Was ist das - eine gesunde Finanzlage? Antworten auf diese Frage gibt es viele. In der Politik ist eine davon schon lange nicht mehr zeitgemäß, nämlich diese: Man muss mit dem Einkommen auskommen. Wer kann das schon? Und vor allem: Wer könnte das verantworten? Klingt schräg, ist aber einfach nachvollziehbar. Sollen Krankenhäuser und Schulen saniert werden, wenn man das angesparte Geld zusammenhat? Wohl kaum: Jetzt, heute, in den nächsten Monaten und Jahren muss in diesen - den wichtigsten - Bereichen, einiges geschehen. Und das geht am besten über die sogenannte alternative Finanzierung. Unterm Strich heisst das: Man lebt auf Pump.
Aber: Welche realistischen Alternativen gäbe es dazu? Die Antwort bleiben auch die Kritiker schuldig. Und so ist der Stand der Opposition bei der Haushaltsdebatte im Gemeinschaftsparlament ein schwerer. Jahr für Jahr dasselbe Lied: Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass finanzpolitisch in der DG sauber und verantwortungsbewusst gearbeitet wird. Das System ist stimmig, und auch weitgehende Haushaltssimulationen machen Sinn. Allerdings ist gerade hier höchste Vorsicht geboten: Politisch ist in diesem Land und damit auch in dieser Gemeinschaft vieles unwägbar und unbestimmbar. Insofern passt es gut, wenn der Lust des Ministerpräsidenten an der Zahlenakrobatik hin und wieder Einhalt geboten wird und die Simulation ihren wahren Stellenwert bekommt: sie ist mit Vorsicht und Distanz zu genießen.
180 Millionen Euro umfasst der Etat fürs nächste Jahr. Da muss einiges geschultert werden. Die wesentlichen politischen Entscheidungen, Weichenstellungen und Botschaften sind gut und richtig: deutlich mehr Geld für den Unterrichtssektor ist das vielleicht stärkste Beispiel dafür. Und die Anstrengungen der Vergangenheit im Bildungsbereich haben sich ja bereits bezahlt gemacht. Pisa zeigt: Man ist auf dem richtigen Weg. Dass die Opposition am Ende dem Haushalt nicht zustimmte, war zu erwarten. Die Christlich-Sozialen versuchten, sich mit einem Abänderungsvorschlag zu profilieren: mehr Mittel für die Öffentlichen Sozialhilfezentren aufgrund der neuen Armut, mehr Geld für die Kommunen für den Straßenbau. Und das alles finanziert durch Einsparungen in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Ministergehälter.
Die Argumente von Regierung und Mehrheit gegen dieses Vorpreschen der CSP: für die Finanzierung der ÖSHZ ist die Gemeinschaft direkt nicht zuständig, und die Bezuschussung des Straßenbaus ist in den vergangenen zwei Jahren deutlich angewachsen. Hier tut die DG deutlich mehr als die Wallonische Region. Punkt.
Dass bestimmte Reformen im Sozialsektor hier und und da Frust bei den Beschäftigten ausgelöst haben oder auslösen werden, ist nicht von der Hand zu weisen. Einzelne Härtefälle sind indes kaum vermeidbar. Allerdings: Reformen tun in diesem Sektor not - ähnlich wie beim Unterricht.
Positiv insgesamt: Form und Inhalt der dreitägigen Debatte: Hier wurde überwiegend frei von Polemik und persönlichen Angriffen konstruktiv diskutiert. Und: In der Kürze liegt die Würze. Das scheinen auch im Gemeinschaftsparlament immer mehr Volksvertreter zu begreifen. Was fehlt: eine Opposition, die ebenso entschieden und sachlich angreift, machbare Alternativen und neue Wege aufzeigt. CSP, Ecolo und Vivant ist das nur punktuell gelungen. Hans Niessen, der frühere Gemeinschaftsminister, kehrt in seiner Oppositionsrolle immerhin zu seinen Wurzeln zurück, zu grünen Grundpositionen. Und dazu gehört neben Altbekanntem auch die im Grunde von allen geteilte Einsicht, dass die Gemeinschaft nicht nur auf den eigenen Nabel schauen sollte, sondern ein Stück weiter über den Tellerrand hinaus. Aber das, so versprach der Gewinner der Haushaltsdebatte, Ministerpräsident Lambertz, werde schnellstens nachgeholt.
Keine Angst: Die Zeit der Aussenbeziehungen und Aussendarstellung wird bald mit prallem Leben gefüllt werden. Für den Doppelhaushalt 2008/2009 gilt: Die Zwänge sind groß, die Spielräume eng. Und bei aller Begeisterung für Planbarkeit: Hier ist dann auch eine gute Portion Phantasie gefragt.