"Das Haus steht in Flammen und der Brandstifter ergreift die Flucht", so die Schlagzeile auf Seite eins von Het Laatste Nieuws. Die Rede ist von Nigel Farage. Der hat gestern seinen Rücktritt als Vorsitzender der europafeindlichen Ukip-Partei bekanntgegeben. "Der Exit von Mister Brexit", so bringt es Gazet van Antwerpen auf den Punkt. Farage gilt als Anstifter des Brexit-Referendums und spielte auch eine Schlüsselrolle in der Wahlkampagne.
Das Foto einer weiteren Galionsfigur des Brexit-Lagers prangt heute auf Seite eins von De Morgen. "Die Zukunft verspricht fabelhaft zu werden", sagt Boris Johnson. Das ist eigentlich ein Zitat aus einem Meinungsbeitrag, den Johnson in einer britischen Zeitung veröffentlichte und den De Morgen heute abdruckt. Darin wirft der frühere Londoner Bürgermeister der amtierenden britischen Regierung unter anderem vor, keinen Plan für einen Brexit vorbereitet zu haben.
Dreiste Angsthasen
Das muss man sich erst mal trauen, meint De Morgen in einem wütenden Leitartikel. Vielleicht hätte Johnson auch mal selbst über einen solchen Plan nachdenken können. Johnson verhält sich wie ein Pyromane, der sich nach getaner Arbeit noch das Feuer anschauen kommt und dabei nicht zögert, die Feuerwehr zu kritisieren. Ähnlich dreist verhält sich sein geistiger Verbündeter Nigel Farage. Auch der suchte nach dem Brexit-Votum das Weite. Das belgische politische Personal hat uns ja schon an einiges gewöhnt. Aber eine derart feige Bande von Angsthasen wie diese "Brexiteers", die sucht ihresgleichen. Zurück bleibt ein Land, das binnen kürzester Zeit von einem robusten EU-Mitgliedstaat zu einem Update der Weimarer Republik mutiert ist. In Großbritannien ist die Systemkrise inzwischen total.
Nur wenige Politiker haben wohl in letzter Zeit so wenig Respekt vor ihren Wählern gezeigt wie die britischen, meint auch Gazet van Antwerpen. Die Schlüsselfiguren des Brexit-Lagers machen sich nacheinander durch die Hintertür davon. Besonders krass ist der Fall des Nigel Farage. Der zieht sich zwar aus der Verantwortung, indem er den Parteivorsitz abgibt, hält aber an seinen Posten als EU-Parlamentarier fest. Was macht er eigentlich noch da? Längst ist klar, dass die britischen Politiker die fast schon existentielle Brexit-Frage einzig und alleine für die eigenen, persönlichen Belange missbraucht haben. Sie hinterlassen einen Scherbenhaufen. Und büßen müssen die Bürger.
Die Herren Farage, Johnson und Cameron haben wohl gute Aussichten auf den britischen Filmpreis BAFTA, frotzelt Het Laatste Nieuws. Die schauspielerische Leistung dieser Leute ist einfach phänomenal. Farage und Johnson mussten gleich nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse schon zurückrudern. Beide wussten, dass sie ihre Versprechen nicht halten können. Jetzt inszenieren sie ihren Abgang. Und die Exit-Strategie von Farage lautet offensichtlich: Füße hoch, Bierchen und Zigarette und warten, dass die Abgeordneten-Diät aufs Konto überwiesen wird.
Steuerkrieg und Erosionserscheinungen
Thema Brexit auch auf Seite eins von Le Soir. "Großbritannien schwingt die Steuerkeule", so die Schlagzeile. Der britische Finanzminister George Osborne hat die Idee in den Raum gestellt, die Körperschaftssteuer auf 15 Prozent abzusenken. Großbritannien würde damit in gewisser Weise zum Steuerparadies. Das wäre ein gefährliches Spiel, sagt ein Experte in der Zeitung. Am Ende droht ein Steuerkrieg.
Großbritannien hat nun also doch als Erster geschossen, konstatiert Le Soir in seinem Leitartikel. Das Ganze trägt doch bizarre Züge. London beginnt die Kraftprobe, hat aber nach wie vor sein offizielles Austrittsgesuch nicht gestellt. Die Androhung einer Senkung der Unternehmenssteuer stellt die EU jedenfalls schon auf die Probe. Die Gefahr ist groß, dass einzelne Mitgliedsstaaten sich auf das Spiel mit der Steuerschraube einlassen werden. Die EU muss schnellstens die Reihen schließen. Ansonsten droht die Implosion.
Auch De Standaard glaubt, Erosionserscheinungen zu beobachten. "Die Kontrolle zurückgewinnen", das war der Wahlspruch der "Brexiteers". Und das scheint auch andere EU-Staaten umzutreiben. In Italien zögert die Regierung von Matteo Renzi nicht, die angeschlagenen Banken mit staatlichen Geldern zu stützen; und das entgegen aller EU-Wettbewerbsregeln. Der französische Premierminister Manuel Valls will seinerseits einseitig die so genannte Entsenderichtlinie aussetzen. Sie alle glauben, dass die EU derzeit kein Interesse daran hat, sie an diesen Maßnahmen zu hindern. Die inzwischen abgetretenen Propheten des Brexit haben auch in Resteuropa die Dämme brechen lassen.
Weniger Straftaten?
Gute Neuigkeit auf Seite eins von Het Laatste Nieuws: "Die niedrigsten Verbrechensstatistiken seit 15 Jahren", so die Schlagzeile. Seit dem Jahr 2000 hat die Polizei noch nie so wenige Straftaten registriert wie jetzt. Bei La Dernière Heure liest sich das aber ganz anders: "Die wahren Kriminalitätsstatistiken", verspricht die Zeitung auf Seite eins. Demnach hat unter anderem die Zahl der bewaffneten Raubüberfälle stark zugenommen; auch der Waffenhandel legte um die Hälfte zu.
Neues von Abaaoud, Abrini und Abdeslam
"Der Zugriff von Verviers vereitelte die Festnahme von Abdelhamid Abaaoud", so die Aufmachergeschichte von L'Avenir. In Verviers war ja Anfang vergangenen Jahres eine Terrorzelle ausgehoben worden. Der mutmaßliche Drahtzieher, Abdelhamid Abaaoud, hielt sich damals in Griechenland auf. Die griechischen Behörden werfen jetzt den belgischen Kollegen vor, die Terroristen aufgescheucht zu haben; anderenfalls hätte man Abaaoud wohl geschnappt. Abaaoud soll ja später die Anschläge von Paris organisiert haben.
Apropos: "Abrini belastet seinen Kumpel Abdeslam", berichten heute unter anderem Le Soir und Het Nieuwsblad. Laut dem "Mann mit Hut" soll Salah Abdeslam eine deutlich wichtigere Rolle eingenommen haben als bislang vermutet.
La Libre Belgique blickt schließlich in den Weltraum: "Angriff auf den Jupiter", titelt das Blatt. Zu sehen ist die Weltraumsonde Juno, die heute die Umlaufbahn des Jupiters erreichen soll. In den nächsten anderthalb Jahren soll Juno den größten Planeten unseres Sonnensystems ausgiebig erforschen.
RoP - Bild: Ben Stansall (afp)