"Amerika, Du hast es besser", hieß es mal, als die Saturn-Rakete zur Rampe in Cape Canaveral gerollt wurde, als Steve Mc Queen als Bullit den Achtzylinder röhren ließ... überhaupt, der Ford Mustang! Jim Morrisson ließ die Beatles alt aussehen, aber das war schon nicht mehr das Amerika von Cape Caneveral und den adretten Amerikanern mit Bürstenharschnitt, das war bereits die Woodstock-Ära.
Dabei hatte die Wiege in Europa gestanden, auf der Isle of Wight, aber das wurde ausgeblendet. Überhaupt kam schnell die Ernüchterung: das Verbrechen der CIA am 11. September in Santiago de Chile, und das Napalm-verbrannte Mädchen in Vietnam.
Überhaupt: Weshalb nehmen die USA keine flüchtenden Iraker und Syrer auf, wäre doch logisch, oder? , nachdem die USA geglaubt hatten, mit den Grenzen von Syrien und dem Irak spielen zu können, die im Zuge des Ersten Weltkriegs künstlich gezogen worden waren.
Doch das bringt uns vom Thema ab: Wieso protestieren viele vorwiegend junge Leute gegen TTIP und sind amerikahöriger als ihre Vorgänger? Diskussionslos wurde sie übernommen, die "political correctness", die ihre Kinder gebar in Form von Donald Trump in Amerika und Lutz Bachmann in Europa, als Reaktion und Gegenentwurf. Unterwürfig wird sie übernommen, die Prüderie des amerikanischen Mid-West, auf Facebook, gierig wird sie umschlungen, die digitale Kopie von Quelle, Otto, und Trois Suisses.
Wäre es noch was neues, Amazon: Ist es nicht mal, es hat aber, mit willfähiger Begeisterung der Europäer geschafft, dass es jetzt in Europa Sozialdumping gibt, bei den "pickern" und "packern" besagter Firma, und bei der Post. Gerne wird geordert, und dann lamentiert über den Leerstand der Geschäfte in Eupen - und anderswo auch, wenn Zalando erst mal schwarze Zahlen schreibt. Amerika hat gute Schüler in Europa, letztgenannte Firma kokettiert damit, ohne Gewinn zu arbeiten, bis die Konkurrenz am Boden liegt.
Seit Monaten kämpft die deutsche Gewerkschaft Verdi, ohne sichtlichen Erfolg vor deutschen Gerichten gegen Amazon, in dessen Mutterhaus in Phoenix, USA, inzwischen schon Führungen angeboten werden, um die "pickers" bei der Arbeit zu betrachten. "So exciting!" Auf drei Monate ausgebucht, schockt es sogar die Frankfurter Allgemeine, die dem Phänomen eine ganze Seite widmet.
Nein, Europa braucht kein TTIP, um seine Gene zu verraten, bereitwillig von vielen seiner Bürger und aus Trägheit von seinen institutionellen Repräsentanten, die es nicht geschafft haben, europaweite soziale Standards durchzusetzen.
Heißt das jetzt, das TTIP widerspruchslos zu akzeptieren? Gefährlicher noch als das TTIP wäre die Versuchung, mit dem Protest sein Gewissen zu beschwichtigen, als Konsument und als Politiker. Soll man das doch mal aufgreifen...meinetwegen auf Facebook!
Frederik Schunck - Foto: Achim Nelles/BRF
Dass viele Nachteile (z.B. Lohndumping, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Billigprodukte), die TTIP für Verbraucher und kleine & mittlere Unternehmen mit sich bringen wird, leider heute schon vielfach erkennbar sind, soll uns gerade davor warnen und davon abhalten, dieses transatlantische Handelsabkommen zu unterzeichnen. Dass die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden und immer mehr Politiker sich von den Wirtschaftlobbyisten vereinnahmen lassen, gibt Anlass zu den schlimmsten Befürchtungen. Umso lobenswerter ist die konsequente Haltung unseres EU-Abgeordneten Pascal Arimont.