Zweifellos hat er auf das Selbstverständnis der Ostbelgier Einfluss gehabt. Also, zumindest gilt das für die Generation, die groß geworden ist, als sich Belgien veränderte. Als es plötzlich hieß: Es gibt drei Gemeinschaften, darunter eine deutsche Kulturgemeinschaft.
Wie schön, dass es da eine Bundesrepublik gab, mit einem Kanzler Helmut Schmidt, und einen Vorgänger wie Willy Brandt. "Willy wählen" hatte leidenschaftlich Günter Grass gefordert, den die jungen Ostbelgier zusammen mit Heinrich Böll entdeckt hatten, als sie noch große Schüler waren.
Willy Brandt, das war doch jemand anders als der steife Kurt Georg Kiesinger, den Beate Klarsfeld geohrfeigt hatte - ein Vorfall, der uns große Schüler dazu brachte, sich gewisse Fragen zu stellen, die in Ostbelgien noch als Tabu galten, während die ersten der sogenannten 'jungen Historiker' damit begannen, diese Episoden anzuschneiden, in der Hoffnung einer späteren Aufarbeitung.
Das Schöne an Deutschland von Helmut Schmidt und Willy Brandt: Als junger Ostbelgier brauchte man sich dessen nicht zu schämen und war bereit für das neue Denken im neuen Belgien.
Man freute sich, wenn Schmidt telegen im Fernsehen seinen Freund Valérie anrief, Valérie Giscard d'Estaing, als Frankreich und Deutschland, Paris und Bonn, die Motoren der Europäischen Gemeinschaft waren, mit der Währungsschlange, in der Zweiteilung Europas, mit dem Nervenkitzel um die RAF, in der Revolutionäre Terroristen gebaren, in der Welt von NATO und EG, die so so herrlich überschaubar war.
Frederik Schunck - Foto: Achim Nelles/BRF