Heute bringt La Libre Belgique ein Interview mit dem MR-Präsidenten Didier Reynders. Er unterstreicht, nach den Wahlen müsse es möglich sein, über eine Ausdehnung der Region Brüssel zu verhandeln. Diese müsse nicht unbedingt territorial sein, sondern könnte auch aus einer Ausweitung der Kompetenzen der französischen Gemeinschaft bestehen.
Die wichtigste Frage, die sich heute stelle, sei, ob noch der Wille zum Zusammenleben im belgischen Staat bestehe und ob man noch ein gemeinsames Projekt für Belgien habe. Reynders fügt hinzu, Bart De Wever könne separatistische Absichten haben, aber er werde sich ihm entgegen stellen. Es werde De Wever auch nicht gelingen, das Ende des Minderheitenschutzes herbei zu führen.
De Standaard notiert in seinem Kommentar: Die ausländischen Investitionen in der Wallonie nehmen zu. Das ist gut für die Wallonie aber auch für Flandern, das kein Interesse daran hat, dass die andere Region arm bleibt. In der Wallonie versteht man jetzt, dass es besser wäre, in verschiedenen Bereichen eine eigene Politik führen zu können. Diese Einsicht kann die Verhandlungen über die nächste Staatsreform stark vereinfachen. Die cdH-Vorsitzende hat das noch nicht verstanden und kommt mit veralteten geopolitischen Träumen über eine Ausweitung von Brüssel und einen Korridor durch Flandern, der Brüssel mit der Wallonie verbindet. Sie ist schlimmer als der FDF-Vorsitzende Maingain.
Auch Gazet Van Antwerpen ist entrüstet: Milquet schlägt für Brüssel eine doppelte Ausbreitung vor: eine soziologische mit Kraainem und einigen anderen Randgemeinden und einen Korridor zur Wallonie. Diese Forderungen sind nicht nur Wahlpropaganda für die eigene Gemeinschaft. Milquet meint, was sie sagt. Die Ausweitung von Brüssel ist für sie die Vorbedingung für Verhandlungen mit Flandern über eine Staatsreform und die Spaltung von B.H.V. Die Flamen haben es viel zu weit kommen lassen.
Het Laatste Nieuws behauptet: Die cdH von Milquet wird mit ihren gemeinschaftspolitischen Forderungen radikaler als die FDF. Milquet ist in Panikstimmung und befürchtet, dass ihre Partei in Brüssel von der FDF und in der Wallonie von PS und Ecolo überholt wird. Das erklärt ihr Verhalten. Ausgerechnet sie wagt es, den Flamen vorzuwerfen, an ihrem Grundgebiet festzuhalten. Ein großer Teil der Frankophonen respektiert nach 40 Jahren Staatsreform noch immer nicht die Aufteilung des Landes in Gliedstaaten. Sie wollen nichts davon wissen, dass in einem Land die Regionen eine Grenze und ein eigenes Grundgebiet haben können.
Het Nieuwsblad behauptet: Milquet muss wissen, dass ihre Forderungen bei gleich welcher flämischen Partei keine Chance haben. Anscheinend ist die Versuchung, vor den Brüsseler Wählern einen Schaukampf mit der FDF zu führen, sehr groß. Doch da die cdH so gut wie sicher in der nächsten Regierung sitzt, ist das besorgniserregend. Man kann nur hoffen, dass die cdH einsieht, dass ihre Präsidentin selbst zum Teil des Problems wird. Einige Parteien wollen offensichtlich die Ergebnisse früherer Staatsreformen in Frage stellen. Milquet will die Sprachengrenzen von 1963 ändern. Maingain will nicht begreifen, dass die Randgemeinden der flämischen Regierung unterstellt sind. Die N-VA will mit ihren konföderalen Plänen die Region Brüssel zur Diskussion stellen. Das alles schafft kein Vertrauen, das notwendig ist, um aus der Sackgasse zu geraten.
De Morgen glaubt, dass die flämischen Christdemokraten eine Wahlniederlage erleiden werden. Sie versuchen, wieder glaubwürdig zu sein und geben sich staatsmännisch. Sie rufen die verdienstvolle Vorsitzende Thyssen als Kandidatin für das Amt des Premierministers aus. Doch Thyssen lässt spüren, dass das nicht ihre freie Entscheidung war, sondern dass sie verpflichtet wurde. Die Wähler spüren, dass etwas nicht stimmt. Wenn die CD&V auf 20% der Stimmen sinken sollte, wäre das das schlechteste Resultat ihrer Geschichte.