Die Gefahr liegt in der unzureichenden Transparenz. Dies hat zur Folge, dass viele Bürger den Verdacht hegen, geschröpft zu werden, ohne dass das Ziel erreicht wird. Der Verlierer wäre der Rechtsstaat, der davon lebt, dass die Bürger sich mit seinen Gesetzen und Verordnungen identifizieren.
Transparenz wurde bisher nur bei der Inbetriebnahme geübt: dass der Faktor Geschwindigkeit an dritter Stelle der Unfallursachen stehe, dass die Anzahl und die Schwere der dort erfolgten Unfälle einer der Faktoren der Standortwahl sind , aber nicht die einzigen oder ausschlaggebenden, und dass die Polizei nur ausführendes Organ ist, die Beschlussfasser aber die Bürgermeister sind.
Dann dürfte man auch erwarten, dass diese in vorderster Front stehen, wenn es darum geht, dem Bürger die Urangst zu nehmen. Allein der im Raum stehende Vorwurf der Abzocke beweist, dass es mit der Akzeptanz der Entwicklung nicht zum Besten steht. Wahrscheinlich, weil die Bürger spüren, in welche Richtung die Entwicklung geht: in die einer flächendeckenden Kontrolle.
Dass die Entwicklung in diese Richtung geht, spürt der Bürger bereits an der Ausdehnung der 30-er Zonen: erst ausschliesslich vor Schulen, dann über ganze Strassenzüge.
Da zeigt sich bereits die Doppeldeutigkeit des Konzepts: Bürgermeister und Schöffen geben unumwunden zu, dass dies auf Wunsch der Anwohner geschieht; das muss nicht schlecht sein, es heisst aber nicht mehr und nicht weniger, als dass damit die Ebene reiner Sicherheitspolitik verlassen wird und vielmehr zu einer kommunalpolitischen Abwägung wird: handelt es sich bei den Anwohnern doch auch um potentielle Wähler. Die Kollegien sind um diesen Zwiespalt nicht zu beneiden.
Dass die Entwicklung in Richtung einer flächendeckenden Kontrolle geht, versteht jeder autofahrende Bürger, wenn er einmal durch Flandern fährt. Liest er zudem aufmerksam Zeitung, oder hört aufmerksam Radio, weiss er auch um den Druck des mächtigen flämischen Teilstaates, es ihm im Süden gleich zu tun, mit dem Argument Flandern sei es leid, die föderale Bussgeldkasse zu füllen. Weil es inzwischen um soviel Geld geht - allein die Geräte in der Zone Weser-Göhl kosten knapp 10 Millionen alter Franken - steht die Politik in der Pflicht, die Sinnhaftigkeit der Entwicklung zu erklären. Bisher geschieht das kaum oder mit Totschlagargumenten wie der Hinweis auf das Leben des Kindes. Gerade das Kind verdient ernsthaftere Argumente als hypothetische.
Wenn aus Flandern gemeldet wird, seit der feststehenden Geräte - viele davon blitzen allerdings auf Kreuzungen - sei die Zahl der Unfälle um so und soviel zurückgegangen, auf einem bestimmten Abschnitt, fällt keine Silbe darüber, wieviel Tage es mit oder ohne Blitzeis gab, mit oder ohne Nebel oder Aquaplaning. Und kein Wort über andere Faktoren wie Menge oder Marktpreis von Ecstacy oder Alcopops in diesem Zeitabschnitt.
Der bittere Beigeschmack ist ja der des Eindrucks, dass die Politik den Weg des geringsten Widerstandes geht: statt etwa konsequent und ständig die Parkplätze von Mega-Diskos überwachen zu lassen, wo - eine Reportage des RTBF-Fernsehens zeigte dies- gedealt wird, was das Zeug hält, ist es in der Tat bequemer Starenkästen zu installieren, die sich zudem durch ihre Erträge selbst finanzieren und so für ihre eigene Vermehrung sorgen können. Heisst es doch von föderaler Seite, die Erträge würden ausschliesslich in die Verkehrssicherheit fliessen. Doch dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die Reparatur von Strassenschäden über den Ertrag der Starenkästen finanziert wird, angesichts der leeren Kassen; in einer nächsten Phase vielleicht gar Teile der Sozialversicherung.
Die Versuchung für den Staat, eine Art Zusatzsteuer zu entwickeln, ist real, je grösser aber die flächendeckende Kontrolle wird und damit die statistische Wahrscheinlichkeit, erfasst zu werden, umso berechtigter ist die Sorge um soziale Gerechtigkeit: die ist jetzt schon zweifelhaft: 150 Euro sind für bestimmte Menschen ein soziales Drama, und begünstigt sind ganz klar die Reichen: die, deren Auto einen Tempomat hat. Alle anderen müssen immer wieder auf den Tacho schauen mit dem Risiko, leicht über dem Limit zu liegen.Hinzu kommt dabei, und das ist schwerwiegend: bei einigen Autos sind es grosse Digitalanzeigen mehr oder weniger in der Blickaxe des Fahrers. Alle anderen müssen den Blick von der Strasse nehmen, und absenken, zwischen die Speichen des Lenkrades , und dann wieder hochnehmen, , bei einer Fahrt von vierzig Minuten mehr als ein Dutzend mal.
Augenblicke, in denen der Fahrer keinen Kontakt zur Fahrbahn hat, und nicht sieht, ob ein Kind hinter einem geparkten Auto hervorschiesst. Doch, Stopp, Totschlagargumente sind abzulehnen, Tatsache ist aber: es gab eine Zeit, da zeichnete sich der verantwortungsvolle Fahrer dadurch aus, seine gefühlte Geschwindigkeit den Umständen an zu passen, und dabei voll konzentriert die Fahrbahn und das Geschehen auf ihr zu erfassen und zu antizipieren, ohne die Strasse und das,was sie umgibt, dabei aus den Augen zu lassen.
Das gibt es nun nicht mehr.
Die Zukunft gehört flächendeckender Kontrolle und Fremdbestimmung. Diesem Paradigmenwechsel ist nicht mit Totschlagargumenten gedient oder mit pauschalen Begründungen, wie "die Sicherheit erhöhen"; er bedarf einer nüchternen und schonungslos transparenten Argumentation