Begründet wird der Schritt mit Sparzwängen. Es gab eine Reihe von Stellungnahmen, die nicht unbedingt die Erkenntnisse der Bürger mehrten. Stattdessen rüsten die jeweiligen Protagonisten zur psychologischen Kriegsführung auf, meint Frederik Schunck.
Wenn das der Mehrheit nicht ins Auge geht ... : sich ohne Not auf das glitischige Argumentationsparkett der Einsparungen zu begeben ... und sich damit den Argusaugen der Partei auszusetzen, die das Reizwort "Einsparung" bis an die Grenze des Populismus zu nutzen weiß, schwebt ihr doch ein Parlament mit 15 Mitgliedern und ein einziger Minister vor.
Eine mögliche Erklärung wäre, die Kritiker mit ihren eigenen Waffen zu schlagen wollen: Charles Servaty drückte es im BRF so aus: "Sie predigen Wasser, doch wollen auf Wein nicht verzichten", aber das wäre womöglich zu kurz gedacht. Denn die Kritiker haben nicht ungeschickt den Kampfplatz gewechselt: In ihrem Gegenvorschlag bitten sie ja nicht um die Fortdauer des Privilegs von 2004, das, davon darf man wohl ausgehen, wohl eher mit Blick auf den verlorenen Partner ECOLO zugebilligt worden war, nachdem die grüne Partei unter die Fraktionsgrenze geschrumpft war. Vivant hatte 2004 davon als Trittbrettfahrer profitiert.
Nein, Vivant pocht nicht auf die Verlängerung des Privilegs, sondern eröffnet eine neue Front: Die des demokratischen Mitspracherechts zu 100 Prozent: Weshalb die Hürde so hoch liegen lassen? Drei Sitze von 25, für den Fraktionsstatus, mit Abstimmungsrecht in den Ausschüssen, wenn die Hürde in den anderen Parlamenten des Landes so viel niedriger liege. Zwei auf 25 wären doch auch OK, so die Argumentation. Ein kluger Schachzug.
Die Mehrheit kann die ungeliebten Kritiker dann nicht des Schnorrens bezichtigen, sondern setzt sich dem Vorwurf aus, sich dieser Diskussion zu verweigern. Wenn, - ja, wenn es Vivant gelingt, dies zu vermitteln. Denn es ist ja nicht so, dass sich die Mehrheit außerhalb der demokratischen Grundordnung bewege: In jedem Parlament dieser Welt gibt es eine Hürde, um als Fraktion anerkannt zu werden. Und die Bürger würde es vielleicht interessieren, anhand einer umfassenden Erklärung, wer recht habe, derjenige der sagt, ein Absenken der Schwelle zum Fraktionsstatus sei ohne Mehrkosten zu erreichen, oder der, der sagt, das Gegenteil sei der Fall.
Nach dem jetzigen Quotensystem, würde sich nach BRF-Informationen die Zahl der Ausschussmitglieder erhöhen. Dies zu überprüfen, wäre Aufgabe der jeweiligen Protagonisten, und der Bürger hätte ein Anrecht auf fundierte Erklärungen. Ohne ernsthafte Erklärungen vermittelt die Sache den Eindruck einer kaltschnäuzigen Retourkutsche in Richtung Vivant. So bleibt dem Bürger der Eindruck, das alles sei Politik.
Schauen, wer das Rennen macht, wer seine Sicht der Dinge am besten verkaufen kann. Faites vos jeux. Der Bürger würde sich den Politikbegriff ernsthafter wünschen. Noch ist es nicht zu spät für umfassende Erklärungen. In der Erwartung derselben, darf sich der ostbelgische Bürger allerdings damit trösten, über eine Protestpartei zu verfügen, die nicht FN oder Belang heißt und in die er all seine politischen Utopien projezieren darf. Soll keiner sagen, die ostbelgische Politik sei nicht spannend.