Portugal, Italien, Niederlande, Frankreich. Klingt wie die vier Halbfinal-Teilnehmer einer Europameisterschaft - ist aber nicht so. Vier der großen europäischen Fußballnationen sind bereits vor dem Halbfinale aus dem Turnier ausgeschieden.
Frankreich sogar nach der Vorrunde. Zugegeben, mit der Gruppe C - die Todesgruppe genannt - und den Gegnern Holland, Italien und Rumänien hatten die Franzosen die wohl schwierigste Gruppe erwischt. Holland und Italien? Da war doch was ... Ach ja, die sind ja auch nicht im Halbfinale.
Nach Portugal, Kroatien und den Niederlanden - drei Gruppensiegern der Vorrunde - musste gestern ein Gruppenzweiter dran glauben: Italien.
Denn gestern durften die spanischen Fans jubeln. Nach einem tor- und niveaulosen Spiel warfen die Spanier die Azzuri mit 4:2 im Elfmeterschießen aus dem Turnier. Gefeiert wurde vor allem Iker Casillas, der 50 Prozent der italienischen Elfmeter hielt. Der zum Held avancierte Keeper beendet also
1. das spanische Viertelfinaltrauma
2. das 88 Jahre alte spanische Italientrauma
3. das "Am 22. Juni haben wir schon dreimal im Elfmeterschießen verloren"-Trauma - und
4. das "als Gruppensieger lassen wir im letzten Spiel die B-Elf auflaufen"-Trauma.
Da ist Spanien die Ausnahme. Auch Trainer Aragonés hatte den großen Stars wie Torres oder Villa im letzten Gruppenspiel eine Pause gegönnt.
Dass das gelegentlich auch eine Mannschaft aus der Bahn - und aus der EM - werfen kann, haben die Portugiesen, Kroaten und Holländer am eigenen Leib erfahren.
Und was lernen wir daraus?
Jetzt ist Umdenken im europäischen Fußball angesagt. Zumindest in dem europäischen Fußball, den wir in der Vorrunde gesehen hatten.
Wie gut man in der Gruppenphase ist, spielt keine große Rolle. Die überragenden Sieger sind alle in den Viertelfinals ausgeschieden.
Und auch Spanien hat gestern kein Spitzenspiel gezeigt.
Donnerstag spielt Spanien dann gegen Russland. Moment mal, das kennen wir doch? Aus - genau - eben dieser Vorrunde. Da waren die Russen mit 1:4 gegen die Aragonés-Elf untergegangen. Aber Guus Hiddinks Mannschaft ist stärker geworden, hat Griechenland und Schweden geschlagen. Und dann haben Arshavin & Co am Samstag die zum klaren Titelfavoriten avancierten Oranjes in der Nachspielzeit vom Platz geschossen.
Zuerst steht Deutschland - Türkei auf dem Spielplan. Dazu werden vielleicht sogar gleich zwei türkische Torhüter auflaufen. Denn der Trainer Fatih Terim hat große Besetzungssorgen. Mehrere seiner Männer sind gesperrt oder verletzt, nur zwölf Feldspieler stehen parat. Und - die UEFA hat es angekündigt - es wird keine Nachnominierungen geben. Fatih Terim darf keine weiteren Spieler ins Boot holen - nicht wie 1996 Deutschland das durfte. Die Probleme haben die Deutschen bei dieser EM nicht. Nur Frings ist unsicher.
Auf dem Papier ist die Begegnung also schon entschieden. Wenn da nicht die in letzter Sekunde gedrehten Spiele, der türkische Kampfgeist und dieser unbedingte Siegeswille wären ...