Er sei Christ, gehe regelmäßig in die Messe und zur Kommunion und stehe zu seinem Glauben,war der Ecolo-Co-Präsident von der Tageszeitung Le Soir zitiert worden.
Das, was Javaux eher beiläufig in dem Interview zugab, hat Politiker und Medien aufgeschreckt. Umgehend wurde gemutmaßt, jetzt wisse man, weshalb Ecolo mehr Affinität etwa zur CdH habe als beispielsweise zu den Liberalen.
Andere wiederum sahen darin eine Gefahr für die Trennung zwischen Kirche und Staat. Warum eigentlich?
Es ist Javaux' - wie jedes anderen- ureigenes persönliches Recht, sich zu einer Religion oder einer Glaubensrichtung zu bekennen. Es ist sein moralisches, sein ethisches Recht als Privatperson, sich als Christ zu outen. Das kann ihm niemand streitig machen und das ist auch gut so.
Ob sein Bekenntnis als Christ seine politischen Sensibilitäten steuert oder das politische Parteiengefüge beeinflusst, ist ein ganz anderes Thema.
Wenn Javaux als neue Leitfigur der Grünen, als mediengewandter und medienbeliebter Politiker etwas sagt, hört man genau hin. Sein Wort hat Gewicht. Das sieht man bei Fernsehdebatten genau so wie bei parteistrategischen Entscheidungen. Aber es wäre ein Armutszeugnis für die gesamte Ecolo-Partei, wenn nur Javaux den Kurs und die Koalitionen zu bestimmen hätte. Eine unrealistische Urangst also.
Aber nicht wenige Politiker haben natürlich ein Interesse daran, die Ängste zu schüren, weil sie sich oft nur von der ethischen Einstellung her definieren statt über Programminhalte. Wie anders ist die harte Kritik der CdH-Vorsitzenden Joelle Milquet zu erklären, die Javaux' Äußerungen als schockierend empfand? Hat sie Angst, Javaux wolle im Wählerpotential der Zentrumshumanisten wildern?
Aber: Ist christliche Überzeugung nur ein Privileg der CdH? Wie anders wäre auch der lauthalse Protest einer sozialistischen Laurette Onkelinx gegen die Ernennung des konservativen Bischofs von Namür, André-Joseph Léonard, zum neuen Primas von Belgien zu erklären?
Die bekennende Laizistin wetterte offen und ungeniert gegen Léonard und sah sogar den belgischen Kompromiss in Gefahr. Wenn Onkelinx' Aufschrei gespielt war, war er unredlich. Wenn er ehrlich gemeint war, lässt er tief blicken.
Sicher ist der Graben zwischen Laizisten und Katholiken in Belgien tief, das hat historische Gründe. Wer regelmäßig Umgang mit Frankophonen in der tiefen Wallonie pflegt, der kennt den Begriff 'calotin' zur Genüge, den Begriff, der ursprünglich nur die Zuordnung zur katholischen Kirche aussagt, in Wirklichkeit aber für viele ein Schimpfwort ist. Viele in sozialistischen Hochburgen sind nicht gut auf die calotins zu sprechen.
Wenn Onkelinx auch heute noch das Schlimmste von Léonard befürchtet und ihm Einmischung in die ethisch-politische Diskussion vorhält, ist das nicht nur mangelnder Respekt vor den Überzeugungen der Andersdenkenden. Es erinnert unweigerlich an den unseligen Schulkampf der 50er Jahre mit den unsinnigen Folgen, die sich noch heute bemerkbar machen.
Zum Glück sieht man das in der DG anders. Hier hat man pragmatisch und unvoreingenommen staatliche und konfessionelle Schulnetze verzahnt - mit positiven Wechselwirkungen im Sinne einer größeren Effizienz. Die Folge: statt alter Grabenkämpfe friedliche Koexistenz und viel Gemeinsamkeit.
Und außerdem: Würde man Onkelinx‘ und Milquets Logik und Ängste auf die DG übertragen, wäre hier keine andere politische Konstellation als mit der CSP möglich und akzeptabel. Dann wäre die CSP unverzichtbar und unumgänglich. Das ist aber von der Realität längst widerlegt.
Natürlich macht die Trennung von Kirche und Staat Sinn und ebenso natürlich ist eine wechselseitige Einmischung nicht wünschenswert. Aber die Kirche hat das Recht, sich auch politisch in wichtigen Gesellschaftsfragen zu Wort zu melden - und sei es nur als moralische Autorität.
Ich bin mir sicher: In der DG, wo die christliche Tradition ja seit jeher tief verwurzelt ist, hätte kein Politiker die unsinnige Debatte losgetreten. Man hätte sie erst gar nicht zugelassen.
Der Wirbel um Javaux' Glaubensbekenntnis - ein Kommentar
Hohe Wellen schlägt seit Tagen und Wochen das Bekenntnis des führenden Ecolo-Politikers Jean-Michel Javaux, dass er bekennender Christ sei. Nach der Offenbarung hagelte es Kommentare in der belgischen Öffentlichkeit. Wie kaum anders zu erwarten, haben sich Politiker und Medien des Themas bemächtigt - mit oft fadem Beigeschmack.