morgen meint, dass die Gewalt gegen Friedensrichter seit Jahren zunimmt. Richter dieser Instanz klagten seit längerem über die Zunahme von Aggressionen gegen sie, doch Justizminister Declerck habe sich gestern davor gehütet vorschnelle und einfache Schlüsse zu ziehen. Ja, die Sicherheit in Gerichtsgebäuden müsse verbessert werden, zitiert De Morgen den scheidenden Minister. In erster Linie gelte dies aber für Strafrechtsangelegenheiten.
Gazet Van Antwerpen macht mit der Balkenüberschrift „Aus Rache exekutiert“ auf. Und auch dieses Blatt meint, dass unser Land nach dem Doppelmord gestern im Schockzustand sei.
Het Belang van Limburg fügt hinzu, dass es das erste Mal in der Geschichte des Landes war, dass ein Richter während einer Verhandlung im Gerichtssaal ermordet wird.
Bild: belga