Zahlen, Statements, einige Artikel und natürlich der Haushalt selbst. Der wurde am Donnerstagabend verabschiedet. Mit den Stimmen der Mehrheit - nichts anderes wäre hier zu erwarten gewesen.
Sei es der Schuldenstand, die Ausgabenpolitik oder eventuelle Sparmaßnahmen. Es ist die Aufgabe der Opposition, die Entscheidungen der Mehrheit zu hinterfragen. Und dass bei solch komplexen Themen wie dem Haushalt unterschiedliche Sichtweisen entstehen, ist natürlich.
Schlimm ist aber, wenn selbst die Abgeordneten sich gegenseitig vorwerfen, man benutze falsche Zahlen oder man benutze die Zahlen falsch. Hier zeigt sich ein Problem, das viel größer ist, als die Meinungsverschiedenheiten zwischen Opposition und Mehrheit, die sich gegenseitig vorwerfen, ihre Reden nur mit den Zahlen zu "dekorieren", die ihnen in den Kram passen.
Das Problem ist nämlich nicht nur, dass Zahlen so eingesetzt werden, dass sie die jeweilige Position des Redners untermauern, sondern dass die Haushaltsdebatte - und das nicht nur im PDG - für die meisten Bürger unverständlich ist. Da wird mit Zitaten, Berechnungen, Ergebnissen, Projektionen und Fachbegriffen nur so um sich geworfen. Zwischendurch nutzen alle Beteiligten die Redezeit, um ihren politischen Kurs, beziehungsweise ihre Entscheidungen, zu verteidigen. Das könnte man sich auch sparen.
Wie der Name schon sagt, geht es bei einer Haushaltsdebatte um das nächste Jahr. Statt für Rückschau und Selbstbeweihräucherung sollte man die Zeit lieber für verständliche Statements und eine echte Debatte nutzen. Denn es heißt zwar Haushaltsdebatte, aber debattiert wird hier herzlich wenig.
Die eigentliche Diskussion über den Haushalt findet in den Ausschusssitzungen statt. Und zwar in denen, die - trotz Parlamentsreform - weiterhin nicht öffentlich sind. So geht man in eine dreitägige Debatte, deren Ergebnis schon gedruckt ist. Überspitzt gesagt wäre das ungefähr so, als würde man zwei Wochen über ein Klimaabkommen "verhandeln", dessen Text schon komplett vorliegt.
Trotzdem ist die Haushaltsdebatte wichtig. Sie bietet dem Parlament die Möglichkeit, seine Entscheidungen und Diskussionen nach außen hin zu kommunizieren. Die Plenarsitzung ist die Möglichkeit für den Bürger, die Debatte im Ausschuss nachzuvollziehen und die Argumente aller Seiten zu hören. Und gerade deswegen ist es auch so wichtig, dass die Abgeordneten darauf achten, dass die Debatte auch für nicht-Wirtschaftswissenschaftler verständlich bleibt.
Hier bleibt einiges zu tun. Viele Begriffe sind eben gerade nicht einfach zu erklären. Und teilweise hat die Politik ihr Problem auch schon selbst erkannt. Man macht Videos, richtet einen Livestream ein und gibt auch sonst in vielen Bereichen Geld für Kommunikation aus. Nur bei den Reden im Parlament ist dieser lobenswerte Ehrgeiz leider noch nicht angekommen - oder können Sie jetzt den Unterschied zwischen Schuldenstand und der kumulierten Unterfinanzierung der DG erklären?
Dass bei solchen Debatten also irgendwann Politikverdrossenheit aufkommt, ist mehr als verständlich. Dabei ist gerade das die größte Gefahr für unsere Demokratie. Wenn Bürger und Politiker sich nicht mehr verstehen, entsteht Raum für Populismus und Verschwörungstheorien. Die Politik sollte sich das zu Herzen nehmen, egal in welcher Partei. Denn als Vertreter des Volkes sind die Abgeordneten nicht nur verpflichtet, Entscheidungen im Sinne des Volkes zu treffen, sondern auch, diese in verständlicher Art und Weise mitzuteilen. Das könnte man zum Beispiel in der Zeit tun, die bisher für Rückschau und Eigenwerbung drauf gegangen ist.
Anne Kelleter - Bild: Achim Nelles/BRF