Erinnern Sie sich? Auf der einen Seite die attraktive Untersuchungsrichterin, die, wie später bekannt wurde, todkrank um ihre Ehre kämpfte, und auf der anderen Seite, später unbehelligt und befördert, ein verbissen drein schauender Gendarm.
Etwas weiter, damals noch ein Hoffnungsträger, später als Loser gebrandmarkt, der Vorsitzende: "Einer von Euch beiden lügt". Ein Satz, der Geschichte machte.
Die Dutroux-Untersuchungskommission hatte die Belgier mit dem Prinzip einer parlamentarischen Untersuchungskommission bekannt gemacht. Spätabends im Fernsehen frei Haus geliefert, und für hunderttausende Belgier ein Lehrstück in Sachen Staatskunde und Demokratie.
Es ging um entführte und geschändete Kinder, um die Frage, wer gepatzt hatte, und um die Frage, schlimmer, ob fahrlässig gepatzt wurde, oder gar willentlich. Des Monsters grauhaariger Anwalt, der während des Prozesses stets den Eindruck vermittelte, er hätte nichts lieber getan, als selbst die Ermittlungen leiten, hatte es unter seiner schwarzen Hornbrille in die furchtbare Vermutung gekleidet, ob nicht auf die Kinder geblickt worden sei, wie auf den Käse, ausgelegt für die Ratten.
Ein Vorwurf, der nie ernsthaft untersucht wurde und somit der Untersuchungskommission nur einen Teilerfolg bescherte. Diese wucherte dann mit ihren Empfehlungen, die in die Polizeireform mündete. Denn das ist die Crux einer Untersuchungskommission: Soll sie konsequent Fehlleistungen aufspüren, oder genügt es, zu helfen, solche in Zukunft zu vermeiden?
Ähnlich ist es mit der Fortis-Kommission. Soll sie tatsächlich Licht ins Dunkel bringen, oder beschränkt sie sich auf Empfehlungen für die Zukunft? Was schon nicht schlecht wäre. Wobei es illusorisch ist, dass sie zu dem Schluss kommen würde, gefährliche Verbindungen zwischen Justiz und Ministerialkabinetten ließen sich noch am wirkungsvollsten vermeiden, durch die Abschaffung derselben.
So wie in Holland, wo es für einen Minister unvorstellbar ist, angesichts bestehender Ministerien, zusätzlich über ein Kabinett zu verfügen. Aber der ist ja auch Calvinist und somit strengen moralischen Vorstellungen verpflichtet - oder zumindest, was er dafür hält.
Was der Belgier von der Fortis-Kommission wohl lernen kann, ist dass es um den Staat - die res publica der Römer - nicht automatisch gut bestellt wäre in der Richter-Republik, auf die sich Europa mit seinen
Verfassungsgerichten und Staatsratskammern zielsicher hinbewegt, angesichts der "guerre des juges", die hinter den Kulissen tobt.
"Einer hat gelogen", heißt es seit der letzten Episode, und deshalb das Gefühl von déjà vu. Lässt der Ausschuss sie tatsächlich im Raum stehen, die Frage, wer es war? War es jemand aus den Kabinetten oder tatsächlich ein Richter? Er hat alle Befugnisse, der Ausschuss, doch andererseits: Niemand muss sich selbst belasten. Wenn gar in der gleichen Sache in ein gerichtliches Verfahren involviert, darf er gar nicht aussagen. Grenzen
einer Untersuchung.
Apropos: Weshalb eigentlich ist die andere Fortis-Kommission nicht öffentlich? Die, wo Personen höflich befragt werden, diskret und mit Glacé-Handschuhen, die im Verdacht stehen, Spargeld und Pensionsguthaben von Bürgern verzockt zu haben.