Machen wir uns nichts vor! Mit offenen Armen wird wohl kaum jemand die Asylbewerber empfangen und vermutlich noch weniger, sie akzeptieren. Das ist in den letzten Wochen und Monaten seit der Bekanntgabe des Standorts Eupen in der Öffentlichkeit deutlich geworden. Auch wenn
Stammtischparolen gewiss nicht das Maß der Dinge sind, Volkes Stimme ist es schon eher. Am meisten kocht die Volksseele wegen der Lokalität.
Asylbewerber im Bellevue! Das frühere Krankenkassenkurheim in bester Wohnlage, quasi in Eupens Villenviertel. Selbst die Stadt hat damit ihre
Probleme, auch wenn sie erst gar nicht um ihre Meinung gefragt wurde. Egal wie man's dreht: Eine bessere Immobilie hätte man nicht finden können. Die Einen sehen sich in all ihren Vorurteilen bestätigt, dass es Asylanten hierzulande oft besser gehe als bedürftigen Belgiern. Die
Anderen verstehen es als demonstrative Willkommensgeste - als Zeichen, dass es den ausländischen Hilfesuchenden nicht schlechter ergehen soll als den Einheimischen.
Sicher: Einige Dinge in der belgischen Asylpolitik sind nicht dazu angetan, Volkes Aufbegehren zu besänftigen. Man denke nur an das Gerichtsurteil vom Oktober, das den belgischen Staat und die föderale Behörde zur Unterbringung von Asylbewerbern Fedasil zu einem Zwangsgeld von 500 Euro pro Tag und Person verdonnert, falls sie es nicht schaffen, den Asylanten innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine menschenwürdige Unterkunft zu besorgen. Immerhin hat der belgische Staat deshalb in den letzten Monaten über 200.000 Euro hinblättern müssen.
Solche abstruse Urteile haben die Gemüter im Land
nur negativ aufgeheizt . Und man kann Verständnis dafür haben, auch wenn man weiß, dass Zwangsgelder oft provokativ gemeint sind. Selbst wenn nur gut 50 Asylanten, die sich mit dem Gesetz gut auskannten oder sich gut beraten ließen, fettes Geld kassiert haben, ändert das nichts am eigentlichen Problem.
Das Problem ist das heillose Durcheinander in der belgischen Ausländerpolitik, um die seit Jahren in sinnlosen Grabenkämpfen gefochten wird. Das linke und grüne Lager ist für ein ausländeroffenes Einwanderungsland Belgien und hat dies quasi zur Leitideologie gemacht. Das konservative und rechte Parteienlager stemmt sich dagegen und steht auf Abwehr. Das Ergebnis: In regelmäßigen Abständen werden die Bestimmungen über die Regularisierung der Zuwanderer geändert. Vor allem in Sachen Bleiberecht fehlt das Konzept.
Die Ausländerbehörde, aber auch die Gemeinden, wie in diesem Falle Eupen, müssen ausbaden, was die Politik versäumt hat. Mehr noch: Die belgische Ausländerpolitik ist zu einem Paradox geworden. Während Belgien als Kern- und Gastland der EU stolz auf seine
Multikultigesellschaft ist, wird es von europäischen Gerichtsinstanzen wegen seiner Abschiebelager, den sogenannten geschlossenen Asylbewerberzentren verurteilt. Das Problem haben nicht einmal Hardlinerstaaten wie die Schweiz. Die Völkerwanderung der modernen Zeit ist eine der Folgen von politischen Umbrüchen und wirtschaftlicher Globalisierung. Früher oder später sind wir alle davon betroffen. Da bringt es nichts, die Augen zu verschließen und nur zu wettern.
Aufnahme und Integration von Zuwanderern sind ein heikles, delikates und schwieriges Feld. Solange man nicht direkt damit konfrontiert wird, lässt sich leicht philosophieren. Phrasendrescherei bringt uns nicht weiter. Und es bringt auch nichts, die Asylanten zu verstecken, sie zu meiden und in Deckung zu gehen. Das löst die Probleme nicht - insofern es sie gibt. Der direkte Kontakt, die unvoreingenommene Begegnung sind der bessere Weg - er bietet zumindest die Chance, den natürlichen, den selbstverständlichen Umgang miteinander zu üben und zu erlernen.
Miteinander statt Nebeneinander. In Manderfeld hat man so schlechte Erfahrungen damit nicht gemacht. Das dürfte auch für Eupen gelten. Die Asylanten kommen: Sie werden zur Nagelprobe, nicht für die Demokratie, sondern für den toleranten Umgang miteinander.