Natürlich ist es nicht falsch, die Ponys auf der Eupener Kirmes vom Frondienst in der Manege befreit zu haben. Immer im Kreis, aber immerhin hatten sie Bewegung, und mussten sich, anders als beim CHIO, als Fluchttiere nicht in ein artfremdes Dressurkorsett stecken lassen, dessen Pirouetten ihnen mit schmerzhaften Sporen und, je nach Trainer, mit verstörender Halswirbelüberdehnung anerzogen werden. Es ist schon eine erstaunliche gesellschaftliche Akzeptanz für den Zwang, der dem Tier angetan wird. Das gleiche gilt für seine Leidensgenossen beim Springen und führt nicht selten in die Abdeckerei.
Immerhin werden sie vor ihrem Tod betäubt, die armen Ferkel werden es nicht immer, vor der Kastration. Und die Schafe? Es ist noch nicht so lang ein Thema, zum ersten Mal hörte ich davon in Brüssel, auf Wohnungssuche. Ich erhielt die Wohnung, weil "ein Mieter wie Sie ja kein Schaf in der Badewanne ausbluten lassen, n'est-ce pas Monsieur ?". Ich konnte die Vermieterin beruhigen. Damals noch ein Anlass, um zu witzeln, heutzutage hochpolitisch.
Was war das einfach, zur Zeit von Moses und von Mohammed, und auch noch von Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar. Es hatte was von Wüstenidyll: das Tier wurde auserkoren, gehegt und gepflegt, auf arabisch oder aramäisch, und, ehe es sich versah, erfolgte der schnelle, gottesfürchtige Schnitt. Und ersparte dem Tier, von einem Raubtier gerissen zu werden.
Aber, wir sind nicht mehr in biblischen Zeiten. Und deshalb scheint mir die ganze Prozedur auch recht aus der Zeit gefallen, in urbanen Gesellschaften mit Massenschlachtung. Doch das ist rational gedacht und somit wenig geeignet, wenn es um religiöse Vorstellungen geht.
Würde eine vorherige Betäubung das Los des Tieres verbessern? Zweifellos, aber, machen wir uns nichts vor, anders als früher in der Wüste riechen die Tiere den Tod, schon auf dem Weg zum Schlachthof. Sie sind höchstgradig gestresst, wie der belgische Tierarztverband das Wort Todesangst umschreibt. Das gilt übrigens auch für tausende Rinder und Schweine vor dem Bolzenschuss, nach einem Tierleben, dass jeder Vorstellung von artgerechter Haltung spottet. Vielleicht sind es Dokus wie kürzlich bei der ARD über die sogenannten Turbokühe, die noch am ehesten bewirken, dass der Verbraucher den Ruf nach Mengenbegrenzung der Milch unterstützt. Das war nicht Thema in Libramont.
Natürlich war es verlockend für den umtriebigen Minister Ben Weyts in Flandern, mittelfristig eine Zwangsbetäubung überall zu fordern, nicht nur in den zeitweiligen, sondern auch den festen Schlachthöfen.
Die Lämmer zum Opferfest und die Weyts-Wähler werden es zu schätzen wissen, da kam ihm ausgerechnet die jüdische Gemeinschaft dazwischen, und schwang nicht weniger als die Auschwitzkeule. Adolf Hitler sei es zuletzt gewesen, der ihnen die rituelle Schächtung verboten habe. Und Weyts musste erkennen, was für die einen halal, ist für die anderen koscher. Zudem dumm für ihn, dass seine Partei, die N-VA, - Antwerpen verpflichtet - die Diamantenlobby sehr rücksichtsvoll behandelt, auf jeden Fall fiskalpolitisch. So wird das generelle Verbot des Schächtens ohne Betäubung in Flandern wohl noch etwas auf sich warten lassen.
In der Wallonie sorgte der Amtskollege von Weyts, Di Antonio, für eine Lachnummer, als er todernst ankündigte, Hausschlachtungen seien erlaubt, aber mit Betäubung. Als ob das jemand kontrollieren könnte; Realpolitisch reagierte die Region Brüssel: sie belässt es schon mal beim alten.
Die Föderalregierung kann dabei entspannt zuschauen: Vorgänger Di Rupo hatte Reizthemen wie Tierschutz, aber auch Aktivierung älterer Arbeitsloser den Gliedstaaten weitergereicht, ebenso wie die Befugnisse, bei denen die Gliedstaaten Geld verloren. Was Bart De Wever dann auch dazu brachte, das ganze als eine Pseudo-Reform abzulehnen.Der Treppenwitz der Geschichte ist, dass die Parteien der Regierung Di Rupo diese auf den Weg gebracht hatte, um De Wever den Wind aus den segeln zu nehmen und ihn fernzuhalten. Was dann bekanntermaßen dann daneben ging, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Nun ist De Wever dabei und hatte beim Casting seiner Minister eine geschickte Hand: der besonnen wirkende Jambon, der cool auftretende Van Overtveldt, und der mit erstaunlicher Fortüne agierende Theo Francken, mit dem wohl schwierigsten Ressort. Der bekam in dieser Woche ein Geschenk von einer immer nervöser wirkenden PS, einen Vergleich mit einem Primaten. Auf Twitter favorisiert von PS-MP Demotte: ein Fußballfan erhält für so etwas Stadionverbot, auch nach einem "Sorry".
Frederik Schunck - Foto: Achim Nelles/BRF