Man kann durchaus darüber diskutieren, ob man nur praxisgerecht bauen will oder ob man den großen Wurf will.
Nur, man hat nicht mal diskutiert. Die Folge: Viele Bürger fühlen sich vor den Kopf gestoßen, ein Schöffe reagiert zufrieden mit der Feststellung, diese Bürger hätten "sich damit abgefunden".
Die Strategiefehler auf Ebene der Standortpolitik sind weitreichender. Von den Folgen her, aber auch vom Eindruck, es fehle am Interesse für strategische Positionierung. Das gab es doch, mag man einwenden, mit der Erneuerung der Innenstadt. Die erhofften Folgen aber stoßen unweigerlich an ihre Grenzen, denn Eupen ist nun mal, von der Lage her, und der Mehrwertsteuersätze, kein Magnet als Einkaufsstadt.
Aber, Eupen hat etwas, was andere nicht haben: Es ist ein historischer Park. Barock, Rokoko, Empire, Historismus, - und, bis Donnerstag: Reformstil. Gibt es anderswo auch, mag man einwenden, aber dann in Großstädten, mit horrend-teuren Parkhäusern, über große Areale verstreut.
Eupen dagegen: überschaubar, mit leichter Patina, einer Altstadt am Fluss, und Wald in Reichweite. Ein Trumpf in Zeiten der Entschleunigung. Da denkt man auch an Stavelot, oder an andere Ardennenstädte - Malmedy ist ein Sonderfall.
Eupen aber auch. In keiner Stadt der Euregio lässt sich Geschichte so erfahren. Und wenige haben so viele Gassen wie das Städtchen der Habsburger, der Franzosen, der Preußen und der Belgier. Da hätte, bei geschickter Vermarktung, ein Art-déco-Bad gut ins Konzept gepasst.
Ein solches Ausflugsziel, warum nicht mit dem Gütesiegel "Vintage", ländlich und städtisch gleichzeitig, mit Weser, Hill, Wiesen und Wald, mit billigen Parkplätzen und großzügigen Kontrolleuren - abschreckendes Beispiel: Verviers - , würde darüber hinaus automatisch Besucher in Geschäfte locken.
Die Bausubstanz mag marode gewesen sein, in Teilen. Welch eine großartige Herausforderung für Bauherren und Architekten, wenn es so war: Dann schrie das Bad geradezu nach kreativen Ideen und Materialien, um es in eine zukünftige Erinnerungskultur hin zu überführen. Die Herausforderung wäre umso reizvoller gewesen, da das Bad, abgesehen von seiner unbestreitbaren baulichen und landschaftlichen Ästhetik, eine Spielart des eigenständigen Reformstils darstellte.
Sich jetzt noch Gedanken machen, den Schriftzug zu übernehmen, ist müßig. Diese wunderbare art-déco-Schrift war mit-stilbildend für die 1930er Jahre. Sie dürfte nicht zum Neubau passen. Das kann so peinlich sein wie die Wortklauberei des anderen Schöffen, das Kombibad - weil es nicht schwimmend von drinnen nach draußen gehe - sei doch eigentlich keines...!
Frederik Schunck
Danke Herr Schunk. Sie greifen das auf was ich schon vor einem guten Jahr geschrieben hatte. Nur die Referenz "Einmal Prinz zu sein" reicht nicht für den notwendigen Weitblick in Sachen Stadtmarketing. Da die Bürger aber am liebsten Alaafmänchen ihre Stimme geben, sollten sie sich im Nachhinein nicht wundern wenn soviel Weitsicht dabei rauskommt.