"Rio im Bann der Ringe", titelt De Standaard. "Jetzt müssen unsere Sportler glänzen", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Vor wenigen Stunden sind in Rio de Janeiro die Olympischen Sommerspiele feierlich eröffnet worden. Für die Zeitungen kam allerdings die Eröffnungsfeier zu spät, deswegen gibt es also noch keine Fotos etwa vom Entzünden der Olympischen Flamme.
Fast alle Blätter beleuchten das Ereignis aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Zunächst der sportliche Aspekt: "Zum Angriff, Greg!", fordert etwa Het Nieuwsblad. Gemeint ist der Radprofi Greg Van Avermaet. Heute um 14:30 Uhr wird nämlich schon das Straßenradrennen gestartet. Auf vielen Titelseiten prangen denn auch Fotos der belgischen Mannschaft, mit, neben Van Avermaet, auch Leuten wie Philippe Gilbert oder Tim Wellens. Neben den Radfahrern sieht man aber auch Fotos der Judoka Charline Van Snick. Auch die Lütticherin wird schon heute Nachmittag auf der Matte stehen. "Gibt’s schon heute Abend die erste Medaille?", fragen sich denn auch erwartungsvoll Het Laatste Nieuws und L'Avenir. Insbesondere Charline Van Snick zählt in ihrer Gewichtsklasse in jedem Fall zu den Favoritinnen.
Andere Zeitungen dagegen beschäftigen sich mit dem Ereignis an sich. "Es werden Chaos-Spiele", orakelt etwa De Standaard. Hintergrund sind die sozialen Proteste, die diese offiziell 31. Olympiade begleiten. Beim Fackellauf, der die Olympische Flamme ins Stadion bringen sollte, gab es immer wieder Zwischenfälle. Viele Brasilianer kritisieren die enormen Geldsummen, die das Ereignis verschlungen hat, während sich die Lebensbedingungen der Bürger in den letzten Jahren eher verschlechtert haben. "Steckt Olympia in der Sinnkrise?", fragt sich denn auch L'Avenir. Diese Spiele in Rio sind ja mit Gesamtkosten von offiziell rund elf Milliarden Euro noch vergleichsweise günstig. Die Russen haben für ihre Winterspiele vor zwei Jahren in Sotschi offenbar 51 Milliarden ausgegeben.
Gigantismus nennt man sowas, meint dazu L'Echo in seinem Leitartikel. Immer größer, immer teurer. Nur ist Rio eben nicht London, wo ja 2012 die letzten Sommerspiele stattfanden. Seit Rio den Zuschlag bekommen hat, ist es mit Brasilien wirtschaftlich eigentlich stetig bergab gegangen. Und auch politisch ist das Land zerrüttet.
Machen wir das Beste daraus
Statt Rio hätte es auch Brüssel sein können, bemerkt dazu De Standaard. Wir erinnern uns: 2003 wollte der damalige flämische Ministerpräsident Bart Somers die Olympischen Spiele unbedingt nach Flandern holen. Damals wie heute versprach man sich davon einen enormen wirtschaftlichen Impuls. Wahrscheinlich hätten wir gerade im Moment aber wie in Rio eher einen enormen wirtschaftlichen Kater. Auch hier wären wahrscheinlich die Kosten aus dem Ruder gelaufen. Die Blamage, die Brasilien im Moment erleben muss, die ist uns in jedem Fall erspart geblieben.
Man kann nur hoffen, dass das Internationale Olympische Komitee seine Lehren aus dem Fiasko ziehen wird, hofft Het Nieuwsblad. Wäre es nicht eine Möglichkeit, die Spiele künftig an einem festen Ort stattfinden zu lassen, wo eben die Infrastruktur existiert und nur aufgefrischt werden müsste? Das ist wohl leider eine Utopie. Ebenso wie der olympische Slogan "Dabei sein ist alles". Dem Sportliebhaber wie dem Durchschnittsbrasilianer bleibt nichts anderes übrig, als sich zu sagen: Die Spiele finden jetzt nun mal statt, lasst uns das Beste daraus machen.
Immer auch ein politisches Symbol
L'Avenir hebt in seinem Leitartikel den Fall der syrischen Schwimmerin Yusra Mardini hervor, die im olympischen Flüchtlingsteam antritt. Die Spiele waren immer auch politisch, beziehungsweise symbolisch. 1936 führt der schwarze Läufer Jesse Owens die nationalsozialistischen Rassetheorien ad absurdum, im Jahr 2000 paradieren die Sportler der beiden koreanischen Staaten unter einem Banner und jetzt eben ist Yusra Mardini ein Symbol für die Hoffnung auf Frieden in Syrien.
La Libre Belgique wagt ihrerseits einen Rückblick und erinnert an die "Zehn schönsten Olympiasiege". Darunter sind zum Beispiel Mark Spitz, der 1972 sieben Goldmedaillen im Schwimmen holte. Oder der Langstreckenläufer Emil Zátopek, der 1952 drei Mal Gold gewann, oder der Äthiopier Abébé Bikila, der 1960 den Marathon auf nackten Füßen gewann.
Der unsichtbare Premierminister und die Prachtkerle
Ganz anderes Thema auf Seite eins von Le Soir. "Es gibt keinen Premierminister in Belgien", so die fette Schlagzeile. Das ist natürlich eine Provokation - und die kommt von John Crombez, dem Vorsitzenden der flämischen Sozialisten SP.A. Seiner Ansicht nach verhält sich Charles Michel viel zu passiv. Der Premierminister sollte besser mal die N-VA zur Ordnung rufen, meint Crombez, etwa wenn die Partei von Bart De Wever mit Rassismus flirtet oder Grundprinzipien der Demokratie wie die Meinungsfreiheit aushebeln will.
Het Laatste Nieuws schließlich singt ein Loblied auf die Spezialeinheiten der Föderalen Polizei. "Seit den Anschlägen von Paris hatten wir schon 51 Einsätze", sagt deren Chef auf Seite eins. Seit dem vergangenen 13. November ist also die Elitetruppe der Polizei quasi im Dauereinsatz. "Obgleich meine Jungs dabei ständig ihr Leben aufs Spiel setzen, bleiben sie motiviert", sagt Hauptkommissar Ivo Vereycken.
Auf diese Jungs können wir stolz sein, meint Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar. Ihr Chef nennt sie "Prachtkerle", das ist aber noch untertrieben. Die Mitglieder der Sondereinheiten sind auch in diesen Ferienzeiten permanent in Bereitschaft, fit, nüchtern, motiviert, wachsam. Wenn Sie an diesem Wochenende ihren Grill anschmeißen, dann sollten Sie eben auch mal an diese Männer denken, die zu den Aushängeschildern unseres demokratischen Rechtsstaates gehören.
Roger Pint - Bild: Franck Fife/AFP