Am Feiertag des Heiligen Oliver war es soweit: nach vierwöchigen Verhandlungen war der Olivenbaum geplanzt. Im Französischen hat das -für den, der mag- eine symbolische Bedeutung: Olivier steht im Französischen zugleich für den Olivenbaum.
Den drei Parteien bleibt es zu wünschen, dass sich das Schicksal des Olivenbaums nicht an der Vita des Namenspatrons orientieren wird. Der Heilige Oliver, eines gewisser Oliver Plunkett, lebte im 17ten Jahrhundert in Irland und nahm im Rahmen von religiösen Auseinandersetzungen ein wenig beneidenswertes Ende: er wurde erst gehängt, dann seiner Eingeweide entleert und am Ende auch noch gevierteilt.
Ein böses Omen? Mitnichten! Und auch vor dem Hintergrund der schweren Krise sei kein Platz für Untergangsstimmung, betonte PS-Chef Elio Di Rupo. Die Olivenbaum-Partner wollen trotz der leeren Kassen Optimismus und Tatendrang an den Tag legen, das Beste draus machen.
Stellt sich die Frage: Ist das Beste gut genug?
Wo ist denn bitte der Ethik-Tornado, der die Wallonie durchwirbeln und bei dieser Gelegenheit von ihren Schwarzen Schafen befreien sollte, höhnte schon die Presse. Tatsächlich greifen etwa die Maßnahmen zur Beschränkung von Ämterhäufung erst bei der nächsten Wahl, also 2014. Auch die Reform der Provinzen wird frühestens 2012 wirklich Gestalt annehmen können.
Hier wurde man wohl von der Realität eingeholt: man konnte tatsächlich schwerlich die Spielregeln für ein Parlament ändern, das schon eingesetzt, dessen Abgeordnete schon vereidigt waren.
Anderer möglicher Kritikpunkt: ist es vertretbar, wenn man erst für 2015 wieder ein Haushaltsgleichgewicht anstrebt? Die Frage mag sich nicht nur aus volkswirtschaftlicher Sicht stellen, sondern auch im Hinblick auf die Positionierung den Flamen gegenüber. Die wollen nämlich doppelt so schnell wieder eine schwarze Null schreiben.
Die Antwort des Olivenbaums entbehrt aber auch nicht jeder Logik: man wollte verhindern, dass man zur Krise noch eine weitere Portion Krise gibt; im Klartext: die Aussichten sind ohnehin schon düster genug, da konnte man den Bürgern nicht auch noch eine Rosskur verordnen.
Zwei Einwände: erstens: die wenigsten Maßnahmen tragen effektiv Preisschilder; vieles bleibt im Vagen. Daraus erwächst die Gefahr, dass man sich nicht an eine Haushaltsdisziplin hält, die nicht wirklich beziffert worden ist.
Damit einhergehend, das zweite Problem: wenn der Olivenbaum das Haushaltsgleichgewicht für 2015 anpeilt, dann kann man unterstellen, dass die Partner sich da nur vordergründig am Föderalstaat orientieren. 2015, das ist nämlich eigentlich nicht mehr das Problem der aktuellen Regierung; die Legislaturperiode endet 2014.
Man könnte wohl noch eine Reihe anderer Punkte ausgraben, die sich nicht mit den hehren Vorsätzen vereinen lassen, die die Olivenbaumpartner im Vorfeld gefasst hatten. Hier steht vor allem ECOLO im Fokus. Die Grünen sind in der wenig beneidenswerten Lage, dass man ihnen ständig die Liste der Prioritäten unter die Nase halten wird, über die man sich am Ende dann doch hinweggesetzt hat. Damit tut man den Grünen Unrecht. Erstens: eine Koalition ist immer auch ein Kompromiss. Und zweitens: Zu behaupten, man habe das alte Koalitionsabkommen genommen, und überall das Wörtchen "Grün" hinzugefügt, ist schlichtweg falsch. Nicht nur im Bereich Umweltschutz, überall taucht das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung auf, selbst in Bereichen, wo man es gar nicht vermuten würde.
Die Partner haben sich nämlich nicht darauf beschränkt, dass jeder die Kapitel verfasst, die ihm am Herzen liegen; vielmehr haben PS, CDH und ECOLO jeweils ihre Zutaten beigesteuert, um eine gemeinsame Suppe zu kochen. Jeder könne sich mit dem Text identifizieren, sagten die Partner im Chor; ganz bewusst habe man es bislang sogar noch vermieden, die Ressorts zuzuordnen. Das Koalitionsabkommen -immerhin 500 Seiten stark- soll jetzt für die nächsten 5 Jahre sozusagen die Bibel des Olivenbaums sein. Und es ist ein ehrgeiziges Programm. Jeder weiß: das Geld fehlt. Aber dafür fehlt nicht die Ambition. Das Koalitionsabkommen an sich enthält eine Fülle von Ansätzen, von Ideen, von Impulsen.
Gleiches gilt im übrigen auch im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Namür und Eupen. Nicht nur, dass der DG eigens ein Kapitel gewidmet wurde; der Olivenbaum signalisiert zugleich Dialogbereitschaft und Offenheit.
Man wisse um die Sonderstellung der DG; und bei allen Entscheidungen, die einen Einfluss auf den Alltag in den Gemeinden oder der Gemeinschaft haben könnten, würden die Deutschsprachigen konsultiert.
Und dann noch die angestrebte Provinzreform. Über diesen Weg könnte die DG sozusagen als Trittbrettfahrerin am Ende doch noch dazu kommen, zumindest einige Provinzzuständigkeiten auf dem Gebiet der 9 Gemeinden auszuüben. Die Väter des Gedankens haben dabei zwar nicht unmittelbar an die DG gedacht, sie aber ausdrücklich auch nicht vergessen. Auch Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz lobte: das Abkommen enthalte tatsächlich eine ganze Reihe interessanten Ansätzen zur Vertiefung der Beziehungen zwischen der Wallonischen Region und der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Doch hier wie auch insgesamt gilt: es ist ein gesundes und viel versprechendes Olivenbäumchen, das da gepflanzt wurde; wie es sich entwickeln wird, das hängt allerdings von den Gärtnern ab. Jetzt ein Urteil zu fällen, wäre verfrüht; Bilanz gezogen wird in fünf Jahren.