Aber doch sei es keine PDB bis. Zumindest am Gründungsabend muss man schon sehr wohlwollend sein, um nicht zu widersprechen. Ohnehin kommt es beim Wahrheits- und Glaubwürdigkeitsgehalt dieser Aussage darauf an, aus welchem Zeitfenster man die Aktion betrachtet: zu einem späteren Zeitpunkt, also vom angestrebten Ziel aus gesehen, wäre es ja auch keine PDB bis, wenn Oliver Paasch sein Ziel erreicht, die Partei zu öffnen.
Das hatte die PDB übrigens schon einmal versucht, mit der Einbeziehung von parteiunabhängigen Bürgern oder Sympathisanten, in Form der PJU, als Fortführung von Juropa, der studentischen Initiative also, mit der Oliver Paasch mit einigen Kommilitonen zur Europawahl angetreten war. Für Paasch Junior schließt sich also der Kreis.
Doch sein Ansatz ist ein anderer als bei einer Parteienöffnung, einer "verruiming", wie sie bei den flämischen Parteien vor einiger Zeit Mode war und auf Namen wie Open VLD oder SPa hinauslief.
Paasch präsentiert sein Unterfangen nicht als eine Partei, sondern als eine Bewegung für mehr Effizienz durch ideologieübergreifende Unabhängigkeit, und vielleicht ist dies sogar mehr als reine Taktik: historisch würde er mit diesem Unterfangen an den Beginn der Geschichte der Partei anknüpfen, in deren Sog und Schlepptau er Karriere gemacht hat, ohne ihr, worauf er Wert legt, formal anzugehören: war es doch am Beginn der Entwicklung in Ostbelgien, im BRF von Hubert Jenniges zu diesem Zeitpunkt als eine "Urlandschaft im Aufbruch" beschrieben, eine Protestbewegung gewesen, die im Norden der damaligen Kantone als christlich-unabhängige Wählergemeinschaft "CUW" Form und Ausdruck fand, und sich in besagter Urlandschaft etablierte, auch mit dem epochemachenden Wahlspruch "Eupen bleibt Eupen, und Rainer Pankert bleibt auch."
Mehr als 30 Jahre später würde sich somit auch hier der Kreis schließen: von einer Bewegung über eine Partei erneut zu einer Bewegung. Wenn es denn so klappt, wie im Drehbuch entworfen: dieses greift auf andere Darsteller zurück als 1970, in ganz anderen Kulissen: aus den "cantons rédimés" ist die DG geworden, inzwischen selbst in der frankophonen Wochenschrift "Le Vif" als "la DG" apostrophiert.
Doch das Drehbuch von Freitag im Hotel Bosten in Eupen verlangt, damit der Film ein Kassenschlager wird, auch eine bestimmte Positionierung der Kulissen: und die erfolgte mit der lapidaren Feststellung, die Pro-DG sei schon deswegen keine PDB bis, weil die Zeit der Forderungen vorbei sei, denn die vierte Region komme ohnehin, das sei durch die jüngste Entwicklung vorgegeben.
Dies ist keine Erfindung der neuen Formation, sondern, wenn auch nicht mit der gleichen Eindeutigkeit formuliert, die Sichtweise der Eupener Regierung. Man kann für diese nur hoffen, dass sie über Insider-Informationen verfügt, die diese These stützen, denn selbstverständlich ist es nicht, dass sich aus der Neupositionierung von Französischer Gemeinschaft und Wallonischer Region beim Poker um das Faustpfand Brüssel für Namur zwingend die Bereitschaft ableitet, der Deutschsprachigen Gemeinschaft territoriale Schlüsselbefugnisse zu übertragen und dabei gleichzeitig von der Doktrin der deutschsprachigen Wallonen abzurücken.
Aber für die Noch-PDB-bis, die zur Pro-DG-Sammelbewegung werden will, kann dies mit Blick auf die anstehende Gemeinschaftswahl noch von untergeordneter Bedeutung sein. Festzuhalten ist vorerst, dass Oliver Paasch durch die geglückte freundliche Übernahme die PDB davor bewahrt hat, wie die Volksunie aufgeteilt zu enden. Da mag man die Formation als Ein-Mann-Partei belächeln oder gar als Oliver Paasch-Wahlverein. Oder eine fehlende ideologische Verankerung als Schwäche auslegen, wie dies bei der letzten PDG-Sitzung der grüne Politiker Hans Niessen tat, der als einziger auf das Event vom Freitag einging, mit kaum verhohlener Irritation. Oder war es Nervosität? Eine Nervosität, wenn es denn eine solche war, wäre dabei nachvollziehbar: Ostbelgien hatte schon einmal eine ideologieübergreifende Ein-Mann-Erfolgsstory: Brüstete sich nicht Strahlemann Fred Evers mit dem Spruch: der Bürger sei doch ohnehin liberal, dabei christlich und auch für soziale Gerechtigkeit...
Späteren möglichen Kartellbildungen steht das Konzept nicht im Wege, im Gegenteil. Und das nicht nur, wenn es mit der vierten Region als Selbstläufer nichts werden sollte.