Ich fand aus Zufall auf eine Depesche der Deutschen Presse Agentur DPA. Diese Depesche hatte ein ganz anderes Land zum Objekt - aber ich entdeckte erstaunliche Parallelen.
Kennen Sie das Gefühl, das der Franzose mit Déjà vu umschreibt? Dieses Kenn-ich-doch-Gefühl?
"Notwendig ist die Abschaffung der Blockademechanismen und die Reform der Abstimmungen im Parlament": Kommt das Ihnen nicht bekannt vor? Und etwas weiter:"Nur durch die Schaffung einer zentralen Regierung und die gleichzeitige Beschneidung der Befugnisse der einzelnen Landesteile ... könne überhaupt verhandelt werden". Denn es handle sich um ein "kompliziertes staatliches Geflecht".
Hinzu kommt: "Während die xxx, die knapp die Hälfte der gut vier Millionen Einwohner ausmachen, einen starken Zentralstaat anstreben, halten die xxx mit 34 Prozent und die xxx mit 15 Prozent Anteil an der Bevölkerung an den fast uneingeschränkten Kompetenzen der einzelnen Landesteile fest".
Na, wie ist das mit dem "Hab ich doch schon mal gehört"-Gefühl?
Und die Zentralmacht? "Die unter dem Proporz der Nationen gebildete Zentralregierung ist ohne Einfluss, ein Verfassungsgericht existiert nicht." Na, ganz ohne Einfluss ist die Föderalregierung bei uns ja nicht, und gerade das bisschen Macht, das sie hat, sprich Justiz und Sozialversicherung, ist ja der Zankapfel, besonders die Sozialversicherung.
Und ein Verfassungsgericht haben wir schon, aber - in Sachen BHV versagt der der Mechanismus offensichtlich, und in Sachen Brüsseler Rand auch. Sonst müsse man sich ja nicht so verbissen politisch streiten.
Ach, und noch einen alten Bekannten gibt es:"Die xxx haben in dieser Woche Klagen gegen die außenpolitischen Bestrebungen der xxx eingereicht, die eigene ausländische Vertretungen schaffen wollen, die Botschaften ähneln." Naja, Botschaftsstatus haben sie ja noch nicht, unsere Vertetungen, aber unsere Gliedstaaten hätten sicher nichts dagegen.
Nur beim eingangs vermeldeten ist entschieden Widerspruch anzumelden: "Notwendig ist die Abschaffung der Blockademechanismen und die Reform der Abstimmungen im Parlament". Denn gerade die Blockade-Mechanismen - sprich Alarmglocke - hat ja den belgischen Föderalismus erst möglich gemacht, und vor allem, die friedliche Entwicklung dorthin.
Ein Schatz, den wir Belgier nicht hoch genug schätzen können. Denn das Land, mit all den vertraut klingenden Problemfeldern, steht für Gräuel , Leid und Kriegsverbrechen.
Aber weshalb dieses stutzige Innehalten beim Lesen der Depesche? Nicht allein wegen der Dankbarkeit, diese Probleme friedlich angehen zu können, sondern auch aus einem anderen Grund: "Ohne eine grundlegende Reform seiner Verfassung kann sich Bosnien-Herzegowina nach Expertenansicht nicht weiter der EU annähern".
Europa annähern, sagte der Berichterstatter. Ok, es ist der des Europarates, und ist somit nicht entscheidend, aber immerhin. Doch ist es nicht pikant, dass für das, worüber sich jetzt die 12 Verhandlungsführer trefflich streiten dürfen, das Land, über das der Berichterstatter und später die Presseagentur schreiben, nicht mal an die EU ran darf, geschweige hinein.
Ein Schelm, der dabei denkt: Ein Glück, dass wir schon drin sind ...