Um die Vorgänge von Montag im Parlament einzuordnen, sollte man sich erst der Prämisse erinnern: die Vollversammlung eines Parlaments ist nicht der vorrangige Ort, an dem sich Meinungen bilden, oder an dem Beschlüsse gefasst werden. Diese Prozesse finden vorher statt: im Parlament in den Ausschüssen; und außerhalb des Parlaments in Vereinen, Organisationen, Gewerkschaften, bei Demonstrationen oder Rebellionen, wobei die Aufzählung nicht vollständig ist. Kommt ein Thema schlussendlich ins Plenum, in die Vollversammlung, dann sind die Prozesse der Meinungsbildung und der Beschlussfassung längst erfolgt und diese erhalten dann durch die Abstimmung ihre demokratische Legitimierung, nachdem das Ergebnis, mehr oder weniger gefiltert, dort verkündet wird. Bis zum Beweis des Gegenteils ist dieses Ritual das friedlichste und produktivste, seit Menschen ein Gemeinwesen bilden. Man sollte also nicht darüber lästern. Man sollte sich aber auch der Grenzen bewusst sein, die auch nicht verschoben werden, wenn sie durch Fernsehübertragungen eine Erhöhung erfahren. Die Vorgänge von Montag sind eine gute Illustration des eben gesagten: der geringe Gewinn an demokratischer Erkenntnis - er tendierte zu Null hin - muss also nicht verwundern.
Da helfen auch gegenseitige Schuldzuweisungen nicht viel, wie die der Mehrheit an die Adresse der Opposition, wenn sie ihr vorwirft, sie hätte sich einer Diskussion verweigert - oder die der Opposition, wenn sie der Mehrheit entgegnet, diese hätte einer Diskussion die Grundlagen entzogen. Am ehesten noch trifft Folgendes die verfahrene Lage am Montag Abend: Alle haben munter aneinander vorbei geredet, aufgrund unterschiedlicher Erwartungen: Mit dem Tagesordnungspunkt "Durchforstung" verband die Mehrheit die Momentaufnahme eines Strategiepapiers, die Opposition eine in Zahlen gefasste Ankündigung von Umschichtungen, oder, wie es ein Politiker sagte, "Butter bei die Fische". Die Opposition wünschte sich die Voraussetzungen, um zu debattieren: Zeit und Zahlen.
Die Mehrheit wollte schlicht informieren, in dem Maße, wie sie es für sich opportun hielt, nämlich auf schmalster Spur. Und mit dem Fokus auf ihre Unterrichtspolitik.
Die Opposition hatte nicht unrecht, als sie fragte, "Was soll das?", ebenso wie die Regierung, als der Ministerpräsident feststellte, es bedürfe keiner Regierungserklärung, keiner Bitte um Vertrauen, weil das Parlament ihm bereits zu einem früheren Zeitpunkt in dieser Sache das Vertrauen ausgesprochen habe.
Fazit: Zum Einen: im Sinne einer punktuellen Information hätte es bei der Information bleiben sollen ohne gleich wie gelagerte Aussprache - im Sinne einer Erörterung hätte es einer Val-Duchesse-gemäßen Klausurtagung bedurft, über mehrere Tage hin, stehen doch 30 Jahre Subventionspolitik auf dem Prüfstand - sprich: zur Disposition.
Zum Zweiten: Wie Ernst es der Regierung mit ihrem Anspruch ist, politische Entscheidungen zu treffen, also umzuschichten, zeigt die Kopernikanische Reform, junge Lehrer höher zu besolden, und mit dem gleichen Federstrich, älteren Lehrern eine Teilzeitformel anzubieten. Dass diese Reform zu einem Teil mit Lambermont-Geld finanziert wird und zum anderen aus Umschichtungen, war nicht der Kern der Botschaft, ebenso wenig der Umstand, dass im Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen-Bereich bereits reformiert worden ist, im Sozialbereich die europäischen Fördermittel nur vorläufig verlängert sind, im Bereich der Erwachsenenbildung Gespräche angelaufen sind, die Wohnpolitik für Senioren in der Konzeptphase ist, und Fragen im Zusammenhang mit problematischen Jugendlichen nur eines der weiteren vielen Felder ist.
Das alles erschließt sich den Zuschauern im Parlament oder vor den Bildschirmen nicht ohne weiteres; die Befindlichkeit der Politiker im Anschluss an eine unbefriedigende Plenarsitzung ist vor diesem Hintergrund zweitrangig.